→ Definition: Beim Schwartz-Bartter-Syndrom handelt es sich um eine seltene Erkankung, die durch eine vermehrte inadäquate ADH-Sekretion mit konsekutiver Wasserretention und Verdünnungshyponatriämie charakterisiert ist.
→ Ätiopathogenese:
→ I: Aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen, aber auch Medikamenten-induziert kann es zur gesteigerten ADH-Sekretion kommen, die sekundär zu einer renalen Wasserretention führt. Gleichzeitig wird eine Verdünnungshyponatriämie durch Hemmung der Natriumrückresorption im proximalen Tubulus verstärkt. Grund hierfür ist eine Stimulation der Volumenrezeptoren bei Hypervolämie. Es kommt zur Ausscheidung eines inadäquaten konzentrierten Urins.
→ Klinisch-relevant: Das Schwartz-Bartter-Syndrom ist somit gekennzeichnet durch das Bestehen einer
→ A) Hyponatriämie bei Hypernatriurie und
→ B) Einer Plasmahypoosmolarität bei Hypervolämie.
→ II: Ursachen für die Entwicklung eines SIADH sind u.a.:
→ 1) Paraneoplastische Syndrome: (stellt mit 80% der Fälle die häufigste Ursache dar). Durch Bildung von Arginin-Vasopressin und/oder vasopressinähnlichen Substanzen beim kleinzelligen Bronchialkarzinom (mit > 80% der Fälle die häufigste Ursache), Pankreaskarzinom, Prostatakarzinom, Blasenkarzinom etc.
→ 2) Zerebrale Erkrankungen: Durch Störungen des Zwischenhirn-Hypophysen-Systems mit konsekutiv gesteigerter ADH-Sekretion bei SHT, Subarachnoidalblutung, Sinusvenenthombose (v.a. Sinus-cavernosus-Thrombose), Meningitis (z.B eitrige Meningitis, tuberkulöse -, etc.), Enzephalitis, Hirnabszess, Guillain-Barre-Syndrom, Multiple-Sklerose, Delirium tremens, Hirnatrophie etc.
→ 3) Lungenerkrankungen: Pneumonie, TBC, Lungenabszess, Pneumothorax, zystische Fibrose.
→ 4) Medikamenteninduziert: Es ist auf den antidiuretischen Effekt der Medikamente zurückzuführen. Zu den Medikamenten gehören u.a. Vasopressin, Oxytocin, Thiazid-Diuretika, ACE-Hemmer, Cyclophosphamid, Vincristin, Morphin, Benzodiazepine, trizyklische Antidepressiva, Haloperidol, MAO-Hemmer, Carbamazepin etc.
→ 5) Weitere Erkrankungen: Sind Hypothyreose, Morbus Addison, schwere Hypophyseninsuffizienz, Myxödemkoma, etc.
→ Klinik: Die klinische Symptomatik ist Folge der hypotonen Hyperhydratation (= Wasserintoxikation) und abhängig von der Geschwindigkeit des Natriumabfalls.
→ I: Reduziert sich die Serumosmolalität langsam sind die Patienten meist lange beschwerdefrei und erst ab einer Na+-Konzentration < 120mmol/l treten Kopfschmerzen, Müdigkeit und Apathie auf.
→ II: Kommt es dagegen zu einem rapiden Abfall des Serumnatriums (< 120mmol/l) entwickeln sich charakteristische Symptome:
→ 1) Gastrointestinal: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen.
→ 2) Neurologisch: Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Stupor, Somnolenz, Epilepsie und Koma.
→ 3) Psychiatrisch: Vermehrte Reizbarkeit, Persönlichkeitsveränderungen bis hin zu Verwirrtheitszustände, aber auch Depression.
→ Klinisch-relevant: Trotz des Vorliegens einer Hypervolämie bleibt die Entwicklung eines Aszites bzw. peripherer Ödeme aus. Des Weiteren ist der Urin trotz Flüssigkeitsüberladung konzentriert.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/Klinische Untersuchung: Sowohl die Eigenanamnese als auch der klinische Befund mit einer positiven Flüssigkeitsbilanzierung ohne periphere Ödeme lassen an ein SIADH denken. Des Weiteren ist die Medikamentenanamnese obligat. Bei der klinischen Untersuchung können insbesondere bei schwerer Hyponatriämie u.a. abgeschwächte Reflexe bis hin zu einem positiven Babinski-Reflex nachgewiesen werden.
→ II: Labor: Wegweisend ist die charakteristische Laborkonstellation bei normal funktionierender NNR und Niere bestehend aus:
→ 1) Serumhyponatriämie häufig < 130mmol/l,
→ 2) Eine deutlich reduzierte Blutosmolalität < 275mosmol/kg.
→ 3) Eine Bestimmung von ADH ist aufgrund der kurzen Halbwertszeit nicht zu empfehlen. Die ADH-Wirkung kann jedoch mit Hilfe der Harnosmolalität abgeschätzt werden; es zeigt sich eine erhöhter Urinosmolalität > 100mosmol/kg (Natriumkonzentration im Urin > 30mmol/l).
→ 4) Ggf. zusätzliche Bestimmung der Vasopressin- und Copeptin-Konzentration (= C-terminales Pro-Vasopressin-Fragment), die beim SIADH erhöht sind.
→ 5) ACTH-Kurztest zum Ausschluss eines Cortisol-Mangels.
→ Differenzialdiagnose: Vom Schwartz-Bratter-Syndrom müssen u.a. nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Renaler Salzverlust: Bei interstitieller Nephritis, renal-tubulärer Azidose, Hypoaldosteronismus, aber auch bei einer Therapie mit Diuretika, insbesondere Thiaziden.
→ II: Extrarenal: Bei Diarrhö, Erbrechen, Pankreatitis und Peritonitis.
→ III: Zerebral: Mit Natrium und Chlorid im Urin nach Kopfverletzungen und neurochirurgischen Eingriffen.
→ IV: Weitere Erkrankungen: Wie chronische Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom, aber auch Diabetes mellitus, psychogene Polydypsie, Hypothyreose, Mineralkortikoid-Mangel bei Morbus Addison, etc.
→ Klinisch-relevant: Beim nephrogenes Syndrom der inadäquaten Antidiurese (= NSIAD) handelt es sich um ein kongenital bedingtes Syndrom des Kindes und jungen Erwachsenen, das sich aufgrund einer Mutation des Arginin-Vasopressin-Rezeptor-2 entwickelt. Es besteht eine ähnliche klinische Symptomatik wie beim Schwartz-Bartter-Syndrom mit Hyponatriämie konzentriertem Urin, Kopfschmerzen, Apathie, Krampfanfällen, etc.; jedoch ist bei dieser Erkrankung das Plasma-ADH sehr niedrig, evtl. sogar nicht nachweisbar. Therapiemaßnahmen sind u.a. Flüssigkeitsrestriktion und die Substitution von Harnstoff zur osmotischen Diurese.
→ Therapie:
→ I: Primär steht bei der Behandlung des SIADH die Beseitigung der Ursache im Vordergrund. Wenn möglich, sollten die auslösenden Medikamente abgesetzt werden.
→ II: Symptomatische Therapie:
→ 1) Ziel ist es, die negative Wasserbilanzierung und die damit verbundene Hyperhydratation durch Beschränkung der Wasserzufuhr (800-1000ml) aufzuheben. Folge ist ein Anstieg der Na+-Serumkonzentration und Osmolalität, die konsekutiv zu einer Besserung der klinischen Symptomatik führt.
→ 2) Eine weitere Therapieoption ist die Applikation eines Vasopressinrezeptor-Anatagonisten (= Vaptane z.B. Tolvaptan), der am Vasopressin-Rezeptor die ADH-Wirkung hemmt und die Zunahme der Aquarese und den Anstieg der Natrium-Serumkonzentration induziert.
→ III: Schwere Hyponatriämie:
→ 1) Besteht eine ausgeprägte Hyponatriämie (Na+-Konzentration < 100mmol/l) mit charakteristischer klinischer Symptomatik (z.B. Verwirrtheitszustände, Epilepsie, Koma) ist die vorsichtige Substitution von 150ml einer 3%igen, hypertonen Na+Cl--Lösung indiziert.
→ Klinisch-relevant: Hierbei darf der Natrium-Serumspiegel nur um maximal 10mmol/l in 24 Stunden angehoben werden, da sich ansonsten eine zentrale pontine Myelinolyse ausbilden kann.
→ 2) Gegebenenfalls kann zusätzlich Furosemid zur Steigerung der Diurese verabreicht werden.