Definition: Als Pseudarthrose bezeichnet man eine länger als 6 Monate ausbleibende knöcherne Verheilung zweier Frakturenden, meist infolge einer unzureichenden Ruhigstellung. Charakteristischerweise zeigt sich im Frakturbereich eine fibrinose Verbindung ohne knöcherne Durchbauchung. Sie ist weder nach radiologischen noch nach klinischen Kriterien verheilt.

602 Formen der Frakturheilungsstörungen

 

Ätiologie: Die Genese der Pseudarthrose ist zumeist multifaktoriell; insbesondere mechanische und biologische Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle. Mögliche Ursachen sind u.a.:

→ I: Ausgedehnte Knochendefekte mit mangelndem Fragmentkontakt,

→ II: Zu große Frakturdehiszenz,

→ III: Unzureichende Durchblutung aufgrund von lokalen oder systemischen Perfusionsstörungen.

→ IV: Eine mangelnde Ruhigstellung.

→ V: Sie ist aber auch bei älteren Patienten, bestehender Osteoporose, NSAR- und Steroideinnahme, Alkoholabusus oder Chemotherapie nachweisbar.

 

Klassifikation: Bei der Pseudarthrose unterscheidet man verschiedene Formen:

→ I: Hypertrophe/vitale Pseudarthrose:

→ 1) Hierbei kommt es bei gut durchbluteten Frakturfragmenten durch mangelnde Ruhigstellung reaktiv zur überschießenden Kallusbildung.

→ 2) Macht mit 60-70% den Großteil der Pseudoarthrosen aus und wird auch als Elefantenfußpseudarthrose bezeichnet.

II: Atrophe/Avitale Pseudarthrose:

→ 1) Sie beruht auf einer Vaskularisationsstörung des instabilen Frakturbreichs, sodass sich kein Kallus zwischen den Fragmenten ausbilden kann.

→ 2) Lediglich lässt sich ein gefäßloser Faserknorpel nachweisen.

III: Unterformen:

→ 1) Infektionspseudarthrose: Sie stellt eine Kombination aus atrophischer Pseudarthrose und gleichzeitig bestehender Infektion dar. Ursachen dabei können sein:

→ A) Lockerung des Osteosynthesematerials,

→ B) Im Farkturbereich befindliche Knochensequester,

→ C) Ausgeprägte Osteolysen.

→ 2) Defektpseudarthrose: Von Defektpseudarthrose spricht man, wenn der Knochendefekt so groß ist, dass die Frakturfragmente so weit auseinanderliegen, dass er nicht mehr durch Kallusbildung überbrückt werden kann. Entwickelt sich u.a. nach Infektionen infolge ausgdehnter Osteolysen.

 

  Klinik:

→ I: Kardinalssymptome: Sind belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen, Instabilitätsgefühl sowie Falschbeweglichkeit im ehemaligen Frakturbereich.

→ II: Weitere Symptome: Sind Schwellung und Rötung; sie kann aber auch völlig asymptomatisch verlaufen.

 

Diagnose:

→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Vorausgegangene Fraktur, anhaltende charakteristische Beschwerdesymptomatik, Falschbeweglichkeit und Druckdolenz.

→ II: Radiologisch Bildgebung:

→ 1) Röntgen: in 2 Ebenen z.T. nicht eindeutig erkennbar.

→ 2) CT: Mittel der Wahl zur Diagnosestellung durch gute Darstellung der Instabilität.

 

Therapie:

→ I: Hypertrophe Pseudarthrose:

→ 1) Bei einer hypertrophen Pseudoarthrose trotz stabiler Osteosynthese kann eine biologische Aktivierung mittels extrakorporaler Stoßwellentherapie erfolgen.

2) Instabilität/ Fraktur-Dehiszenz: Erneute stabile Osteosynthese mittels Re-Marknagelung, evtl. Korrektur der Achsenabweichung, großen Defektspalte werden ausgeräumt und mit Spongiosaplastik gefüllt.

→ II: Atrophe Pseudoarthrose: Resektion des minderdurchbluteten Knochenmaterials, Korrektur der Achsenabweichung, evtl. Knochenübertragung in Form einer Spongiosaplastik autolog aus dem Beckenkamm. Nachfolgende Plattenosteosynthese.