→ Definition: Beim Asthma bronchiale handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Bronchialerkrankung mit anfallsweise auftretender reversibler Atemwegsobstruktion aufgrund einer bronchialen Hyperreagibilität.
→ Epidemiologie: In Deutschland liegt die Prävalenz bei Kinder und Erwachsenen bei 5-10% (Erwachsenen Tendenz steigend) der Bevölkerung; zudem ist das Asthma bronchiale die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter.
→ Ätiologie: Nach der Entstehung bzw. den Triggermechanismen wird das Asthma bronchiale grob in 2 Formen nämlich in ein ex- und intrinsisches Asthma (Abb.: Unterscheidung zwischen ex- und intrinsischem Asthma bronchiale) unterteilt:
→ I: Extrinsisches Asthma: (= allergisches Asthma bronchiale) Dies Form kann schon ab den 3.-4. Lebensjahr auftreten und ist häufig mit Rhinitis, Konjunktivitis und Dermatitis, etc. kombiniert. Auslöser sind zumeist Inhalationsallergene wie:
→ 1) Blühende Bäume Birke, Hasel oder Erle.
→ 2) Gräser und Getreide.
→ 3) Weitere Allergene: Sind Tierepithelien (v.a. Katzen), Hausstaubmilbenkot, berufsbedingte Allergene Holzstaub, Mehl, Latex, Isozyanat, Nahrungsmittel insbesondere Nüsse, etc.
Das allergische Asthma ist eine IgE-vermittelte Reaktion. Charakteristischerweise bindet das Allergen an das mastzellständige IgE-Molekül, wodurch es zur konsekutiven Freisetzung von Mastzellmediatoren (u.a. Histamin, Leukotrine, etc.) kommt. Die Folge ist eine Bronchokonstriktion mit klinischer Manifestation des Asthmaanfalls. Bei häufiger Allgenexposition entwickelt sich eine chronische Entzündung mit T-Lymphozyten und Eosinophilen.
→ II: Intrinsisches Asthma: (= nicht allergisches Asthma bronchiale) Diese Form des Asthmas tritt im Erwachsenenalter auf und wird durch unspezifische Trigger ausgelöst. Vermutet wird eine entsprechende Disposition mit abnormen Reaktion auf eine Virusinfektion, da die typische (allergische) IgE-vermittelte Reaktion fehlt (die Eosinophilenzahl ist deutlich erhöht, sogar stärker als beim extrinsischen Asthma). Zu den Auslösemechanismen zählen u.a.:
→ 1) Physikalische Reize wie kalte Luft, Nebel, Dämpfe oder Rauch.
→ 2) Inhalative Noxen sowie Medikamente z.B. NSAR, Beta-Blocker, ACE-Hemmer, etc.
→ 3) Körperliche Anstrengungen, Stress, psychische Traumen sowie
→ 4) Erkrankungen wie respiratorische Virusinfektionen (z.B. Chlamydien, Mykoplasmen) oder ein gastroösophagealer Reflux (gastroösophageale Refluxkrankheit).
→ III: Mixed Asthma: Häufig existiert auch eine Mischform aus extrinsischem und intrinsischem Asthma bronchiale, denn nicht selten geht ein allergisches Asthma im Jugendalter in eine nicht-allergische Form im Erwachsenenalter über.
→ Pathogenese: Beim Asthma bronchiale handelt es sich um eine multifaktorielle Genese wie genetische Disposition (mit Atopie Genpolymorphismus z.B. ORMDL3, etc.), Lebensstil (Ernährung) sowie Umweltfaktoren.
→ I: Ein besonderer Risikofaktor ist das Missverhältnis von TH2/TH1-Verhältnis zu Ungunsten der TH2-Zellen mit konsekutiver Erhöhung von IL-4, IL-5 und IL-13 verschoben.
→ II: Es kommt zu eine Aktivierung der B-Lymphozyten und eosinophilen Granulozyten sowie vermehrten Synthese von Immunglobulin E insbesondere durch IL-4.
→ III: Folge ist die Atemwegsobstruktion durch:
→ 1) Kontraktion der glatten Bronchialmuskulatur (= akuter Bronchospasmus).
→ 2) Schwellung und Ödembildung der bronchialen Mucosa.
→ 3) Hypersekretion (zähes glasiges Sekret mit erhöhter Viskosität) und im weiteren Krankheitsverlauf
→ 4) Remodeling durch (irreversible) Umbauvorgänge.
→ Klinik:
→ I: Kardinalssymptome des Asthma bronchiale sind anfallsartige Atemnot zumeist kombiniert mit Husten und exspiratorischem Stridor (Pfeifen und Giemen) sowie thorakalem Engegefühl ohne Schmerzen.
→ II: Der Husten kann mit oder ohne Auswurf und bei Kindern einziges Symptom sein.
→ III: Die klinische Symptomatik unterliegt deutlichen zirkardianen Schwankungen und ist nachts sowie am frühen Morgen zumeist am ausgeprägtesten.
→ IV: Im fortgeschrittenem Krankheitsverlauf kann sich beim Asthma bronchiale eine persistierende Belastungsdyspnoe und schließlich eine Ruhedyspnoe einstellen.
→ V: Saisonales Asthma: Hierbei besteht die Sensibilisierung gegenüber saisonalen Allergenen, sodass die asthmatischen Beschwerden nur auf eine bestimmte Jahreszeit begrenzt sind.
→ VI: Cough-Variant-Asthma: Hierbei klagen die Patienten ausschließlich über Husten und die begleitende Atemnot fehlt charakteristischerweise, sodass die Diagnose zumeist erst sehr spät gestellt wird.
→ Klassifikation: Das Asthma bronchiale kann bezüglich der klinischen Symptomatik in 4 verschiedene Schweregrade unterteilt werden:
→ Komplikationen: Das Asthma bronchiale weist z.T. schwerwiegende Komplikationen auf; hierzu zählen u.a.:
→ I: Status asthmaticus: Bezeichnet einen ß2-Adrenergika-resistenten Asthmaanfall mit Zunahme der Bronchokonstriktion innerhalb von Minuten bis Stunden. Es kommt zu einer respiratorischen Insuffizienz, die möglicherweise lebensbedrohlich verlaufen kann.
→ II: Pulmonalarterielle Hypertonie: Ein langjähriges Asthma bronchiale mit chronischer pulmonaler Insuffizienz kann sekundär zu einer pulmonalen Hypertonie führen und bei konsekutiver Rechtsherzhypertrophie in ein Cor pulmonale transformieren.
→ III: Weitere Komplikationen sind insbesondere:
→ 1) Pneumomediastinum und Pneumoperikardium.
→ 2) Pneumothorax durch massive Lungenüberblähung bei erhöhtem intrathorakalem Gasvolumen, etc.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/Klinische Untersuchung:
→ 1) Eruierung von Allergien in der Eigenanamnese, auslösenden Mechanismen, zeitliches Auftreten der Symptomatik, Medikamentenanamnese, etc.
→ 2) Klinische Untersuchung mit Nachweis von Husten (z.B. unproduktiver Reizhusten), pfeifendem Atemgeräusch, Luftnot, Tachypnoe und Orthopnoe, Sprechunvermögen, evtl. Zyanose, Sinustachykardie, Pulsus paradoxus (Abfall des systolischen RR um >10-25mmHg während der Inspiration), perkussorischem hypersonorem Klopfschall, auskultatorischem verlängertem Exspirium mit exspiratorischem Giemen bis hin zur „ silent-chest“ (= fehlende trockene Rasselgeräusche aufgrund einer maximalen Lungenüberblähung).
→ II: Lungenfunktionstest: (Spirometrie) Zeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung mit Erniedrigung der focierten Vitalkapazität (FVC), Einsekundenkapazität (FEV1), des exspiratorischen Spitzenfluss (PEV) sowie MEF 50; dagegen sind das Residualvolumen (RV) und die Resistance erhöht.
→ III: Bronchospasmolysetest: Hierbei wird bei nachgewiesener Obstruktion der Bronchospasmolysetest mittels z.B. Salbutamol (400µg) durchgeführt und zeigt typsicherweise eine Akut-Bronchospasmolyse mit konsekutivem Anstieg des FEV1 um mehr als 15%.
→ IV: Peakt-Flow-Protokoll: Die Messungen sollten morgens (niedrigsten Werte) und abends (höchsten Werte) erfolgen. Zirkadiane Schwankungen des Peak-Flows über 20% spricht für ein (unbehandeltes) Asthma bronchiale.
→ V: Labor: Mit arterieller Blutgasanalyse mit Ausschluss einer respiratorischen Insuffizienz (Normwerte der BGA) und möglichem Nachweis einer Eosinophilie (> 400 Eosinophile/µl).
→ VI: Allergendiagnostik mit Prick-Test, Serum-IgE-Bestimmung
→ VII: Röntgen-Thorax und EKG zum differenzialdiagnostischem Ausschluss.
→ Differenzialdiagnose: Das Asthma bronchiale muss insbesondere von nachfolgenden Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: COPD (es kommt in den früheren Stadien nur bei oder nach körperlichen Belastung zur Atemnot, erst im Stadium IV besteht eine Ruhedyspnoe) bzw. Lungenemphysem.
→ II: Fremdkörperaspiration: Führt über eine Flussbehinderung der oberen Atemwege zur anfallsartigen Atemnot.
→ III: Im Rahmen einer Linksherzinsuffizienz kann es primär zu einer Belastungs- später auch zur Ruhedyspnoe kommen.
→ IV: Weitere Differenzialdiagnosen: Sind insbesondere:
→ 1) Hyperventilationssyndrom (in der BGA ist hierbei eine Hypokapnie nachweisbar).
→ 2) im Zuge einer Panikattacke.
→ 3) Vocal-Cord-Dysfunction: Diese führt anfallsartig zu einer in- uns exspiratorischen Atemnot, die spontan auftritt und zumeist nicht länger als 2-5 Minuten anhält. Diese Kehlkopfmotilitässtörung verursacht einen inspiratorischen Stridor und exspiratorisches Giemen, das ventral am Hals auskultierbar ist.
→ 4) Interstitielle Lungenerkrankungen, die eine schwere inspiratorische Belastungsdyspnoe hervorruft (Atemnot in Ruhe oder nachts fehlen jedoch).
→ 5) Weitere Erkrankungen: Wie Lungenembolie, etc.
→ Therapie: Ziel bei der Behandlung ist die Asthmakontrolle, sodass der Patient am Tag unter normaler körperlichen Belastung und in der Nacht beschwerde frei ist (die Lungenfunktionsanalyse ist normal, es kommt zu keiner Exazerbation).
→ I: Allgemeinmaßnahmen:
→ 1) Hyposensibilisierung als eine spezifische Immuntherapie, die insbesondere bei jungen Patienten mit kurzer Dauer der Asthmaerkrankung erwogen werden kann.
→ 2) Vermeiden der Triggermechanismen, Allergenkarenz, etc.
→ 3) Patientenschulung mit Erlernen der individuellen Triggermechanismen und dem Umgang mit der korrekten Peak-Flow-Messung.
→ 4) Krankengymnastische Atemtherapie (erlernen spezieller Atemtechniken),
→ 5) Nikotinentwöhnung, etc.
→ II: Medikamentöse Therapie: Sie beruht auf dem Wirkungsprinzip der Substanzen und umfasst:
→ 1) Reliever: (= Bedarfsmedikamente) Bei diesen Pharmaka tritt die Wirkung schnell ein und es handelt sich um schnell wirksame Brochodilatatoren wie ß2-Sympathomimetika oder Anticholinergika und
→ 2) Controller: (Dauermedikation) Hierbei handelt es sich Entzündungshemmer wie z.B. inhalative Kortikosteroide 100-200µg/Hub Beclomethason, 125-500µg/Hub Fluticason oder 200-400µg/Hub Budesonid. (Insbesondere bei Kindern wird im Rahmen der antiinflammatorischen Therapie initial und prophylaktisch Cromoglicinsäure empfohlen).
Sie erzielen charakteristischerweise bei hoher Stoffkonzentration in den Bronchien nur geringe systemische Konzentrationen. Der Wirkungseintritt erfolgt erst nach Tagen und erreicht das Optimum nach einigen Wochen. Diese Substanzen eignen sich nicht in der Akuttherapie. Zudem gibt es noch Kombinationspräparate aus einem lang-wirksamen inhalativen ß2-Sympathomimetikum und eine Kortikosteroid z.B. Formoterol + Budesonid oder Salmeterol + Fluticason. Weitere Substanzen sind Theophyllin und Leukotrinantagonisten sowie eine Anti-IgE-Therapie (Abb.: Wirkungsprofil der Antiasthmatika).
→ III: Medikamentöse Asthmakontrolle: Hierbei geht des darum, die medikamentöse Behandlung an das sehr variable Krankheitsbild anzupassen. Bei unzureichender Symptomkontrolle sollte die Therapie um eine Stufe erhöht werden (= step-up), bei guter Asthmakontrolle über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten kann die Therapie schrittweise auf eine niedrigere Therapiestufe verringert werden (= Step-down).
→ IV: Bei Hinweise auf ein bakterielles Infektasthma (z.B. eitriges Sputum) ist eine antibiotische Therapie mit z.B. Ampicillin bis zum Vorliegen des Antibiogramms (anschließend gezielte Antibiotika-Applikation) indiziert.
→ Prognose: Durch die Einführung der inhalativen Kortikosteroide und lang-wirksamen ß2-Sympathomimetika ist das Asthma bronchiale heutzutage gut beherrschbar und die Lebensqualität bei guter Compliance kaum eingeschränkt, sodass die Lebenserwartung normal ist.