→ Definition: Beim Plattenepithelkarzinom (= SCC = Squamous-cell-carzinom) handelt es sich um einen malignen Tumor epithelialen Ursprungs, der langsam über Monate und Jahre infiltrierend und destruierend wächst und nur selten metastasiert.
→ Epidemiologie:
→ I: Das Plattenepithelkarzinom stellt nach dem Basalzellkarzinom den zweithäufigsten malignen Hauttumor dar.
→ II: Die Inzidenz liegt bei 25-30/100000 Einwohnern pro Jahr mit steigender Tendenz, wobei Männer häufiger als Frauen betroffen sind.
→ III: Der Manifestationsgipfel des Plattenepithelkarzinoms liegt um das 70. Lebensjahr und ist insbesondere im Kopf-Hals-Bereich lokalisiert.
→ Ätiologie:
→ I: Hauptursache des Plattenepithelkarzinoms ist die UV-Schädigung; Prädilektionsstellen sind daher UV-exponierte Hautregionen wie z.B. Gesicht und Handrücken, etc.
→ II: Weitere Ursachen: Sind insbesondere:
→ 1) Chemische Ursachen wie Arsen, aromatische Kohlenwasserstoffe, Teer.
→ 2) Kokarzinogene Faktoren: (Zunehmend häufiger) Aufgrund einer chronischen Immunsuppression im Rahmen von Organtransplantationen. Hierbei entwickeln sich SCC 10-25 mal häufiger, oft multiple und mit deutlich aggressiveren Wachstum (höhere Metastasierungstendenzen) abhängig vom Lebensalter, Dauer und Ausmaß der Immunsuppression.
→ 3) Vermehrtes Auftreten dispositionell bei den Hauttypen I und II, hereditären Syndromen Albinismus, Xeroderma pigmentosa, jahrelangen persistierenden Lichen ruber planus und weiteren.
→ III: Pathogenese: Das Plattenepithelkarzinom entsteht meist aus einem In-situ-Karzinom bei z.B. akinetischer Keratose, Morbus Bowen, oder Erythroplastie Queyrat oder durch bestimmte Noxen vorgeschädigte Haut.
→ Klinik: Das Plattenepithelkarzinom entsteht zumeist aus einer aktinischen Hyperkeratose, nur selten de novo.
→ I: Erste Zeichen sind die Entwicklung von glatten, öfters verukkösen, hautfarbenen bis rötlichen Knoten in der aktinischen Hyperkeratose. Der Knoten wächst über Monate bis Jahre exophytisch sowie in die Tiefe und zerfällt schließlich geschwürig.
→ II: Im weiteren Krankheitsverlauf kann das klinische Bild stark variieren von:
→ 1) Flächig,
→ 2) Knotig-exophytisch (mit oder ohne Exulzeration), über
→ 3) Flach diffus infiltrierend bis hin zu
→ 4) Oberflächlich oder tief exulzerierend.
→ III: Die meisten Läsionen sind von derber Konsistenz mit grob gebuckelter, unregelmäßiger Oberfläche. Die Herde sind oft polyzyklisch begrenzt und weisen häufig einen derben Randwall auf (insbesondere bei Exulzeration). Nicht selten zeigen sich zudem weißliche bis atypisch-farbige, verruköse, keratotische Areale. Zumeist fehlen subjektive Beschwerden bzw. sind nur gering.
→ IV: Metastasierung:
→ 1) Die Metastasierung ist mit 5% sehr selten, erfolgt lymphogen und sehr spät.
→ 2) Die regionären Lymphknoten sind bretthart und oft sehr groß.
→ 3) Eine Infiltration in benachbarte vitale Strukturen ist möglich.
→ Sonderformen: Und besondere Lokalisationen:
→ I: Dedifferenziertes Plattenepithel-Ca.: Es stellt eine seltene Verlaufsform dar und entwickelt sich zumeist aus Präkanzerosen, Morbus Bowen oder Erythroplastie. Charakteristisch hierbei ist ein weicher, leicht blutender und zerfallender Tumor, der eine schnelles Wachstum aufweist und frühzeitig lymphogen metastasiert. Pathophysiologisch handelt es sich bei dem dedifferenzierten Tumor um ein anaplastisches Spindelzellkarzinom, das insbesondere im Bereich der hautnahen Schleimhäute (z.B. Mund-, Genitoanalschleimhaut) lokalisiert ist.
→ II: Plattenepithel-Ca: Der Lippe: Es entwickelt sich häufig auf dem Boden einer aktinischen Cheilitis (Schuppung, farbliche Differenzierung mit weißen Arealen) im Bereich der Unterlippe vor allem aufgrund der UV-Strahlung. Weitere Risikofaktoren sind u.a. chemische, thermische und mechanische Noxen. Klinisch zeigt sich initial eine seichte Ulzeration, der eine Verhärtung im Defektbereich folgt. Der Tumor kann exo- aber auch endophytisch wachsen. Differenzialdiagnostisch müssen vor allem ein syphilitischer Primäreffekt, Verruca vulgaris und nicht zuletzt ein erosiver Lichen planus abgegrenzt werden. Beim Plattenepithelkarzinom der Lippe müssen auch die regionären Lymphknoten mittels Ultraschall und Feinnadelpunktion mit konsekutiver Biopsie kontrolliert werden, um eine Metastasierung auszuschließen. Bei Positivität ist eine Neck-Dissektion indiziert. Im fortgeschrittenen Stadium oder bei Inoperabilität wird eine Strahlentherapie in Kombination mit einem EGF-Rezeptorinhibitor (z.B. Cetuximab) empfohlen.
→ III: Mundschleimhautkarzinom: Das Plattenepithelkarzinom der Mundschleimhaut ist relativ häufig und macht ¾ aller malignen Tumoren der Mundschleimhaut aus. Die Inzidenz steigt mit dem Lebensalter, sodass es sich zumeist in der 2. Lebenshälfte manifestiert, und betrifft insbesondere das männliche Geschlecht. Wichtige Risikofaktoren sind u.a. Rauchen, Tabbakkauen, Alkoholkonsum (hochprozentig), HPV-Infektionen sowie erosiver Lichen planus und die Dyskeratosis congenita. Wichtig Lokalisationen sind u.a. der laterale Zungenbereich, gefolgt von Mundboden, Gingiva des Unterkiefers, Wangenschleimhaut, harter Gaumen, etc. Dieses Malignom metastasiert in der Regel frühzeitig, sodass die 5-Jahres-Überlebensrate bei 60% liegt. Therapie der Wahl hierbei ist die Exzision mit möglicher Neck-Dissektion. Im fortgeschrittenen Stadium ist eine Radio- oder Radiochemotherapie indiziert.
→ IV: Weitere: Sind u.a.:
→ 1) Peniskarzinom,
→ 2) Vulva- und
→ 3) Das Analkarzinom.
→ Diagnose: Die Diagnose des Plattenepithelkarzinoms wird klinisch gestellt und durch Biopsie und Histologie verifiziert.
→ I: Zur Beurteilung des Staging sind Lymphknotenuntersuchung sowie CT und MRT zur Ausdehnungsdiagnostik obligat.
→ II: Histopathologie: Invasive Plattenepithekarzinome weisen atypische Zellformationen auf, die in die Dermis infiltrierend und destruierend hineinwachsen. Nicht selten neigen die Zellen zur Verhornung und bilden sogenannte Hornperlen aus (insbesondere bei gut differenzierten Tumoren). Weitere Tumorcharakeristika sind u.a. Kernpolymorphie, Kernhyperchromasie, atypische Mitosen. Neben dem Differenzierungsgrad spielt für die Prognose insbesondere der histologische Tumortyp eine wichtige Rolle:
→ Differenzialdiagnose: Vom Plattenepithelkarzinom der Haut müssen insbesondere nachfolgende Hauterkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Maligne Erkrankungen wie das Basaliom, depigmentierte Melanom sowie Hautmetastasen.
→ II: Des Weiteren Viruswarzen, granulomatöse Prozesse wie Fremdkörpergranulome oder tiefe Trichophytie und Keratoakanthome, aber auch seborrhoische Keratose.
→ III: In der Umgebung dieser Plattenepithelkarzinome findet man charakteristischerweise multiple aktinische Keratosen, etc.
→ Therapie: Das therapeutische Vergehen beim Pattenepithelkarzinom richtet sich insbesondere nach der Größe, Ausbreitung, Lokalisation und dem histologischen Typ.
→ I: Chirurgie: Mittel der Wahl ist die vollständige chirurgische Exzision des Tumors (mit einem Sicherheitsabstand von 1cm) unter histopathologischer Kontrolle der Schnittränder. Zumeist erfolgt es in einer mehrzeitigen Behandlung mit offener Exzision, histologischer Kontrolle und sekundärem Wundverschluss. Die Sentinel-Lymphknotenbiopsie wird insbesondere bei Plattenepithelkarzinomen mit hohem Metastasierungsrisiko vor allem im Rumpf- und Extremitätenbereich durchgeführt. Bei Befall der regionären Lymphknoten ist eine Lymphadenektomie der betroffenen Region indiziert. Schwierigkeiten jedoch bereiten Plattenepithelkarzinome z.B. im Bereich der Mundhöhle, da eine radikale Entfernung wegen der Nähe zu vitalem Gewebe und Knochen erschwert ist. Hierbei ist dann zumeist eine Kombinationstherapie aus Chirurgie und Radiatio indiziert.
→ II: Strahlentherapie: Aufgrund der hohen Strahlenempfindlichkeit des Plattenepithelkarzinoms stellt diese Intervention eine gute Alternative bei lokaler oder genereller Inoperabilität dar.
→ III: Chemotherapie: Wird ausschließlich bei ausgedehnten, metastasierten Tumoren durchgeführt. Die Ansprechrate ist mit bis zu 80% relativ hoch, jedoch stellt dieses Therapieverfahren keine kurative Behandlung dar (die Rezidivrate ist sehr hoch).
→ 1) Es existieren hierfür Monotherapien mit z.B. Methotrexat oder Bleomycin sowie eine Polychemotherapie.
→ 2) Zusätzlich kann im fortgeschrittenen Stadium eine Behandlung EGFR-Inhibitoren wie Antikörper (z.B. Cetuximab) oder Kinaseinhibitoren (z.B. Erlotinib) oder aber auch eine Kombination aus Interferon Alpha und Retinoiden (z.B. Acitretin 25mg) erwogen werden.
→ Prognose: Nach klinischer Erfahrung treten innerhalb von 5 Jahren Rezidive oder Metastasen auf, sodass klinische Kontrolluntersuchungen im Intervall von 3-12 Monaten (je nach Risikoprofil) auch immer die Untersuchungen der regionären Lymphknotenstationen (Palpation, Sonographie, etc.) beinhalten.