→ Definition: Bei den ß-2-Sympathomimetika handelt es sich um eine Substanzgruppe, die an den Beta2-Rezeptoren insbesondere der Bronchien die Wirkung der Katecholamine imitiert. Da sie die am stärksten wirksamen Bronchodilatatoren sind, werden sie in der Behandlung des Asthma bronchiale und der COPD eingesetzt.
→ Klinisch relevant: Weitere Wirkungen sind:
→ A) Tokolyse (= Wehenhemmung),
→ B) Im geringen Maße besteht auch eine Stimulation der kardialen ß1-Rezeptoren.
→ Klassifikation: Nach ihrer Wirkdauer werden die (inhalativen) Beta2-Sympathomimetika unterteilt in:
→ I: Kurz-wirsame Substanzen: (= RABA: Rapidly-Acting-Beta2-Agonists) Sie haben eine Wirkdauer von ca. 4-8 Stunden. Hierzu zählen u.a. Fenoterol, Salbutamol, Terbutalin, Reproterol, etc.
→ II: Lang wirksame Substanzen: (= LABA: Long-Acting-Beta2-Agonists) Sie haben eine Wirkdauer von 12 Stunden und werden wegen ihrer längeren HWZ insbesondere bei Beschwerden in der Nacht eingesetzt; Vertreter sind u.a.: Formoterol (langsame Dissoziation vom Beta-Rezeptor), Salmeterol (langsame Dissoziation von den pulmonalen ß-Rezpetoren) und Indacaterol (lange Eliminationszeit), letzteres ist nur für die Therapie der COPD zugelassen.
→ Klinisch-relevant: Der Wirkungseintritt nach Inhalation ist bei den kurz wirksamen, sowie bei Formoterol und Indacaterol schnell. Bei Salmeterol tritt die Wirkung mit einer Latenz von 20-30min ein.
→ Wirkungsmechanismus:
→ I: Bronchospasmolyse: Die Wirkung erfolgt durch die ß2-Rezeptor-Aktivierung mit konsekutiver Erhöhung der intrazellulären cAMP-Konzentration, die wiederum eine Reduktion der Kalziumkonzentration induziert. Folge ist eine Relaxation der glatten Muskulatur des Bronchialsystems.
→ II: Aktivierung der mukozillären Clearance durch Steigerung der Flimmerepithel-Aktivität.
→ III: Zudem haben die ß2-Sympathomimetika eine antiphlogistische Wirkung durch Reduktion der Mediatorenfreisetzung aus Mastzellen und anderen Entzündungszellen.
→ Indikation:
→ I: Bronchodilatation zur Behandlung:
→ 1) Der COPD (Lungenemphysem): Inhalative ß2-Sympathomimetikum in Kombination mit einem Anticholinergikum und
→ 2) Des Asthma bronchiale mit einem inhalativen kurzwirksamen ß2-Sympathomimetikum zur Bedarfsmedikation ab Stufe 1 bzw. als langwirksames zur Dauermedikation ab Stufe 3.
→ II: Zur Tokolyse (Fenoterol i.v.) durch einen Uterus-hemmenden Effekt. Wichtige Indikationen sind u.a.:
→ 1) Vorzeitiges Einsetzten der Wehen mit drohender Frühgeburt.
→ 2) Blasensprung vor der 35. Schwangerschaftwoche. Es dient der Zeitgewinnung, um Glukokortikoide zur Bildung des Surfactant-Faktors zu substituieren, der die Fertigung von hyalinen Membranen in der Lunge verhindert.
→ 3) Ruhigstellung des Uterus z.B. bei Placenta praevia.
→ Dosierung:
→ I: Kurz-wirksame Substanzen: (RABA = Rapidly-Acting-Beta2-Agonists): Kurz-wirksame Agonisten werden insbesonsdere als Bedarfstherapeutikum in der Akuttherapie eingesetzt.
→ 1) Fenoterol (Berotec): p.i. 1-2 Hub (= 100-200µg); geburtshilflich als Dauerinfusion i.v.
→ 2) Salbutamol (Sultanol): 1-2 Hub (= 100-200µg); per os als Tropfen 2-4mg.
→ 3) Terbutalin (Brikanyl): 1 Hub (= 500µg); per os retard 7,5mg und s.c. 250-500µg.
→ II: Lang-wirksame ß-2-Sympathomimetika: (LABA = Long-Acting-Beta2-Agonists): Lang-wirksame Agonisten finden zur prophylaktischen Therapie obstruktiver Ventilationsstörungen Anwendung.
→ 1) Formoterol: (= Foradil) 1-2 Hub (= 12-24µg).
→ 2) Salmeterol: (= Serevent) 1-2 Hub (= 25-50µg).
→ 3) Indacaterol: 1-2 Hub (= 150-300µg).
→ Pharmakokinetik: Die bronchodilatatorische Wirkung der ß2-Adrenozeptor-Agonisten setzt nach wenigen Minuten nach inhalativer Applikation ein. Der wesentliche Unterschied zwischen den Pharmaka ist die Wirkdauer:
→ I: Bei Salbutamol, Fenoterol und Terbutalin beträgt sie 4-6 Stunden, währenddessen sie
→ II: Bei Formoterol, Salmeterol und Indacaterol bei bis zu 24-48 Stunden liegt. Die unterschiedliche Wirkungsdauer nach Inhalation beruht und korreliert ausschließlich auf der Lipophilie der Substanzen.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Feinschlägiger Tremor, Unruhe, Schlafstörungen, Muskelkrämpfe und Kopfschmerzen.
→ II: Kardiale Symptome: Palpitationen, Tachykardien aber auch weitere Herzrhythmusstörungen (z.B. supraventrikuläre Tachykardie, Vorhofflattern, ventrikuläre Extrasystolen, etc.), Blutdruck-Anstieg mit arterieller Hypertonie und Angina pectoris bei koronarer Herzkrankheit.
→ III: Weitere NW: Sind u.a.:
→ 1) Selten Hypokaliämie bei höherer Dosierung infolge einer Aktivierung der Na+/K+-ATPase mit konsekutiv vermehrter Aufnahme von Kalium in die Skelettmuskulatur.
→ 2) Hyperglykämie durch Steigerung der Glukoseproduktion (Glykogenolyse) in den Hepatozyten.
→ Kontraindikationen: Kontraindikationen bestehen nur bei systemische Applikationen und umfassen u.a.:
→ I: Kardiale Erkrankungen: Koronare Herzkrankheit, hypertrophe-obstruktive CM, tachykarde Rhythmusstörungen, WPW-Syndrom, Long-QT-Syndrom, aber auch die arterieller Hypertonie.
→ II: Endokrinologische Erkrankungen: Engwinkelglaukom, schwere Hyperthyreose (Morbus Basedow, SD-Autonomie), Phäochromozytom.
→ Wechselwirkungen:
→ I: Sie verstärken:
→ 1) Die arrhythmogene Wirkung der Muskarinrezeptor-Antagonisten, des Theophyllin, trizyklischer Antidepressiva, sowie weiterer Katecholamine.
→ 2) Steigerung der Kaliumausscheidung bei Kombinationstherapien mit Thiaziden, Schleifendiuretika und Glukokortikoiden.
→ II: Sie reduzieren: Die Wirkung der Antidiabetika mit konsekutiv verminderter Blutzuckersenkung.
→ III: Durch Gabe von ß-Rezeptor-Antagonisten kann die Wirkung der ß2-Sympathomimetika vermindert oder sogar aufgehoben werden.