Definition: 

→ I: Beim Churg-Strauss-Syndrom handelt es sich um eine systemische nekrotisierende Kleingefäßvaskulitis durch Infiltration eosinophiler Granulozyten. Es betrifft vowiegend den oberen Respirationstrakt sowie die Lunge und zeichnet sich durch eine charakteristische Symptomtrias aus:

→ 1) Atopische Diathese (allergische Rhinitis, Asthma bronchiale),

→ 2) Ausgeprägte Eosinophilie des peripheren Blutes und

3) Churg-Strauss-Granulome.

II: Das Churg-Strauss-Syndrom ist neben der Wegener-Granulomatose und der mikroskopischen Polyangiitis eine ANCA-assoziierte (= ANCA-positive) Vaskulitis (Abb.: Klassifikation der Vaskulitiden).

 

Epidemiologie: 

→ I: Es stellt eine sehr seltene, systemische Vaskulitis mit einer Inzidenz von 2/1000000 Einwohnern dar.

→ II: Der Manifestationsgipfel liegt wie bei der klassischen Panarteriitis nodosa zwischen dem 30.-50. Lebensjahr, wobei Frauen häufiger als Männer betroffen sind (M : F = 1 : 3).

 

→ Ätiologie: Die Ätiologie ist nicht genau bekannt; jedoch wird eine Hypersensitivität gegenüber inhalativen Antigene (Noxen) mit konsekutiver Infiltration eosinophiler Granulozyten diskutiert.

 

Klinik: Das Krankheitsbild des Churg-Strauss-Syndroms verläuft charakteristischerweise auch in 3 Phasen, der Prodromalphase, anschließend Initial- und schließlich Generalisationsstadium (nach Monaten bis Jahren).

1008 Stadien des Churg Strauss Syndroms

→ I: Allergische Rhinitis, chronische Sinusitide und Medikamentenallergie.

→ II: Asthma bronchiale,

→ III: Allgemeinsymptome: Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und Fieber,

→ IV: Haut: Subkutane Knötchen, Petechien, Pupura und mögliche nekrotisierende Ulzerationen.

V: Lunge: Flüchtige Lungeninfiltrationen, Lungenherde (nodulär), evtl. Einschmelzungen.

→ VI: Kardial: Ausbildung einer eosinophilen, granulomatösen Perikarditis und Myokarditis mit Zeichen einer Herzinsuffizienz, Tachykardien und Rhythmusstörungen (insbesondere Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardien) sowie koronare Arteriitis (25% der Fälle); Prädilektionsstelle des Churg-Strauss-Syndroms ist das Erregungsleitungssystems. Häufige Todesursache ist das kardiale Versagen aufgrund einer Kardiomyopathie.

→ VII: Niere: Sehr selten manifestiert sich eine Nierenbeteiligung in Form einer Glomerulonephritis und renalen Hypertonie (nephritische Syndrom).

VIII: Weitere Symptome: Sind unter anderem Arthralgien, Mono- (v.a. Mononeuritis multiplex) oder Polyneuropathien, abdominelle Beteiligung (wie abdominale Krämpfe, Diarrhoe etc.), gehäuftes Auftreten von Thromboembolien.

 

Diagnose: Bei gleichzeitigem Bestehen eines Asthma bronchiale und vaskulitischen Symptomen sollte immer eine Biopsie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden:

→ I: Labor:

→ 1) Deutliche BSG- und CRP-Erhöhung.

→ 2) Leukozytose bis 60000/µl ist möglich.

→ 3) Nachweis einer hochgradigen Eosinophilie (5000-20000/µl), eines erhöhten IgE-Serumspiegels sowie des Rheumafaktors; evtl. besteht auch eine Anämie.

→ 4) In 60% der Fälle Nachweis von ANCA, meist vom pANCA-Typ  (Ziel-AG ist die Myeloperoxidase)

→ 5) In der aktiven Phase kommt es zum vermehrten Auftreten von Interleukin-2-Rezeptoren, IgE-haltigen zirkulierenden Antikörper (Eotaxin-3), Gesamt-IgE und IgE-Ablagerungen in den betroffenen Gefäßen.

II: Lunge: Lungenfunktionstest, Röntgen-Thorax, CT, evtl. bronchoalveoläre Lavage mit Nachweis einer eosinophilen Alveolitis.

→ III: Histologie: Histopathologisch manifestiert sich eine ausgeprägte Eosinophilie sowie die Formation kleiner nekrotisierender Granulome in Gefäßnähe.

IV: Um die Diagnose Churg-Strauss-Syndrom zu stellen, müssen nach den ACR-Kriterien mindestens 4 von 6 Parameter zutreffen. Die ACR-Kriterien weisen eine hohe Sensitivität (> 95%) und Spezifität (99%) auf.

 619 Diagnose des Churg Strauss Syndroms anhand der ACR Kriterien

 

Differenzialdiagnose: Vom Churg-Strauss-Syndrom müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Hypereosinophilie-Syndrom,

→ II: Wegener-Granulomatose (Abb.: Klassifikation der Vaskulitiden).

→ III: Medikamentös induziertes Churg-Strauss-Syndrom durch die Einnahme eines Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten wie Montelukast.

 

Therapie: Die Therapie des Churg-Strauss-Syndroms ist eine organ- und symptomorientierte, medikamentöse Behandlung.

→ I: Prednisolon mit einer Dosis von 1mg/kgKG/d wird zur Behandlung der asthmatischen Symptome eingesetzt. Bei kortikoidresistentem Asthma wird Interferon Alpha appliziert.

→ II: Bei schweren progressiven Krankheitsverläufen ist die Applikation von Cyclophosphamid indiziert.

→ III: Zur Remissionerhaltung wird Cyclophosphamid durch Immunsupressiva wie Azathioprin oder Methotrexat ersetzt.

 

Prognose:  Die Prognose ist deutlich günstiger als bei der Polyarteriitis nodosa, da das Churg-Strauss-Syndrom in der Regel sehr gut auf Kortikoide anspricht. Bei optimaler Therapie liegt die 5-Jahresüberlebenszeit > 80%; häufigste Todesursachen sind Herzinfarkt und Herzversagen.