Definition:

→ I: Bei der Sprunggelenksfraktur handelt es sich um die häufigste Fraktur der unteren Extremität.

→ II: Sie stellt eine knöcherne oder kombiniert knöchern-ligamentäre Fraktur im oberen Sprunggelenk dar und bezieht unter anderem den Malleolus lateralis, Malleolus medialis, die vordere und hintere Tibiakante, die Syndesmosen (vordere/hintere) sowie weiter Außenbänder (je nach Frakturtyp) mitein.

 

Ätiologie: Beim Verletzungsmechanismus sind direkte und insbesondere indirekte Gewalteinwirkungen von großer Bedeutung. Typisch ist insbesondere das Umknicken; hierbei führen:

→ I: Supinations- und Adduktionsbewegungen zu einer Weber A-Fraktur,

→ II: Pronations- und Abduktionsbewegungen zur Weber-B/C-Fraktur,

→ III: Distorsionstraumata zur Maisonneuve-Fraktur und

→ IV: Pronations- und Hyperreflexionsbewegungen zur trimalleolären Fraktur.

 

Klassifikation: Die Malleolarfraktur wird nach Weber nur anhand der Fibulafraktur zur Syndesmose unterteilt in:

→ I: Weber-A-Frakturen:

→ 1) Die Fibulafraktur ist unterhalb des Syndesmose lokalisiert und somit besteht keine Syndesmosenverletzung.

→ 2) Evtl. kann der Innenknöchel mitbetroffen sein.

→ II: Weber-B-Fraktur:

→ 1) Die Fibulafraktur ist auf Höhe der Syndesmose lokalisiert; die Syndesmose ist fakultativ (in ca. 50% der Fälle) mitbetroffen.

→ 2) Evtl. besteht eine Abrissfraktur des Innenknöchels (bei Beteiligung des Innenknöchels spricht man von einer bimelleolären Fraktur) bzw. eine Ruptur des Lig. deltoideum.

→ III: Weber-C-Fraktur:

→ 1) Hierbei ist die Fibulafraktur oberhalb der Syndesmose (ist somit immer mitbetroffen). Zusätzlich ist die Membrana interossea bis zur Fraktur rupturiert.

→ 2) Gleichzeitig besteht eine Abrissfraktur des Malleolus medialis und des Lig. deltoideum mit Luxationsneigung.

669 Klassifikation der Frakturen des oberen Sprunggelenks nach Weber

 

Klinisch-relevant:

→ A) Maisonneuve Fraktur:

1) Eine Sonderform der Weber-C-Fraktur stellt die Maisonneuve-Fraktur dar.

→ 2) Hierbei handelt es sich um eine hohe Weber-C-Fraktur, die unterhalb des Fibulaköpfchen lokalisiert ist und konsekutiv eine Ruptur der Membrana interossea (bis zur Fraktur) sowie der Syndesmose aufweist.

→ 3) Der Innenknöchel ist mitbetroffen.

→ B) Trimalleoläre Fraktur: Es handelt sich um eine bimalleoläre Sprunggelenksfraktur kombiniert mit einer Fraktur der Tibiahinterkante (= Volkmann-Dreieck = Volkmannfragment).

 

Klinik:

→ I: Charakteristische Symptome sind Schmerzen, Schwellung, Druckdolenz über dem Außen- bzw. Innenknöchel, Bewegungseinschränkung und Fehlstellungen.

→ II: Fakultativ kann die Fraktur mit:

→ 1) Bandverletzungen im OSG,

→ 2) Einem Kompartmentsyndrom oder einer

→ 3) Tibiasprengung (durch Zug der Syndesmose kann an der distalen Tibia ein anteriores oder posteriores Fragment abgerissen werden) kombiniert sein. 

673 Schematische Darstellung der AO Klassifikation der Malleolarfraktur

 

Diagnose:

→ I: Anamnese/klinische Untersuchung:

→ 1) Inspektion mit Schwellung und Fehlstellung.

→ 2) Palpation: Druckschmerzhaftigkeit über dem Malleolus medialis und lateralis; eine DSM-Kontrolle ist obligat.

 

Klinisch-relevant: Bei jeder Sprunggelenksfraktur sollte auch die hohe Fibula palpiert werden, um eine Maisonneuve-Fraktur auszuschließen.

 

II: Röntgen: Des Sprunggelenkes in 2 Ebenen. Bei Verdacht auf eine hohe Fibulafraktur ist eine zusätzliche Aufnahme des Unterschenkels in 2 Ebenen indiziert.

 

Therapie:

→ I: Konservativ: Die nicht-dislozierte Weber-A-Fraktur wird mittels Unterschenkelgips für 6-10 Wochen behandelt (nach einer 6-wöchigen Entlastung ist eine stufenweise Belastungssteigerung indiziert).

→ II: Operativ: Bei allen dislozierten Frakturen sollte wegen der Gefahr der posttraumatischen Arthrose im OSG eine operative Osteosynthese erfolgen. Eine Notfallindikation stellt immer die offene - und Luxationsfraktur dar.

→ 1) Die Fibulafraktur wird mittels Plattenosteosynthese versorgt,

→ 2) Abrissfrakturen des Malleolus lateralis wird mittels Zuggurtungs- oder Schaubenosteosynthese behandelt.

→ 3) Bandrupturen werden genäht.

→ 4) Weitere Therapieoptionen: Bei Beteiligung des medialen Malleolus werden analog zum Malleolus lateralis Zugschrauben oder eine Zuggurtung plaziert, ein dorsales Tibiafragment (Volkmann-Dreieck) wird mittels Verschraubung stabilisiert.

→ 5) Besteht eine Instabilität oder eine Maisonneuve-Fraktur ist eine Stellschraube indiziert, die von der Fibula im Winkel von 30° in die Tibia eingebracht wird.

III: Postoperative Therapie:

→ 1) Postoperativ je nach der Stabilität der Osteosynthese ist eine Ruhigstellung im Unterschenkelgips für 6 Wochen oder eine frühfunktionelle Behandlung mit aktiver und passiver Gelenkmobilisation indiziert, nachfolgend ist eine Teilbelastung mit 15kg für 3 Wochen und später eine Vollbelastung erlaubt.

2) Röntgenkontrolluntersuchungen erfolgen in der 1.,4. und 6. Woche.

→ 3) Die Metallentfernung wird nach 4-6 Monaten durchgeführt.

 

Komplikationen: Sind insbesondere:

→ I: Infektionen und Wichteilnekrosen (z.B. aufgrund einer schlechten Durchblutungssituation im distalen Unterschenkel).   

→ II: Morbus Sudeck (= CRPS: Complex regional pain Syndrom),

→ III: Pseudarthrose

→ IV: In 20-45% bildet sich bei der Weber-B-Fraktur mit Syndesmosenverletzungen und Weber-C-Fraktur eine posttraumatische Arthrose im oberen Sprunggelenk aus.