Definition: Beim Sharp-Syndrom handelt es sich um eine entzündliche, rheumatische Bindegewebserkrankung. Klinisch weist es eine Überlappungssymptomatik aus rheumatoiden Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, Sklerodermie und Polymyositis auf. Serologisches Kriterium des Sharp-Syndrom ist der hochtitrige Antiköper-Nachweis gegen das extrahierbare nukleäre Antigen U1-Ribonucleoprotein. 

613 Charakteristika verschiedener Kollagenose Formen

 

→ Epidemiologie: Wie bei den anderen Kollagenosen ist vor allem das weibliche Geschlecht deutlich häufiger betroffen (M : F = 1 : 9). Das Sharp-Syndrom kann in jedem Lebensalter auftreten, jedoch liegt das Hauptmanifestationsalter zwischen dem 40.-50. Lebensjahr.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Serologisches Kriterium ist der Nachweis von extrahierbaren nukleären Antigenen (= U1-Ribonucleoprotein).

B) Typisch ist das Auftreten eines Raynaud-Syndroms kombiniert mit Skerodermie-artigen Hautveränderungen oder einer Sklerodaktylie.

C) Gehäuftes Auftreten von Trigeminus-Neuralgien.

 

Ätiologie: Nicht genau bekannt.

 

Pathohistologie: Man findet eine vermehrte Ablagerung von Immunkomplexen in der Basalmembran der verschiedenen Gewebe, sowie eine vermehrte lympho-/plasmazytäre Infiltration.

 

Klinik: Das klinische Bild des Sharp-Syndroms weist eine große Vielfältigkeit auf.

→ I: Meist schleichender Beginn über Monate bis Jahre mit z.T. uncharakteristischen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Muskel- und Gelenkschmerzen.

→ II: Haut: Typische dermatologische Veränderungen sind u.a.:

→ 1) Raynaud-Syndrom

→ 2) Puffy-hands mit derb geschwollenen Händen und Fingern.

→ 3) Sklerodaktylie (= starre, weiße Finger mit gespannter, sklerosierter Haut).

→ 4) Häufig treten auch Erytheme und Haarausfall auf.

→ III: Polyarthritis (gleicht oder ähnelt der rheumatoiden Arthritis).

→ IV: Rumpfnahe, mit Schmerzen einhergehende Muskelschwäche sind Zeichen der begleitenden inflammatorischen Myopathie, die eine Erhöhung der Muskelenzyme hervorruft.

→ V: Ösophageale Dysfunktion.

→ VI: Eine renale, kardiale, pulmonale und/oder zentralnervöse Organbeteiligung ist möglich.

614 Organbeteiligung beim Sharp Syndrom

 

Diagnose:

→ I: Unspezifische Erhöhung der Entzündungsparameter (BSG, CRP, Leukozytose) und möglicher Nachweis von Rheumafaktoren.

→ II: Beim Sharp-Syndrom ist eine HLA-Klasse-II-Subtyp-Assoziation (HLA-DR4, -DR1, seltener -DR2) eruierbar.

→ III: Nachweis von ANA.

→ IV: Nachweis von extrahierbaren nukleären Antigenen (U1-Ribonucleoprotein). 

 

Therapie:

→ I: Die Therapie des Sharp-Syndroms richtet sich vor allem nach dem Ausmaß der Organbeteiligung.

→ II: Medikamentöse Therapie:

→ 1) Bei leichteren Krankheitsverläufen und vorherrschender Gelenksymptomatik kann eine Therapie mit NSAR erfolgen; bei systemischer Manifestation sind Kortikosteroide (initial 2mg/kgKG/d Cortison; bei klinischer Besserung erfolgt eine Reduktion auf 1mg/kgKG/d) meist ausreichend.

2) Bei hoher Aktivität oder Organbeteiligung sollte eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin oder Cyclosporin A erfolgen.

 

Prognose: Die Prognose ist meist besser als beim systemischen Lupus erythematodes. Jedoch sind auch letale Verlaufsformen insbesondere bei fibrosierender Alveolitis mit pulmonaler Hypertonie und Myositis bekannt.