Definition: Metformin, aus der Gruppe der Biguanide, stellt das Mittel der 1. Wahl bei der oralen Behandlung des Diabetes mellitus Typ II dar und wirkt nur in Gegenwart von Insulin ohne den Plasmaspiegel zu erhöhen. Es wird insbesondere bei übergewichtigen Patienten eingesetzt (gewichtsneutrale bis leicht gewichtsreduzierende Wirkung) und hat einen eindeutigen blutzuckersenkenden Effekt mit nur sehr geringem Hypoglykämierisiko. 

Wirkungsmechanismus: Der genaue Wirkmechanismus der Biguanide ist bis heute noch nicht abschließend geklärt, jedoch wird die Glukoseaufnahme sowie die Insulinwirkung (ohne Erhöhung des Insulinspiegels) in den peripheren Geweben erhöht. Metformin verursacht im Organismus insbesondere:

→ I: Verbesserung des Glukoseumsatzes: Durch

→ 1) Hemmung der intestinalen Glucoseaufnahme,

→ 2) Hemmung der hepatischen Gluconeogenese und

→ 3) Förderung des Glukosetransportes in die Muskelzellen (dieser Effekt reduziert den Insulinbedarf und verlangsamt die Progression der Insulinresistenz).

II: Senkung:

→ 1) Senkung des Nüchtern- und postprandialen Blutzuckers.

→ 2) Lipidsenkung, insbesondere von VLDL und der Triglyceride sowie ein Anstieg des HDL-Cholesterins.

→ 3) Gewichtsreduktion durch Steigerung der Lipolyse und Verminderung des Hungergefühls.

→ III: Kohlenhydratstoffwechsel: Metformin wird von den Hepatozyten aufgenommen und lagert sich an die Mitochondrienmembran an, wo es die Atmungskette hemmt (es findet ein Übergang von der aeroben zur anaeroben Energiegewinnung statt). In der Folge kommt es über den Anstieg der AMP-Konzentration zur Aktivierung der AMP-Kinase, die wiederum die Glukoneogenese, aber auch die Synthese von Lipiden und Triglyceriden hemmt.

045 Schematische Darstellung der Metforminwirkung

IV: Fettstoffwechsel: Die Aktivierung der AMP-Kinase greift zusätzlich in den Fettstoffwechsel ein, indem sie das Schlüsselenzym, die Acetyl-CoA-Carboxylase, hemmt. Folgen sind:

→ 1) Hemmung der hepatischen Lipidsynthese und

→ 2) Steigerung der Fettsäureoxidation mit konsekutiver Senkung der Triglycerid- und VLDL-Konzentration.

 

Pharmakokinetik: Nach oraler Gabe wird Metformin gut resorbiert und unverändert über die Niere ausgeschieden. Metformin sollte einschleichend dosiert werden, um gastrointestinale Nebenwirkungen zu reduzieren. Die Halbwertszeit liegt bei 2-5 Stunden.

110 Pharmakokinetik des Metformins

 

Indikation: 

→ I: Metformin ist Mittel der 1. Wahl bei der Behandlung des Diabetes mellitus Typ II (insbesondere auch bei übergewichtigen Patienten). Die Kombination mit anderen Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffe, Glinide, Glitazone, GLP-1-Agonisten oder Insulin ist möglich.

→ II: Metformin weist bei Patientinnen mit polyzystischem Ovarialsyndrom eine ovulationsfördernde Wirkung auf; bei diesem Syndrom sind typische klinische Zeichen Übergewicht und Insulinresistenz. Zudem führt die Senkung des Nüchtern-Insulinspiegels (durch Metformin) zu einer Verbesserung der Insulinresistenz.

 

Dosierung: Einschleichend mit einer Initialdosis von 1-2x 500mg während oder nach den Mahlzeiten; nach 2-3 Tagen langsame Dosissteigerung bis zu einer Maximaldosis von 3000mg/d bei Erwachsenen.

 

Nebenwirkungen:

→ I: Gastrointestinale Beschwerden mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe sowie die mögliche Ausbildung eines Malassimilationssyndroms.

II: Laktatazidose: Metabolische Azidose mit Hyperventilation und konsekutiven BGA-Veränderungen wie pH ↓, paO2 ↑, paCO2 ↓ und Bikarbonat ↓ sowie Laktat ↑ (Abb.: Normwerte der BGA). Selten, jedoch mit hoher Letalität, verursacht durch die Hemmung der hepatischen Gluconeogenese; sie entwickelt sich meist bei Nicht-Einhalten der Kontraindikationen bzw. bei Überdosierung der Substanz. Weitere Risikofaktoren sind gerade:

1) Hohes Alter,

2) Hypoxämie und

→ 3) Myokardinfarkt.

→ III: Weitere Symptome: Sind metallischer Geschmack und Ausbildung einer perniziösen Anämie aufgrund einer verminderten Resorption von Vitamin-B-12 und Folsäure.

 

Kontraindikationen:

→ I: Niereninsuffizienz mit einem Kreatinin im Serum von 1,2mg/dl bzw. Creatinin-Clearance von < 60ml/min.

→ II: Diabetische Ketoazidose, hyperosmolares Koma,

→ III: Stoffwechselstörungen, die mit einem erhöhten Risiko für die Ausbildung einer Laktatazidose. einhergehen. Hierzu gehören u.a. schwere Infektionen, Neoplasien, Herzinsuffizienz NYHA III-IV, respiratorische Insuffizienz.

→ IV: Schwere Lebererkrankungen (da eine Leberinsuffizienz die hepatische Verwertung von Laktat reduziert), Alkoholabhängigkeit und akute Pankreatitis.

V: Prä- und Postoperativ sowie vor und nach Kontrastmittelgabe (intravenös): Metformin muss 2 Tage vor bis 2 Tage nach der Kontrastmittelgabe bzw. Operation abgesetzt werden, da ansonsten die Gefahr der Entwicklung einer Niereninsuffizienz besteht.

VI: Schwangerschaft und Stillzeit.

112 KOntraindikationen und Indikationen für ein passageres Absetzen von Metformin

 

Wechselwirkungen:

→ I: Cimetidin und Triamteren hemmen die renale Auscheidung von Metformin.

→ II: Steigerung der Metforminwirkung: (= BZ-senkend) durch Alkohol, Beta-Blocker, ACE-Hemmer.

→ III: Verminderung der Metfominwirkung: Durch Glukokortikoide, Beta-2-SympathomimetikaThiazide, Schleifendiuretika und L-Thyroxin.

 

→ Klinisch-relevant:

→ A) Metformin steigert die Insulinwirkung (= vermindert Insulinresistenz) ohne den Insulinspiegel anzuheben. 

→ B) Es verringert die Entwicklung von mikro- und makrovaskulären Komplikationen.

→ C) Eine Hypoglykämie bildet sich unter der Therapie mit Metformin nicht aus.

→ D) Es hat keinen Einfluss auf den Stoffwechsel des Gesunden.