Definition: 

→ I: Die narzisstische Persönlichlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch:

1) Das Gefühl der „Großartigkeit“,

2) Dem Bedürfnis nach Bewunderung und Selbstverherrlichung,

3) Fehlende Empathie für andere, 

→ 4) Überempfindlichkeit gegenüber Kritik

→ 5) Bei fragilem Selbstwertgefühl.

→ II: Sie gehört nach DSM-IV neben der histrionischen -,  der antisozialen - und der Borderline-PS zum Cluster B, die durch dramatische, emotionale oder launische Verhaltensauffälligkeiten geprägt sind.

 

Epidemiologie: Die narzisstische PS findet man im Vergleich zu den anderen Persönlichkeitsstörungen selten, die Häufigkeit variiert zwischen 1%-4%. Männer sind mit 75% der Fälle deutlich häufiger betroffen als Frauen.

 

Ätiologie:

→ I: Psychodynamisch: Die Störung beruht auf einer Fehlentwicklung in einer der frühkindlichen Phase, der sogenannten narzisstischen Phase (folgt auf die orale Phase in der 2-Hälfte des 1. Lebensjahres. Hier entdeckt das Kleinkind seinen Körper und empfindet Lust dabei; im Sinne einer infantilen Selbstliebe). Typisch bei der narzisstischen Entwicklungsgeschichte ist die fehlende Geborgenheit, ein Mangel an Zuwendung und nicht zuletzt das Ausbleiben der " Spiegelung" durch Bezugspersonen. Folge ist u.a. das Ausbleiben der Entwicklung von Urvertrauen und die fehlende Reifung einer beständigen Identität. 

II: Lerntheoretisch: Hierbei spielt ein gestörter, unberechenbarer und inkonsequenter Erziehungsstil, der das eigene Kind überbewertet und es bei Konfrontation mit der Realität z.B. schlechte Zensuren, schützt.

 

Klinik:

→ I: Übertriebene Gefühle und Fantasien der eigenen Großartigkeit, Einzigartigkeit und Wichtigkeit.

II: Übermäßiges Verlangen nach Anerkennung, im Sinne eines Sonderstatus (mit Entbindung von gesellschaftlichen Normen und Gesetze).

III: Dabei fehlende Empathie für die Bedürfnisse anderer.

IV: Die Betreffenden wirken überheblich, arrogant, prahlerisch, eitel, oberflächlich und haben nicht zuletzt die Tendenz zu theatralischem Verhalten.

V: Bei Nicht-Gewähren des Sonderstatus kann es schnell zu aggressiven Ausbrüchen kommen, die als Zeichen einer erhöhten Kränkbarkeit interpretiert werden.

→ VI: Jedoch weisen sie auch eine fragiles „Selbstwerterleben“ und extreme Angst vor Kritik auf.

 

Komplikationen: Als Folge von Kritik oder Misserfolg im Privaten oder Beruflichen können sich, im Sinne einer narzisstischen Krise, nachfolgende klinische Symptome manifestieren: 

I: Depressive Episoden mit innerer Leere und Wertlosigkeit, sowie

II: Krisen mit suizidalen Gedanken oder suizidalen Handlungen kommen (im Sinne der Suizidalität).

 

Komorbiditäten:

→ I: Suchterkrankungen durch Alkohol oder andere Drogen.

II: Somatoforme Störungen, Essstörungen (z.B. Anorexia nervosa

III: Histrionische Persönlichkeitsstörung.

 

Diagnose: Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist geprägt durch Fantasien der eigenen Großartigkeit und Einzigartigkeit mit dem Bedürfnis nach Bewunderung und fehlender Empathie.

 

Klinisch-relevant:

 A) Beginnt meist in der frühen Adoleszenz.

 B) Es müssen mindestens 5, der folgenden Kriterien zutreffen:

1) Übermäßige Fantasien der Großartigkeit und Wichtigkeit (wie Talent, Begabung).

2) Fantasien nach grenzenlosem Erfolg, Macht, Attraktivität usw.

3) Anspruch an den Sonderstatus und somit auch nur mit privilegierten Menschen zu verkehren.

4) Bedürfnis nach Bewunderung und Selbstverherrlichung.

5) Bezüglich zwischenmenschlicher Beziehungen sind die Betreffenden auf  Eigennutz bedacht und ausbeuterisch.

6) Mangel an Empathie auf die Bedürfnisse anderer einzugehen.

7) Ist häufig neidisch auf andere oder glaubt andere seien neidisch auf ihn.

8) Zeigt überhebliches und arrogantes Verhalten.

637 Diagnosekriterien der narzisstischen Persönlichkeitsstörung nach DSM IV

 

Differenzialdiagnose:

→ I: Ist schwierig von der histrionischen Persönlichkeitsstörung abzugrenzen, da diese z.T. auch kombiniert auftreten. Des Weiteren müssen die dissoziale - und die Borderline-PS hiervon abgegrenzt werden.

 II: Manie: bzw. Hypomanie; sie sind jedoch zeitlich begrenzt.

→ III: Beginnende Schizophrenie,

IV: Organische-psychische Störungen: Frontalhirn-Syndrom; Hier herrscht ein direkter Zusammenhang zur organischen Erkrankung.

 

Therapie: Gestaltet sich schwierig durch die Selbstüberschätzung und den hohen Anspruch an den Therapeuten.

→ I: Psychotherapie: 

→ 1) Bei der Behandlung habensichinsbesondere die übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Kernberg sowie die kognitive Verhaltenstherpie (rational-emotive Psychotherapie), aber auch die modifizierte analytische Langzeitpsychotherapie nach Kohut etabliert. 

→ 2) Weitere Maßnahmen: 

→ A) Verbesserung der Empathiefähigkeit in speziellen interaktiven Situationen.

B) Beratung und Coaching des Patienten, das Umfeld zu verändern. Hierdurch soll eine kritische Reflexion des eigenen Verhaltens und Handelns erreicht werden. 

→ II: Medikamentöse Therapie: Eine medikamentöse Behandlung dient zumeist der Behandlung von Komorbiditäten: 

→ 1) Antidepressiva: z.B. das SSRI, Citalopram, mit 20mg/d zur Behandlung von depressiven Episoden. 

→ 2) Antipsychotika: Nieder- bis mittelpotente Antipsychotika der 1. Generation wie Chlorprotixen (30-100mg/d) oder Perazin (25-150mg/d) zur Behandlung bestehender Ängste, inneren Unruhe und Getriebenheit. 

→ 3) Alternativ können Benzodiazepine wie Diazepam (1-10mg/d) appliziert werden.