Allgemein: Die Skaphoidfraktur ist mit 80% die häufigste Fraktur der Handwurzeln, gefolgt von der Triquetrum-Fraktur. Frakturen der anderen Handwurzelknochen kommen in nur 7% selten vor.

 

Epidemiologie:

→ I: Männer sind 6x häufiger betroffen als Frauen; der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 20.-40. Lebensjahr.

→ II: 60-80% der Frakturen sind im mittleren - und 20-30% im proximalen Skaphoiddrittel lokalisiert.

→ III: Die distalen Skaphoidfrakturen manifestieren sich nur sehr selten.

 

Ätiologie: Charakteristischer Unfallmechanismus ist der Sturz auf die ausgestreckte, leicht dorsal-extendierte Hand z. B. beim Sport. Sie können isoliert oder im Rahmen von karpalen Luxationsfrakturen aufftreten.

 

Pathophysiologie: 

→ I: Generell heilen Skaphoidfrakturen nur schlecht und sehr langsam, da die Gefäßversorgung des Kahnbeins von distal erfolgt und das proximale Skaphoid komplett von Knorpel überzogen ist.

→ II: Bei einer proximalen Fraktur ist nicht selten die Blutversorgung unterbrochen und es kann konsekutiv zur Ausbildung einer Skaphoidpseudarthrose kommen.

→ III: Weitere ungünstige Frakturen des Skaphoids sind Schräg- und vertikale Frakturen.

 

Klinik:

→ I: Schwellung und Schmerzen im Handgelenk.

II: Leistsymptom ist die Druckschmerzhaftigkeit in der Tabatiere.

III: Stauchungsschmerz des Daumens.

→ IV: Schmerzverstärkung durch Radialabduktion des Daumens.

→ V: Aber auch Bewegungseinschränkung.

 

Klassifikation: Der Skaphoidfraktur nach Herbert:

I: Typ A: Stabile Frakturen:

→ 1) A1: Fraktur des Tuberkulums

→ 2) A2: Inkomplette Fraktur der Kahnbeintaille.

II: Typ B: Instabile Frakturen:

1) B1: Distale Schrägfraktur

→ 2) B2: Komplette Fraktur der Kahnbeintaille

→ 3) B3: Proximale Polfraktur

→ 4) B4: Transscaphoidale perilunäre Luxationsfraktur.

→ III: Typ C: Verzögerte Heilung: (delayed-union) und schließlich

→ IV: Typ D: Die manifeste Pseudarthrose.

675 Klassifikation der Kahnbeinfraktur nach Herbert

 

Diagnose:

→ I: Anamnese mit typischem Sturzablauf, klinische Untersuchung mit DMS-Kontrolle und Skaphoid-Stress-Test.

 

→ Klinisch-relevant:

→ Watson-Test: 

→ A) Beim Watson-Test wird das Os scaphoideum bei Ulnarabduktion der Hand zwischen Daumen und Zeigefinger des Untersuchers fixiert, indem der Daumen auf den unteren Pol des Kahnbeins drückt.

→ B) Der Test ist positiv und das SL-Band (= Skapholunar-Band) destruiert, wenn beim Übergang der Hand in die Radialabduktionsstellung der proximale Pol des Os scaphoideums nach dosal subluxiert und dabei an den Zeigefinger des Untersuchers stößt.

 

II: Röntgen: In 2 Ebenen oder Kahnbeinquartett (= Darstellung des Kahnbeins in 4 Ebenen) in dorsopalmarer - bei Faustschluss, seitlich, 45° Supinations- und 45° Pronationsstellung. Ist eine eindeutige Fraktur nicht nachweisbar, sollte nach 10-14 tägiger Ruhigstellung eine erneute Kontrolluntersuchung erfolgen.

496 Klassifikation der Skaphoidfraktur nach Herbert

 III: CT/MRT: Zur frühzeitigen Verifizierung einer Fraktur bzw. bei Beschwerde-Persistenz zur Bestimmung des Frakturalters bzw. möglicher Pseudarthrosen.

 

→ Klinisch-relevant: Jede Handgelenksdistorsion (Verdrehung) gilt bei adäquatem Unfallhergang immer als Fraktur, bis das Gegenteil bewiesen ist.

 

Therapie:

→ I: Konservativ: Nur bei stabilen Kahnbeinfrakturen nicht/gering dislozierten Fakturen mittels Böhler-Gips (Oberarmgips mit Einschluss des Daumens und Zeigefingergrundgelenkes) für 4-12 Wochen.

II: Operativ: 

1) Bei allen instabilen/kompletten Frakturen insbesondere bei proximalen Frakturen, Tuberculumfrakturen, dislozierten Schräg- und Querfrakturen, sowie bei sekundärer Dislokation nach konservativer Therapie.

2) Der Zugang erfolgt über die Tabatiere zwischen M. extensor pollicis longus/brevis und M. abductor pollicis longus. Anschließend ist die Reposition und Osteosynthese mittels Herbert Schraube alternativ Kirschner-Draht indiziert.

→ 3) Postoperativ wird eine dorsale Gipsschiene für 3 Wochen angelegt; eine Vollbelastung ist aber erst nach 8-10 Wochen möglich.

 

Komplikationen:

→ I: Pseudarthrose des Kahnbeins;

→ II: Kahnbein- oder Fragmentnekrose,

→ III: Instabilität des Gelenks.