→ Definition: Die Unterarmfrakturen stellen knöcherne Vereltzungen im Bereich der Unterarmschaftknochen dar. Sonderformen bilden Kombinationsverletzungen, bestehend aus Frakturen und Luxationen; zu ihnen zählen v.a.:
→ I: Die Fraktur beider Unterarmknochen, Ulna und Radius,
→ II: Die isolierte Fraktur eines Unterarmknochens (Ulna oder Radius) sowie
→ III: Die Luxationsfrakturen unter Einbeziehung anliegender Gelenke. Hierzu gehören:
→ 1) Monteggia-Fraktur: (= proximale Ulnaschaftfraktur, sowie eine Luxation des Radiusköpfchen),
→ 2) Galeazzi-Fraktur: (= Radiusschaftfraktur mit Ruptur der Membrana interossea und Luxation im distalen Radioulnargelenk).
→ 3) Essex-Lopresti-Verletzung: Sind sehr selten. Es handelt sich um eine Radiusköpfchenfraktur kombiniert mit einer Ruptur der Membrana interossea und einer distalen Radioulnargelenksluxation.
→ Ätiologie: Sowohl komplette Unterarmschaftfrakturen, als auch isolierte Frakturen von Ulna oder Radius entstehen durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung, wie nach Verkehrsunfällen, Sturz aus hoher Hohe, ausgeprägte Biege- und Stauchungskräfte etc.
→ Klassifikation: Die Unterarmfrakturen werden nach der AO-Klassifikation in:
→ I: A-Frakturen: Einfache Querfrakturen der Ulna und/oder des Radius.
→ II: B-Frakturen: Keilfrakturen der Ulna und/oder des Radius,
→ III: C-Frakturen: Hierbei handelt es sich um Mehrfragment- oder Trümmerfrakturen einer oder beider Unterarmknochen.
→ 1) C1-Fraktur: Der Radius ist einfach frakturiert, die Ulna mehrfragmentär.
→ 2) C2-Fraktur: Radiusschaftstückbruch, Ulna einfach frakturiert.
→ 3) C3-Fraktur: Ulna und Radius mehrfragmentär.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Die isolierte Radiusfraktur findet man in 15%,
→ B) Die isolierte Ulnafraktur in 25% und
→ C) Die Fraktur beider Unterarmknochen als Unterarmschaftfraktur in 60%.
→ Klinik:
→ I: Isolierte Ulna/Radiusfraktur:
→ 1) Schwellung, Schmerzen, Bewegungseinschränkung.
→ 2) Gerade bei der proximalen Radiusfraktur kann es zu weiteren Begleitverletzungen wie Nervus radialis Läsion mit Ausbildung einer Fallhand, Sehnen- und Gefäßverletzungen kommen.
→ II: Unterarmschaftfraktur: Hiervon spricht man, wenn beide Knochenschäfte (Ulna und Radius) frakturiert sind. Sie ist mit 60% die häufigste Form der Unterarmfrakturen. Klinische Symptome sind insbesondere:
→ 1) Deutliche Schwellung,
→ 2) Starke Schmerzen,
→ 3) Sichtbare Fehlstellung des Unterarms,
→ 4) Instabilität der Fraktur,
→ 5) Nicht selten ausgeprägte Weichteilverletzungen.
→ Klinisch-relevant: Bei Unterarmfrakturen im Kindesalter handelt es sich zumeist um eine Grünholzfraktur aufgrund des sehr kräftigen Periosts.
→ Diagnose:
→ I: Klinische Untersuchung mit DSM-Kontrolle zur frühzeitigen Erfassung von Begleitverletzungen.
→ II: Röntgen: Des Unterarms sowie der angrenzenden Gelenke (des Ellenbogen- und Handgelenkes) in 2 Ebenen.
→ Therapie: Unterarmschaftfrakturen bei Kindern werden eher konservativ, im Erwachsenenalter eher operativ behandelt.
→ I: Behandlung im Erwachsenenalter:
→ 1) Eine konservative Therapie der Unterarmfraktur ist, wegen
→ A) Der schwierigen Reposition,
→ B) der zeiltlich langen Ruhigstellung der Fraktur und
→ C) Der häufigen Komplikationen wie Ausbildung einer Pseudoarthrose, nicht möglich.
→ 2) Operativ:
→ A) Ist das Mittel der Wahl, sowohl bei den isolierten Unterarmfrakturen als auch bei der Unterarmschaftfraktur. Bevorzugt wird eine Plattenosteosynthese ( Ulna vor Radius). Bei 20% der Patienten muss eine Spongiosaplastik durchgeführt werden.
→ B) Besteht eine Polytrauma oder schwere Weichteilverletzungen, sollte ein Fixateur externe verwendet werden.
→ Klinisch-relevant: Notfallsituationen bei den Unterarmfrakturen stellen Fraktur-Instabilität sowie ein hohes Risiko für das Kompartmentsyndrom und Nervenläsionen dar.
→ 3) Postoperativ: Ruhigstellung mittels Oberarmgips für 3-4 Tage in 60° Beugestellung. Nachfolgende Physiotherapie. Die Metallentfernung erfolgt nach 2 Jahren.
→ II: Behandlung im Kindesalter:
→ 1) Konservativ: Bei gering-dsilozierten Grünholzfrakturen (d.h. < 20° Achsenabweichung bei Kindern < 5 Jahre bzw. < 10° Achsenabweichung bei älteren Kindern) kann eine konservative Therapie mittels Oberarmgips für 3-4 Wochen erfolgen.
→ 2) Operativ:
→ A) Bei hochgradig-dislozierter Grünholzfrakturen erfolgt, unter Narkose, eine vollständige Frakturierung der gegenseitigen Kortikalis mit nachfolgender Reposition und Ruhigstellung der Fraktur mittels Oberarmgips.
→ B) Bleibt die Fraktur postoperativ weiterhin instabil, sollte eine Fixierung mittels Nancy-Nagel durchgeführt werden.
→ C) Komplette Frakturen sollten, aufgrund ihrer Instabilität, primär immer mit Nancy-Nagel bzw. bei Jugendlichen mit Platten behandelt werden.
→ Komplikationen:
→ I: Wichtige Komplikationen beim Erwachsenen:
→ 1) Ausbildung einer Pseudarthrose,
→ 2) Kompartment-Syndrom,
→ 3) Bewegungseinschränkung bzw. -aufhebung bei der Pronation/Supination durch Schrumpfung bzw. Verknöcherung der Membrana interossea.
→ II: Wichtige Komplikationen im Kindesalter:
→ 1) Refraktur,
→ 2) Bewegungseinschränkungen bei Pronation/Supination durch Schrumpfung der Membrana interossea,
→ 3) Ausbildung eines Kompartment-Syndroms.