Definition: Bei der Cholezystitis handelt es sich eine akute Entzündung der Gallenblasenwand zumeist infolge eines Steinverschlusses der Ductus cysticus und des Gallenblaseninfundibulums, seltener des Ductus choledochus (sie wird auch als kalkulöse Cholezystitis bezeichnet). Initial kommt es zu einer abakteriellen Entzündung durch mechanische Irritation der Schleimhaut; sekundär manifestiert sich zumeist eine Keimbesiedlung der Gallenblasenwand. Häufige Erreger sind vor allem Escherichia coli, Enterokokken, Klebsiellen, Proteus, etc.

→ Epidemiologie: Etwa 20% der Cholezystektomie werden aufgrund einer akuten Cholezystitis vorgenommen. Im Vergleich zur Cholelithiasis, bei der Frauen 3x häufiger betroffen sind als Männer, ist die Geschlechterverteilung (Frauen zu Männer) bei der akuten Cholezystitis gleich.

Ätiopathogenese: Die akute (kakulöse) Cholezystits verläuft charakteristischerweise in 2 Phasen:

→ I: Cholelithiasis:

→ 1) Frühphase: In 90% der Fälle entwickelt sich im Zuge einer Verlegung oder Obstruktion des Ductus cysticus bzw. des Infundibulum (verursacht durch Gallensteine) eine Wandüberdehnung aufgrund gestauter Galle mit konsekutiven ischämischer Mikrozirkulationsstörungen. Hieraus resultiert eine lokale Entzündung mit Freisetzung von Mediatoren und Enzyme wie z.B. die Phospholipase A2, proinflammatorisches Prostaglandin E1, etc., die wiederum die Entzündung verstärken. 

2) Spätphase: Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es mit Fortschreiten der Entzündung sekundär zu einer bakteriellen Infektion.

342 Pathogenese der akuten Cholezystitis

→ II: Cholezystitis ohne Cholelithiasis: (= akalkulöse Cholezystitis) Die genaue Ätiologie ist noch nicht bekannt; angemommen werden Mikrozirkulationsstörungen bzw. eine Stase in den Gallenwegen (= Stressgallenblase) bei:

→ 1) Postoperativen Patienten,

→ 2) Polytraumatisierten,

3) Patienten mit schweren Verbrennungen,

→ 4) Sepsis,

→ 5) Massentransfusionen und evtl.

6) Nach langer parenteraler Ernährung.

→ III: Weitere Ursachen: Sind Stenosen und Strikturen der Gallenwege, Tumorkompression, primär-sklerosierende Cholangitis, Salmonellen- und Ascaris lumbricoides Infektionen.

→ IV: Pathogenese: Wichtigster Faktor bei der Genese der akuten Cholezystitis ist die mechanische Obstruktion des Gallenblasenausgangs. In der Mehrheit ist die Ursache eine eingeklemmter Stein im Beriech des Infundibulum oder Zystikus. Folge ist im weiteren Verlauf (durch u.a. anahltende Sekretion von Schleim) eine Überdehnung der Gallenblase mit konsekutiven Zirkulationsstörungen bis hin zur Nekrose. Eine Infektion ist zumeist nur ein sekundäres Phänomen, da die devitalisierte Gallenblasenwand ein guten Nährboden für Bakterien bietet. Wichtige Keime hierbei sind insbesondere E. coli und Klebsiellen, etc.

536 Wichtige Aspekte der akuten akalkulösen Cholezystitis

 

Klinik: Charakteristische Symptome der akuten Cholezystitis sind:

→ I: Dumpfe bis krampfartige Schmerzen im rechten Oberbauch (häufig in den Rücken ausstrahlend) durch eine lokal bedingte Peritonitis.

→ II: Inappetenz, Übelkeit und Erbrechen,

→ III: Evtl. Fieber bis 38C° und Ikterus (nur in 10-20% der Fälle).

→ IV: Murphy-Zeichen: Bei tiefer Inspiration stößt die entzündlich vergrößerte Gallenblase des Patienten gegen die Hand des Untersuchers. Hierbei wird ein so starker Schmerz hervorgerufen, der den Patienten veranlasst, die Inspiration zu unterbrechen.

 

Komplikationen:

→ I: Gallenblasenempyem: Eitrige Cholezystitis und Gallenblasenempyem aufgrund einer bakteriellen Besiedlung in der Spätphase. Klinische Zeichen sind eine Peritonitis mit Abwehrspannung, Fieber und Schüttelfrost bis hin zum septischen Schock.

→ II: Gallenblasengangrän: Mit Beteiligung der Nachbarorgane.

→ III: Gallensteinperforation: Sie entsteht zumeist als Folge eines Gallenblasengangräns oder einer Druckläsion und perforiert frei in die Bauchhöhle (gallige Peritonitis) oder gedeckt in die Leber (Leberabszess). 

→ IV: Bilioenterische Fistel: Die Bilioenterische Fistel entwickelt sich fast ausschließlich durch eine Drucknekrose und bildet sich am häufigsten zum Duodenum, seltener zum Kolon (15% mit chologener Diarrhö oder Steatorrhö) oder zum Magen (5%) aus. Folge kann die Manifestation eines Gallensteinileus sein. 

→ 1) Bouveret-Syndrom: Seltene Komplikation mit Verlegung des Bulbus duodeni aufgrund eines Gallensteins und konsekutiver Magenausgangsstenose.

→ 2) Obstruktion des terminalen Ileus bedingt eine charakteristische Symptomtrias, bestehend aus Aerobilie (radiologischer Luftnachweis in Gallenblase und Gallengängen), Dünndarmileus und Schallschatten.

761 Mirizzi Syndrom

 

Diagnose:

→ I: Anamnese/ klinische Untersuchung: Druckdolenter rechter Oberbauch, Murphy-Zeichen, in 1/3 der Fälle palpable Resistenz, lokale Abwehrspannung, evtl. Fieber und leichter Ikterus.

→ II: Labor:

→ 1) Entzündungsparameter: Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP- und BSG Erhöhung.

→ 2) Cholestaseparameter: Meist leichter Anstieg von AP, LAP und yGT (Cholestase).

3) Leberenzyme: Evtl. sind auch die Transaminasen, GOT und GPT, sowie Bilirubin leicht erhöht.

III: Abdomen-Sonographie: Mittel der Wahl zur Diagnosestellung der Cholezystitis. Charakteristische Veränderungen sind:

→ 1) Deutlich vergrößerte Gallenblase sowie Verdickung (auf > 3mm) und Laminierung der Gallenblasenwand (Darstellung einer Mehrschichtigkeit bzw. Dreischichtigkeit der Wand).

→ 2) Evtl. Nachweis von Gallensteinen (Schallschatten bzw. positiver Steinreflex).

→ 3) Perizystische Flüssigkeitsansammlung (Ödem des Gallenblasenlagers) und nicht zuletzt omentale Begleitreaktion.

 

Differenzialdiagnose: Von der akuten Cholezystitis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden; hierzu zählen:

→ I: Akute Cholelithiasis und Cholangitis.

II: Akute Pankreatitis,

→ III: Ulkuskrankheit,

→ IV: Akute Appendizitis,

→ V: Weitere Erkrankungen: Wie z.B.:

→ 1) Lumbago,

→ 2) Nierenerkrankungen: Insbesondere die akute - und chronische Pyelonephritis, Pyonephrose, etc.

 

Therapie:

→ I: Konservativ: Überbrückend bis zur OP mit:

→ 1) Ruhigstellung der Gallenblase durch Nahrungskarenz, parenteraler Ernährung und mögliche Anlage einer Magensonde bei Erbrechen.

→ 2) Volumen- und Elektrolytsubstitution unter Kontrolle der Urinausscheidung und der Serumelektrolyte.

→ 3) Systemische Gabe eines Analgetikums bzw. eines Spasmolytikums,

→ 4) Systemische Antibiotikatherapie, die auch gram-negative Bakterien miteinschließt, wie Ceftriaxon 1x 2g, oder Amoxicillin (4x 1-2g) + Metronidazol 3x 500mg.

II: Operativ: Die Cholezystektomie stellt die Therapie der Wahl bei akuter Cholezystitis dar. 

→ 1) Indikation: Jede akute Cholezystitis und deren Komplikationen.

→ 2) Nach dem Operationszeitpunkt unterscheidet man:

→ A) Notfalloperation: Diese erfolgt akut bei allen Komplikationen der Cholezystitis (Gallenblasenhydrops, Gallenblasenempyem, Perforation).

→ B) Frühoperation: Hierbei erfolgt die Cholezystektomie innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Symptome.

→ C) Intervall-Operation: Sie wird im symptomfreien Intervall mit einer Latenz von 6-8 Wochen durchgeführt. Indikationen sind ein zu hohes OP-Risiko oder eine zu späte Diagnosestellung (> 72 Stunden).

3) Verfahren: Ist die laparoskopische Cholezystektomie. Bei schweren Komplikationen kann evtl. auf eine offene Cholezystektomie umgestellt werden.

4) Postoperativ: Der Kostaufbau ist bei nachweisbaren Darmgeräuschen indiziert. 

 

Prognose:

→ I: Die Letalität liegt abhängig vom Alter zwischen 0,5-3% und ist bei der Frühoperation nicht deutlich höher als bei der Elektivoperation.

→ II: Insbesondere die Perforation der der Gallenblase weist mit 10-20% der Fälle eine hohe Mortalitätsrate auf und steigt bei Manifestation einer galligen Peritonitis auf bis zu 40% an.

III: Es kann sich ein Postcholezystektomiesyndrom entwickeln.

537 Wichtige Fakten des Postcholezystektomiesyndroms