Definition: Bei der induzierten wahnhaften Störung handelt es sich um eine seltene psychiatrische Störung, bei der es zu einer Übernahme der Wahnvorstellung (= symbiotischer Wahn) eines psychotisch Kranken durch einen Gesunden kommt. Dies wird auch als "Folie a deux" bezeichnet. Es entwickelt sich im Rahmen einer Lebensgemeinschaft, zumeist infolge einer tiefgreifenden emotionalen Bindung. In seltenen Fällen können mehr als 2 Personen (= "Folie a trois" etc.) oder die gesamte Familie betroffen sein; in diesem Fall spricht man von einer "Folie a famille".

 

Pathogenese:

→ I: Bei der Entwicklung der induzierten wahnhaften Störung geht man von einem multifaktoriellen Geschehen aus, das durch die individuelle Disposition, autobiographischen Erfahrungen und die momentane soziale Situation beeinflusst wird.

→ II: Es betrifft vorwiegend Menschen, die in einer engen emotionalen Beziehung leben wie:

1) Geschwister

2) Ehepartner

3) Mütter und ihre Kinder.

 

Klinik:

→ I: Die Wahnvorstellung des Kranken werden kritiklos übernommen (= induzierter Wahn) und weiter ausgebaut; die Partner bestärken sich gegenseitig in ihrem Wahn.

II: Der primär Erkrankte hat die dominierende Rolle in der Beziehung und weist in der Regel eine Schizophrenie auf.

III: Währenddessen sich beim Partner (mit der induzierten wahnhafte Störung) eine abhängig und unterwürfig Persönlichkeitsstruktur manifestiert.

IV: Klassische Wahninhalte sind:

→ 1) Verfolgungswahn,

2) Größenwahn,

→ 3) Religiöser Wahn und

4) Querulantenwahn.

V: Die Betroffenen leben meist sozial isoliert. Oftmals führt die Trennung von der Bezugsperson zu einer vollständigen Remission der wahnhaften Störung.

 

→ Diagnose: Die Diagnosekriterien einer induzierten wahnhaften Störung nach ICD-10 lauten: 

515 Diagnosekriterien der induzierten wahnhaften Störung nach ICD 10

 

Differenzialdiagnose: Hiervon abzugrenzen sind insbesondere die: 

I: Schizophrenie, sowie

→ II: Schizoaffektive Störungen und andere wahnhafte Störungen.

758 Differenzierung der verschiedenen psychotischen Störungen

 

Therapie: Hierbei steht gerade die Trennung zum dominierenden, an einer Schizophrenie erkrankten Partner im Vordergrund. Im Zuge der räumlichen Distanz kommt es häufig zur spontanen und vollständigen Remission. Des Weiteren kann eine Behandlung der Grunderkrankung wie z.B. dependente PS oder andere Persönlichkeitsstörungen erfolgen. Beim Induktor empfiehlt sich eine medikamentöse Therapie mitttels z.B. Antipsychotika. Der Erkrankungsverlauf ist zumeist ohne Intervention chronisch.