→ Definition: Bei der Panarteriitis nodosa (= Polyarteriitis nodosa) handelt es sich um eine vaskuläre Systemerkrankung der mittleren und kleinen Arterien (und ohne Nachweis von ANCA). Die nekrotisierende Entzündung der Arterien ist gekennzeichnet durch (zumeist) nachweisbare Immunkomplexe und erfasst die gesamte Gefäßwand. Charakteristischerweise manifestiert sich ein rasch-progredienter Krankheitsverlauf mit multiplem Organbefall.
→ Epidemiologie:
→ I: Die Panarteriitis nodosa stellt mit einer Inzidenz von 5/1000000/Jahr eine sehr seltene Erkrankung dar.
→ II: Männer erkranken 3-mal häufiger als Frauen, wobei der Manifestationsgipfel überwiegend im mittleren bis höheren Lebensalter liegt (zumeist ab dem 40. Lebensjahr).
→ Ätiologie:
→ I: Die genaue Pathogenese ist bis heute noch nicht bekannt.
→ II: 1/3 der Betroffenen ist Hepatitis B positiv; aber auch andere chronisch (auto-) inflammatorische Zustände wie z.B. das familiäre Mittelmeerfieber können mit einer Polyarteriitis nodosa einhergehen.
→ III: Typischerweise ist bei dieser Erkrankung ist ANCA negativ.
→ Pathologie: Charakteristisch für die Erkrankung sind die nekrotisierenden Entzündungen der Arterien mit Beteiligung aller Wandschichten. Sie führen zu Gefäßperforationen oder -verschlüssen mit Ischämie des zu versorgenden Organs. Histopathologisch zeigt sich:
→ I: In den kleineren und mittelgroßen Arterien fibrinoide Nekrosen und polymorphkernige Infiltrate, die sämtliche Schichten durchsetzen.
→ II: Im weiteren Krankheitsverlauf sind mehr mononukleäre Zellen und Fibrosierungen nach Abheilung der Entzündung eruierbar; z.T. treten vollständige Gefäßobstruktionen auf.
→ III: Häufig weisen knotige Verdickungen entlang der Arterien auf eine abgelaufene Entzündung hin.
→ IV: Lokalisation: Typische Organmanifestationen sind insbesondere:
→ Klinik: Uncharakteristisches Prodromi mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Inappetenz und Gewichtsverlust sowie Fieber.
→ I: Palpable subkutane schmerzhafte Knötchen entlang der Arterien aufgrund von Aneurysmabildung, Livido reticularis, evtl. Ulzerationen.
→ II: Myalgien, Arhtralgien und nichterosive Arthritis.
→ III: Viszeraler Befall: Klinisch tritt frühzeitig eine Organmanifestation in den Vordergrund des Krankheitsgeschehens:
→ 1) Herz: Bei Koronarbefall manfestieren sich pektanginöse Beschwerden bis hin zum akuten Koronarsyndrom. Des Weiteren können sich Zeichen einer Herzinsuffizienz sowie eine Myokarditis entwickeln.
→ 2) Niere: Poly-, aber auch Oligurie, Proteinurie und nicht zuletzt Hämaturie weisen auf einen Nierenbefall hin; Weitere renale Symptome sind u.a. die Ausbildung von renaler arterielle Hypertonie sowie Niereninfarkte.
→ 3) GIT: Nicht selten manifestiert sich eine Angina abdominalis; Typisch hierfür sind postprandiale Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöen, aber auch Koliken und Blutungen (sprechen für entzündliche Arterien-Veränderungen im Versorgungsgebiet des Gastrointestinaltraktes). Hinweise einer Leberbeteiligung sind u.a. hepatische Hämatome und Infarkte sowie Zeichen einer Funktionsstörung mit Ikterus.
→ 4) Peripheres Nervensystem: Kopfschmerzen, Parästhesien und motorische Defizite (bei Lähmungen).
→ Klinisch-relevant: Tritt eine Polyneuropathie mit Temperaturerhöhung, BSG-Beschleunigung und Funktionsstörung innerer Organe auf, sollte auch immer an eine Panarteriitis nodosa gedacht werden.
→ Diagnose: Wesentlich ist es, bei nicht spezifischen klinischen Beschwerden, die mehrere Organsysteme einbeziehen auch immer an eine Vaskulitis zu denken.
→ I: Allgemein:
→ 1) Die typischen subkutanen Knötchen entlang der Arterien sind nur sehr selten nachweisbar.
→ 2) Charakteristische Laborbefunde für die klassische Panarteriitis nodosa bestehen nicht.
→ II: Labor:
→ 1) Deutliche Entzündungszeichen mit BSG-Beschleunigung, CRP-Erhöhung und Leukozytose; evtl. manifestiert sich auch eine Thrombozytose.
→ 2) Komplement (C3 und C4) erniedrigt mit Nachweis von Komplementspaltprodukten.
→ 3) ANCA ist charakteristischerweise negativ.
→ 4) Bestimmung des Kreatinin-Clearance sowie der Nachweis einer Protein- und Hämaturie.
→ 5) Zur Klärung des Therapieverfahrens, sollte eine Hepatitis-B-Serologie erfolgen.
→ III: Angiographie: Darstellung typischer Aneurysmen und Obstruktionen.
→ IV: Biopsie: Histologisch lässt sich eine nicht-eitrige nekrotisierende Vaskulitis nachweisen.
→ Therapie:
→ I: Leichter Verlauf:
→ 1) Oft ist eine Glukokortikoid-Therapie ausreichend.
→ 2) Bei Hepatitis-B-Infizierten wird sie erweitert durch eine antivirale Therapie mittels Lamivudin oder Interferon-Alpha.
→ 3) Eine generelle Applikation von Thrombozytenfunktionshemmern oder antikoagulatorischen Substanzen wird nicht empfohlen (nicht jedoch bei Beteiligung des ZNS z.B. bei ischämischem Insult; hier ist eine sekundäre Gabe von Thrombozytenaggregation-Hemmern indiziert).
→ II: Schwerer Verlauf: Mit rasch progredientem Organbefall: Hierbei werden 2 Therapiephasen unterschieden:
→ 1) Remissionsinduzierte Therapie: Mit hochdosierter Gabe von Kortikosteroiden und Cyclophosphamid, bei weniger schweren Verläufen kann Cyclophosphamid durch Methotrexat ersetzt werden (die Phase dauert in der Mitte 6-12 Monate).
→ 2) Remissionerhaltende Therapie: Nach klinischer Besserung wird eine Therapie mit Methotrexat oder Azathioprin weitergeführt.
→ Prognose: Bei der cPN handelt es sich um eine chronisch progrediente Erkrankung, die unbehandelt, gerade auch beim fulminaten Verlauf mit akutem Beginn, innerhalb von Monaten zum Tod führt. Durch die neueren Medikamente liegt die 5-Jahresüberlebenschance bei > 90%. Für die Prognose ist v.a. der Organbefall entscheidend; insbesondere die Niereninsuffizienz und der Befall des Gastrointestinaltraktes stellen ungünstige prognostische Faktoren dar.