Definition: Die Atelekase beschreibt eine fehlende oder unvollständige Belüftung (luftleeres Lungengewebe, die Alveolarwände liegen aneinander) der Lunge bzw. umschriebener Lungenabschnitte. Bei den Dystelektasen wiederum liegt nur eine verminderte Lungenbelüftung vor.

Klassifikation: Bei den Atalektasen unterscheidet nach ihrer Pathogenese zwischen primären - und sekundären Atelektasen.

I: Primäre Atelektasen: Stellen die angeborene Form dar und sind durch fehlende oder unzureichende Belüftung der Lungenabschnitte charakterisiert. Ursachen sind v.a.:

→ 1) Schädigung des Atemzentrums,

→ 2) Fruchtwasseraspiration,

→ 3) Lungenfehlbildungen,

→ 4) Unzureichende Lungenreifung durch verminderten Surfactant-Faktor.

II: Sekundäre Atelektasen: Es handelt sich um eine erworbene Form bei primär belüfteter Lunge. Die sekundäre Form wird wiederum unterteilt in:

→ 1) Obstruktionsatelektase: Sie entstehen aufgrund der Verlegung eines Bronchus z.B. bei TBC, durch einen Schleimpfropf bei eitriger Bronchitis, (fortgeschrittener) Mukoviszidose, Lymphknotenschwellung, Bronchialkarzinom oder Fremdkörperaspiration. Die Luft distal der Obstruktion wird resorbiert. Hauptlokalisationen sind der Lungenmittellappen und die Lingula. Sie werden auch als Resorptionsatelektasen bezeichnet.

2) Kompressionsatelektase: Dieser Atelektasetyp entwickelt sich durch Kompression des Lungengewebes von Außen. Es kann ein ganzer Lungenflügel aber auch nur ein umschriebener Abschnitt betroffen sein. Häufigste Ursachen hierfür sind Pleuraergüsse, extrapulmonale Tumoren (Pleura- oder Mediastinaltumoren), Zwerchfellhochstand und Thoraxdeformitäten (Kyphoskoliose).

3) Entspannungsatelektase: Sie manifestieren sich nach Eintritt von Luft in den Pleuraspalt und konsekutiver Aufhebung des intrapleuralen Unterdrucks. Der betroffene Lungenflügel wird nicht mehr an der Thoraxwand gehalten und kollabiert. Folge ist eine Entspannung der Lunge. Ätiologisch spielen der traumatische Pneumothorax und die Ruptur einer Emphysemblase eine wichtige Rolle.

661 Ursachen der wichtigsten sekundären Atelektaseformen

 4) Weitere Atelektasen: Sind insbesondere:

→ A) Narbenatelektase: Wird auch Traktionsatelektase bezeichnet und zeichnet sich durch eine Minderventilation aufgrund von narbigen Bindegewebssträngen mit konsekutiver Schrumpfung des Lungenparenchyms aus.

→ B) Adhäsivatelektase: Physiologischerweise überzieht der Surfactant-Faktor (gebildet von den Pneumozyten Typ II) die Alveolenoberfläche und verhindert durch Herabsetzung der Oberflächenspannung den Kollaps, während der Exspiration. Bei einer Schocklunge oder Mangel an Surfactant-Faktor ist der Mechanismus aufgehoben und es bildet sich eine Atelektase aus.

→ 5) Sonderformen: Sind kleine Streifen- oder Plattenatelektasen (= Hypoventilationsatelektasen), die zumeist postoperativ durch eine schmerzbedingte oder medikamentös induzierte Schonatmung hervorgerufen werden. Eine weitere Sonderform bilden kleinere Atelektasen unter einer verdickten Pleura. Sie werden als Rundatelektasen bezeichnet und treten insbesondere bei der Asbestose auf.

 

Klinisch-relevant: Durch Kompression oder Obstruktion (z.B. Bronchial-Ca, TBC, Fremdkörper, etc.) des Mittellappenbronchus entwickelt sich eine Atelektase, die als Mittellappensymdrom bezeichnet wird.

 

→ Klinik: Der Krankheitsverlauf kann akut oder chronisch sein:

→ I: Akuter Verlauf: Je nach Ausmaß der Atelektasen stehen klinische Symptome wie Dyspnoe, Zyanose aufgrund einer Hypoxämie und Tachykardie sowie eine verminderte Atemexkursion auf der betroffenen Seite im Vordergrund.

→ II: Chronischer Verlauf: Ist zumeist eine sich schleichend entwickelnde Symptomatik.

 

→ Komplikationen: Sind vor allem:

→ I: Infektionen mit der Gefahr der Ausbildung eines Lungenabszesses sowie

→ II: Die Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz.

 

→ Diagnose:

→ I: Anamnese/klinische Untersuchung:

→ 1) Abgeschwächter Stimmfremitus.

→ 2) Klopfschalldämpfung, evtl. verkürzter Klopfschall; insbesondere bei Atelektasen im Rahmen eines Pneumothorax manifestiert sich ein tympanitischer Klopfschall.

→ 3) Abgeschwächtes bis fehlendendes Atemgeräusch mit Bronchophonie.

→ II: Bilgebende Verfahren:

→ 1) Röntgen Thorax: Homogene Verschattung bzw. Verdichtung der Lunge oder des betroffenen Lungenabschnitts mit konkaver Abgrenzung zum umliegenden Lungenparenchym. Chronische Atelektasen zeigen sich zumeist als dreieckförmige Verschattungen mit der Basis zur Pleura hin. Zudem manifestiert sich eine Lungenvolumenabnahme durch Zwerchfellhochstand auf der betroffenen Seite sowie eine Verlagerung des Mediastinums (z.B. Herz, Trachea) zur Gegenseite.

→ 2) Eventuell CT.

721 Weitere röngenologische Charakteristika der Atelektase

 

→ Differenzialdiagnose: Von der Atelektase muss insbesondere nachfolgende Lungenerkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Die Pneumonie mit Hilfe der klinischen Symptomatik (Enstehungsmechanismus), Entzündungsparameter, etc.

→ II: Hämatothorax: Hiervon muss inbesondere die Totalatelektase differenziert werden (beim Hämatothorax wird das Mediastinum zur Gegenseite verdrängt, währenddessen es bei der Totalatelektase zu betroffenen Seite gezogen wird.

→ III: Großer Pleuraerguss.

 

→ Therapie:

→ I: Kausale Therapie: Durch z.B. Entfernung eines Fremdkörpers, Ausaugung eines Schleimpfropfens oder Beseitigung einer Tumorstenose, etc.

→ II: Prophylaktische Therapie: Nach operativen Behandlung gerade im Bereich des Epigastriums oder nach postoperativer Sedierung mittels Frühmobilisation, Atemgymnastik und Atemtherapie.

→ III: Medikamentöse Therapie: Ansetzten einer Antibiotikatherapie bei Pneumonie oder Lungenabszess.

→ IV: Operative Therapie: Sie kann bei chronischen Atelektasen durch Lungensegment- oder Lappenresektion erfolgen.