→ Definition: Beim Pneumothorax handelt es sich um eine Luftansammlung im Pleuraraum (d.h. zwischen viszeralem und parietalem Pleurablatt). Ein traumatischer Pneumothorax entsteht entweder aufgrund einer Verletzung der Brustwand oder einer Lungenverletzung.
→ Epidemiologie: Der Spontanpneumothorax tritt vorwiegend bei jungen Männer zwischen dem 20.-40. Lebensjahr auf und manifestiert sich häufig in der rechten Lungen. Die Rezidivrate nach dem ersten Spontanpneumothorax beträgt 30%, nach dem zweiten liegt sie sogar bei bis zu 60%.
→ Einteilung: des Pneumothorax:
→ I: Geschlossener Pneumothorax: ohne Verbindung zur Außenluft.
→ II: Offener Pneumothorax: Dieser wird unterteilt in einen:
→ 1) Inneren-offenen Pneu: Mit Verbindung zum Bronchialsystem
→ 2) Äußeren-offenen Pneu: Mit Verbindung zur Thoraxwand.
→ Klinisch-relevant: Beim offenen Pneumothorax dringt bei jeder Inspiration Luft in die Pleurahöhle ein und entweicht bei jeder Exspiration. Hierdurch kann es zu einem Mediastinalflattern kommen (= Mediastinalpendeln), welches wiederum eine Einflussstauung verursacht, die intermittierend zur kardialen Dekompensation führt (durch Abknicken der unteren Hohlvene und folglicher Behinderung des venösen Rückstroms zum Herzen). Der Thoraxwanddefekt sollte deshalb schon an der Unfallstelle provisorisch mit einem Verband verschlossen werden.
→ Ätiologie:
→ I: Spontanpneumothorax:
→ 1) Primär: Idiopathisch, ohne Fremdeinwirkung; findet man bevorzugt bei jungen, asthenischen Männern durch Ruptur einer subpleural gelegenen Emphysemblase (Druckanstieg z.B. beim Husten, Pressen).
→ 2) Sekundär: Spontanpneumothorax bei pulmonaler Vorerkrankung wie Asthma bronchiale, COPD, Lungenemphysem, Mukoviszidose, TBC und interstitiellen Lungenerkrankungen, etc.
→ II: Traumatisch: Der offene Pneu entsteht oftmals aufgrund einer penetrierenden (perforierenden) Verletzung der Thoraxwand, durch z.B. Rippenfraktur, traumatisches Zerreißen eines Bronchus sowie Verletzungen der Trachea oder des Ösophagus.
→ III: Iatrogen:
→ 1) Bei Punktion eines Pleuraergusses,
→ 2) Durch Fehlpunktion, beim Legen eines zentralen Venenkatheters (V. subclavia) oder Herzschrittmachers.
→ 3) Beatmungskomplikation bei Überdruckbeatmung eines Patienten mit ARDS (= Acute-respiratory-disstress-Syndrom).
→ Pathogenese: Durch die Eröffnung des Pleuraspaltes dringt Luft in die Pleurahöhle ein und hebt somit den dort bestehenden Unterdruck auf. Folge ist ein Kollaps der Lunge mit konsekutiver restriktiver Ventilationsstörung und Hypoxie. Des Weiteren manifestiert sich eine Erhöhung des pulmonalen Widerstandes durch reflektorische Vasokonstriktion der hypoventilierten Lungenregionen.
→ Klinik: Die klinische Symptomatik kann in ihrer Quantität wie Qualität sehr stark variieren und umfasst u.a.:
→ I: Stechender scharf begrenzter Schmerz auf der betroffenen Thoraxseite.
→ II: Belastungsdyspnoe, die im weiteren Verlauf in eine Ruhedyspnoe übergeht (die Atemnot kann plötzlich oder aber auch allmählich entstehen).
→ III: Weitere Symptome sind u.a. Tachypnoe und Reizhusten sowie die mögliche Entwicklung einer Schocksymptomatik.
→ IV: Beim traumatischen bzw. iatrogenen Pneumothorax kann sich ein Hautemphysem an der Stelle ausbilden.
→ Komplikation: Wichtige und z. T. schwerwiegende Komplikationen des Pneumothorax sind insbesondere:
→ I: Spannungspneumothorax findet man gerade beim posttraumatischen Pneu.
→ II: Hämatopneumothorax,
→ III: Infektionen,
→ IV: Rezidiv bei Spontanpneumothorax.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese: Früherer Spontanpneu, bestehendes Thoraxtrauma; gerade der idiopathischen Spontanpneumothorax manifestiert sich bevorzugt bei jungen leptosomen Männern.
→ II: Klinische Untersuchung:
→ 1) Asymmetrische Atembewegung, auskultatorisch abgeschwächtes bis aufgegehobenes Atemgeräusch sowie hypersonorer Klopfschall und nicht zuletzt abgeschwächter Stimmfremitus;
→ 2) Hamman-Zeichen: Evtl. ist bei einem kleinen linksseitigen Pneumothorax ein mit dem Herzschlag synchrones Geräusch auskultierbar.
→ 3) Laborchemische BGA-Bestimmung.
→ III: EKG: Möglicher Nachweis einer elektromechanischen Alternans sowie Rechtsherzbelastung; zudem Ausschluss einer Lungenembolie bzw. Mykardinfarktes.
→ IV: Röntgen-Thorax: Fehlende Lungenzeichnung auf der betroffenen Seite, Tiefstand des Diaphragmas. Je nach Ausmaß des Pneus unterscheidet man radiologisch:
→ 1) Spitzenpneumothorax: Sehr kleiner Pneu über der Lungenspitze. Das radiologische Bild sollte unter Exspiration im Stehen oder in Seitenlage (gesunde Seite nach unten) zur besseren Darstellung erfolgen.
→ 2) Mantelpneumothorax: Es bildet sich ein 1-2cm breiter, radiologisch-sichtbarer Luftsaum aus. Hierbei verläuft das viszerale Pleurablatt als konvexe Linie parallel zur Thoraxwand.
→ 3) Totalkollaps der Lunge.
Eine Spiegelbildung weist immer auf zusätzliche Flüssigkeit im Pleuraraum hin (z.B. Hämatopneumothorax).
→ V: CT: Bei sehr schweren Traumata sollte ein Thorax-CT zur Einschätzung des Ausmaßes des Pneus bzw. zur Darstellung von Begleitverletzungen erfolgen.
→ Klinisch-relevant: Nach Pleurapunktion oder Anlage eines ZVK über die V. subclavia ist stets eine röntgenologische Kontrolle (1-2 Stunden nach dem Eingiff) zum Ausschluss eines Pneus obligat.
→ Differenzialdiagnose: Vom Spontanpneumothorax müssen vor allem nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Pleuritis,
→ II: Lungenembolie und
→ III: Der Myokardinfarkt.
→ Therapie:
→ I: Konservative Therapie:
→ 1) Bei einem sehr kleinen asymptomatischen Befund ist ein abwartendes Vorgehen unter radiologischer Kontrolle indiziert (da Luft von der Pleura resorbiert werden kann).
→ 2) Über eine Nasensonde sollte dem Patienten 2-4l Sauerstoff zugeführt werden; ggf. muss eine Intubation durchgefürt werden.
→ 3) Des Weiteren erfolgt aufgrund der schmerzhaft bedingten, oberflächlichen Atmung eine Analgesie mittels z.B. Diclofenac.
→ 4) Ansonsten ist die Anlage einer Thorax-Saugdrainage indiziert. Die Lokalisation der Punktion sollte immer am Rippenoberrand durchgefürt werden (am Rippenunterrand verlaufen die Interkostalgefäße).
→ Klinisch-relevant: Nach der Lokalisation der Punktion unterscheidet man 2 Positionen:
→ A) Monaldi-Position: Diese Punktionsform wird im 2. ICR medioklavikular zur notfallmäßigen Entlastung angewandt.
→ B) Bülau-Position: Hier erfolgt der Zugang in der mittleren bis hinteren Axilliarlinie im 4.-5. ICR. (Anlage einer Thoraxdrainage).
→ C) Wichtige und charakteristische Fehler bei der Anlage einer Thoraxdrainage:
→ 1) Zu langes Abwarten.
→ 2) Zu geringer Sog, sodass sich die Lunge nicht vollständig entfalten kann.
→ 3) Zu hoher Sog mit der Gefahr der Entwicklung einer bronchopleuralen Fistel.
→ 4) Schlechte Fixierung des Drainageschlauches, sodass es zu einer Diskonnektion insbesondere bei unruhigen Patienten kommen kann.
→ II: Operative Therapie: Bei fortbestehendem Pneumothorax (> 5-8 Tage) oder rezidivieredem Pneumothorax:
→ 1) Abtragung der Emphysemblasen und Übernähung der Lunge, evtl. Abdichtung mittels Fibrinkleber.
→ 2) Chirurgische Pleurodese, durch Ablösung und (partielle) Entfernung der Pleura parietalis, verklebt die Lunge mit der Thoraxwand.
→ Prognose: Die Prognose ist insbesondere von der Art der pulmonalen Vorerkrankung und den Komplikationen des Pneumothorax abhängig. Lebensgefährlich ist besonders der nicht rasch behandelte Spannungspneumothorax.