Epidemiologie: Die Abhängigkeit von psychotropen Substanzen ist neben den somatoformen -, affektiven Störungen sowie den Angsterkrankungen eine der häufigsten psychischen Störungen. Hierbei dominiert insbesondere die Alkoholabhängigkeit.

 → I: 7,8 Millionen Menschen in Deutschland weisen einen riskanten Alkoholkonsum, 2,4 Millionen einen Alkoholmissbrauch auf.

II: 1,6 Millionen Menschen sind Alkohol-abhängig.

III: 4,3 Millionen Personen in Deutschland sind abhängige Raucher.

IV: 2 Millionen Menschen konsumieren Cannabis

V: 1,5 Millionen Menschen sind Medikamenten-abhängig, davon 1,2 Millionen von Benzodiazepinen (Benzodiazepinabhängigkeit). 

VI: 1 Millionen Menschen konsumieren häufiger Amphetamine z.B. Ecstasy (Tendenz steigend).

VII: 150000 konsumieren Heroin.

Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass der Heroinkonsum in den letzten Jahren abgenommen hat, während der Konsum für Amphetamin und Kokain stetig steigt. Zudem verkürzt die Abhängigkeit von psychotropen Substanzen das Leben deutlich; so verserben 10-15% der Abhängigen vorzeitig infolge eines Suizids.

 

Klinisch-relevant: Man geht davon aus, dass die Entwicklung und Entstehung der Abhängigkeit maßgeblich von 3 Faktoren abhängig ist:

A) Der eigenen Persönlichkeit: (= Individuum) Beeinflusst durch genetische Faktoren, Ich-Stärke, geringe Frustrationstoleranz, erlerntes Fehlverhalten.

B) Der Droge: Verfügbarkeit, Dosis, Applikationsform, Suchtpotenzial und der Wirkung wie Enthemmung, Lösung von Ängsten, Euphorisierung usw.

C) Umweltfaktoren: Broken-Home-Situation, Erziehungsfehler, Konfliktsituationen in der Familie, Partnerschaft und nicht zuletzt die Situation am Arbeitsplatz.

165 Modell der Suchtentwicklung

 

Ätiologie: Bei der Genese von Suchterkrankungen handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, bei der sich die einzelnen Faktoren z.T. wechselseitig beeinflussen:

→ I: Neurobiologische Faktoren: Durch den Konsum von psychotropen Substanzen kommt es zur Aktivierung der dopaminergen Neuronen (= dopaminerges Belohnungssystem) im mesolimbischen System, vor allem im Bereich des Nucleus accumbens. Charakteristische Zeichen der Aktivierung des dopaminergen Belohnungssystems sind Euphorie und Wohlbefinden, die wiederum im Sinne des positiven Verstärkers verhaltensunterstützend sind. Bei chronischer Substitution zeigt sich durch die Neuroadaption eine Verminderung der präfrontalen und der kortikalen Kontrolle über das mesolimbische Belohnungssystem.

II: Genetische Faktoren: Heute ist bekannt, dass eine genetische Vulnerabilität für die Entwicklung und Entstehung von Abhängigkeiten exsistiert. So weisen eineiige Zwillinge eine hohe Konkordanzrate für die Entwicklung einer Abhängigkeit auf. Auch Adoptionsstudien zeigen, dass Kinder alkoholabhängiger Eltern, die in Familien aufwachsen, die eine geringe trinkende Umgebung aufweisen, vermehrt alkoholabhängig werden. Jedoch handelt es sich nicht um eine 100%-ige Konkordanzrate, sodass man von einer polygenetischen Vulnerabilität ausgeht.

III: Psychologische Faktoren: Primäre Suchtmotive können sein:

→ 1) Einsamkeit,

→ 2) Linderung von Schmerzen,

→ 3) Aufhebung von Verstimmungen,

→ 4) Langeweile

→ 5) Leistungssteigerung.

Entwicklungsgeschichtlich findet man bei den Betroffenen meist eine Broken-home-Situation“ mit Fehlen von orientierenden Vorbildern, aber auch ein Überprotektion kann die Entwicklung von Abhängigkeiten fördern. Des Weiteren zeichnet sich die prämorbide Persönlichkeit durch eine geringe Frustrationstoleranz und eine hohe Stimmungslabilität aus.

IV: Lern-/Konditionierungsprozesse:

→ 1) Hierbei ist die Droge durch ihre euphorisierende und enthemmende Wirkung ein primärer positiver Verstärker und somit verhaltensfördernd.

2) Durch eine soziale Gruppenanerkennung kann der Konsum einer Droge auch zu einem sekundären positiven Verstärker werden.

→ V: Soziale Faktoren: Insbesondere die Verfügbarkeit der Droge, gesetzliche Regelungen, kulturelle Traditionen und das Verhalten von Gleichgestellten in Form einer Peergroup haben für den Erstkonsum einen bedeutenden Stellenwert. 

 

  Klinisch-relevant: Die Entwicklung der Abhängigkeit lässt sich wie folgt beschreiben:

→ A) Gebrauch,

→ B) Genuss, 

→ C) Schädliche Gebrauch/ Missbrauch,

C) Abnormes Verhalten,

→ D) Gewöhnung,

→ E) Abhängigkeit.