Definition: Der Pleuraerguss stellt eine Flüssigkeitsansammlung zwischen den beiden Pleurablättern (pleura visceralis und parietalis) in der Pleurahöhle dar. Die Pleuraergüsse stellen neben der Atelektase die häufigsten pathologischen Röntgenbefunde des Thorax insbesondere bei Intensivpatienten dar.

422 Ursachen des Pleuraergusses

Ätiologie: Häufigste Ursachen für die Entstehung eines Pleuraergusses sind v.a. Pneumonie, Herzversagen und maligne Neoplasien (= maligner Erguss). Je nach Zusammensetzung der Pleuraflüssigkeit unterscheidet man zwischen Exsudat und Transsudat (die Differenzierung erfolgt duch Bestimmung von Protein, LDH und Cholesterin im Erguss):

→ I: Exsudat: Das Exsudat entsteht durch Permiabilitätserhöhung der Pleura oder Behinderung des Lymphabflusses aus dem Pleuraraum. Ursachen hierfür sind insbesondere entzündliche und neoplastische Erkrankungen.

636 Zusammensetzung des Exsudats

1) Exsudat bei Malignomen: Bronchialkarzinom, Mesotheliom, Mamma-Ca und Lymphom.

2) Exsudat bei Infektionen: TBC, bronchopulmonale Infekte, Pneumonie und iatrogen bei Pleurapunktion.

→ 3) Exsudative Pleuraergüsse: Zudem manifestieren sie sich beim Hämatothorax (Hk im Ergussmaterial > 50% des peripheren Blutes; meist traumatischer Genese), Chylothorax (milchig, > 4g/l; häufig traumatisch oder tumorös bedingt durch Beteiligung des Ductus thoracicus) und beim Pseudochylothorax (chronische Pleuraentzündung).

→ II: Transsudat: Transudate entstehen bei Veränderungen der systemischen Bedingungen, die das Gleichgewicht von Produktion und Absorption der Pleuraflüssigkeit kontrollieren, ohne das die Pleura selbst erkrankt.

637 Zusammensetzung des Transsudats

Der transsudative Pleuraerguss zeigt sich charakteristischerweise bei der dekompensierten Herzinsuffizienz (rechts mehr als links), TrikuspidalstenosePerikarditis constricitiva, Atelektasen, beim nephrotischen Syndrom, der Leberzirrhose und nicht zuletzt der exsudativen Enteropathie

III: Andere Ursachen:

→ 1) Postmyokardinfarkt-Syndrom (= Dressler-Syndrom),

→ 2) Rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis und dem SLE,

3) Aber auch bei der Pankreatitis.

1019 Ursachen des transsudativen Pleuraergusses

 

Klinisch-relevant: Häufigste Ursachen für einen:

→ A) Exsudativen Pleuraerguss: Pneumonie, Malignome, Lungenembolie.

→ B) Transsudativen Pleuraerguss: Dekompensierte Linksherzinsuffizienz, Leberzirrhose und die Lungenembolie.

421 LIGHT Kriterien zur Differenzierung zwischen Exsudat und Transsudat

 

Klinik: Je nach Ausmaß des Ergusses kann dieser asymptomatisch verlaufen oder klinische Symptome aufweisen:

→ I: Belastungsdyspnoe, im weiteren Verlauf auch Ruhedyspnoe,

→ II: Atemabhängige Thoraxschmerzen,

→ III: Bei Affektion der Pleura visceralis tritt nicht selten Reizhusten auf.

→ IV: Evtl. B-Symptomatik mit Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust.

 

→ Komplikationen: Die Entwicklung von Pleuraschwielen und -schwarten. Hierbei handelt es sich um narbig verdickte Pleurablätter, die insbesondere durch die Myofibroblasten entstehen und schließlich zu Verwachsungen führen.

 

  Diagnose:

→ I: Anamnese,

→ II: Klinische Untersuchung: Verminderte Atemexkursion, abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch, deutlich gedämpfter Klopfschall mit Anstieg der Grenzen nach lateral (= Ellis-Damoiseau-Linie), verminderter bis aufgehobener Stimmfremitus über dem Erguss. 

III: Radiologische Untersuchung:

→ 1) Sonographie: Sehr sensitiv; eine Ergussmenge von 20-50ml ist im hinteren Herzbereich als echofreier Raum erurierbar.

→ 2) Röntgen-Thorax: (In Seitenlage mit der betroffenen Seite nach unten) Ab einer Menge von 200ml nachweisbar. Es entsteht radiologisch eine lateral ansteigende Linie, als sogenanntes Projektionsphänomen = Ellis-Damoiseau-Linie.

→ IV: Diagnostische Pleurapunktion: Mit Abnahme von 4 Röhrchen.

→ 1) Inspektion:

638 Sichtbare Veränderungen des Pleuraergusses

2) Mikrobiologische Untersuchung: (1. Röhrchen) Bakterienkultur, Gram-Färbung, bei Verdacht auf TBC Ziehl-Neelsen-Färbung.

→ 3) Zytologische Untersuchung: (2. Röhrchen) Neutrophile Granulozyten bei akuter, Monozyten bei chronischer Entzündung, Lymphozyten bei TBC-Infektion und malignem Geschehen. Direkter Nachweis von Tumorzellen.

→ 4) Biochemische Untersuchung: (3. Röhrchen/4. Röhrchen aufbewahren für evtl. weitere Untersuchungen)

→ A) Pleura-Totalprotein: (Pleura-Gesamteiweiß/Serum-GE): < 0.5 Transsudat, > 0,5 Exsudat.

→ B) Pleura-Laktatdehydogenase: (Pleura-LDH/Serum-LDH) < 0,6 Transsudat, > 0,6 Exsudat.

→ C) Pleura-Glucose: Entspricht der Blutglucose-Konzentration. Ausnahme sind Infektionen der Pleura; hierbei sinkt sie < 60mg/dl.

D) Pleura-pH-Wert: Ist bedeutend bei infektiösen Pleuraergüssen. Ein pH-Wert > 7,2 spricht für einen blanden Verlauf, ein pH-Wert < 7,0 für ein Pleuraempyem (schnelles Handeln mit Anlage einer Drainage ist indiziert).

→ V: Thorakoskopie mit Biopsie und Histologie zur genauen Beurteilung.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Parapneumonischer Pleuraerguss: Bei 1/3 der Patienten bildet sich im Rahmen einer Pneumonie ein Pleuraerguss aus. Hierbei unterscheidet man:

→ 1) Unkomplizierter parapneumonischer Pleuraerguss: Punktat klar, pH-Wert > 7,2, Pleuraglucose > 60 mg/dl, Laktatdehydrogenase < 500U/l, neutrophile Granulozyten +, kein kultureller Bakteriennachweis (steriles Punktat). Therapeutisch erfolgt eine antibiotische Behandlung.

→ 2) Komplizierter parapneumonischer Pleuraerguss: Punktat trüb, pH-Wert zwischen 7,2-7,0, Pleuraglucose < 40mg/dl, Pleura-LDH > 1000, neutrophile Granulozyten ++, Evtl. Bakteriennachweis positiv. Es ist die Anlage einer Drainage zur täglichen Spülung und eine Fibrinolyse mit Streptokinase (250000IU) oder Urokinase (100000 UI) indiziert.

→ 3) Pleuraempyem: Punktat eitrig, pH-Wert < 7,0, Blutglucose < 40mg7dl, Pleura-LDH > 1000, neutrophile Granulozyten +++, kultureller Bakteriennachweis häufig positiv. Mittel der Wahl ist die Anlage einer Saug-Spül-Drainage über mehrere Wochen, evtl. vorheriges, chirurgisches Lösen von Verwachsungen.

B) Maligner Pleuraerguss: Jeder hämorrhagische Pleuraerguss wird bis zum Beweis des Gegenteils als maligne angesehen.

1) Maligner Pleuraerguss bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand bzw. Prognose; hierbei ist eine Pleurapunktion zur Entlastung indiziert (Cave: Eiweißverlust).

→ 2) Rezidivierende maligne Pleuraergüsse bei Patienten mit gutem AZ: Dies stellt eine Indikation für eine chemische Pleurodese durch Einbringen einer klebenden Substanz wie Talkum, Bleomycin oder Doxycyclin dar. Die Substanz wird mit Hilfe einer Drainage eingebracht und löst eine entzündliche Reaktion aus, die zur Verklebung der Pleurablätter führt.

 

Therapie:

→ I: Behandlung der Grunderkrankung wie TBC, Pneumonie, Linksherzinsuffizienz.

→ II: Bei einmaligem Erguss: Sterile Punktion am Rippenoberrand und Aspiration der Flüssigkeit mit Hilfe eines 3-Wege-Hahns bzw. einer Rotanda-Spritze. Es sollten wegen der Gefahr eines Reexpansionsödems nicht mehr als 1500ml abpunktiert werden.

III: Parapneumonischer Erguss: Antibiose (nach Antibiogramm), Anlage einer Drainage, Spülung, intrapleurale Fibrinolyse.

→ IV: Palliative Therapie bei malignem Pleuraerguss mittels chemische Pleurodese (z.B. mit Talkum 3-5g auf 100ml einer 0,9%igen NaCl-Lösung in den Pleuraspalt).

→ V: Zur Prophylaxe, aber auch Therapie von Pleuraschwarten begleitende physiotherapeutische Atemgymnastik unter optimaler Analgesie.