Definition: Beim Long-QT-Syndrom handelt es sich um eine kardiale Kanalopathie mit Verlängerung der QT-Zeit im EKG. Es geht mit einem erhöhten Risiko für Synkopen und plötzlichem Herztod durch Kammerflattern/-flimmern einher.

Ätiologie:

→ I: Angeboren: Es sind > als 10 Mutationen bekannt, jedoch > 85% betreffen das:

→ 1) LQT-1: Diese Form macht ca 40% der Fälle aus; hierbei sind die langsam-repolarisierenden Kalium-Kanäle (spannungsabhängig) betroffen durch einen Defekt der Alpha-Untereinheit des Ionenkanals, infolge einer Mutation des KCNQ1-Gens. Auslöser für die Rhythmusstörung sind u.a. körperliche Belastungen wie Schwimmen, Laufen, aber auch das Springen ins kalte Wasser.

→ 2) LQT-2: Betrifft die schnell-repolarisierenden Kaliumkanäle, infolge einer Mutation des HERG-Gens und konsekutivem Defekt der Alpha-Untereinheit dieses Ionenkanals.

3) LQT-3: Hier besteht eine Mutation im SCN-5A-Gens mit einem Defekt in den spannungsabhängigen Natrium-Kanälen und einer Störung der Depolarisation (es kommt zur Überfunktion der Natriumkanäle; tritt in 6% der Fälle auf).

798 Differenzialdiagnostische Merkmale zwischen angeborenem und erworbenem LQT Syndrom

 

Klinisch-relevant: Das LQT-1-Syndrom lässt sich nochmals in 2 Subtypen unterteilen:

→ A) Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom: Wird autosomal-rezessiv vererbt mit Verlängerung der QT-Zeit und angeborener Innenohrschwerhörigkeit.

→ B) Romano-Ward-Syndrom: Ist die häufigere kongenitale Form und  wird autosomal-dominant vererbt; die Innenohrschwerhörigkeit fehlt.

 

II: Erworben: Hervorgerufen infolge einer medikamentösen Blockade des Kaliumstromes, durch

→ 1) Antiarrhythmika der Klasse I (Chinidin, Ajmalin, Lidocain oder Porpafenon) oder der Klasse III (Sotalol oder Amiodaron).

→ 2) Antidepressiva und Antipsychotika,

→ 3) Antimykotika: Ketoconazol, Fluconazol,

→ 4) Antihistaminika, etc.

797 Einige Substanzgruppen, die mit einer QT Verlängerung einhergehen können

 

Pathogenese: Diese Ionenkanalmutationen führen zu einer Veränderung entweder der Depolarisation (Natriumkanäle) oder der Repolarisation (Kaliumkanäle) und somit zu einer Verlängerung des Herz-Aktionspotenzials.

 

Klinisch-relevant: Bei Applikation von Medikamenten, die die QT-Zeit verlängern, immer:

→ A) EKG, und

→ B) Die Serumkaliumkonzentration überprüfen.

 

Klinik:

→ I: Charakteristische Beschwerden sind Palpitationen, Schwindel und Synkopen; Häufig weisen Kinder vor dem 12. Lebensjahr ein rhythmogenes Ereignis wie Torsades-de pointes -Tachykardie oder einen überlebten plötzlichen Herztod auf.

→ II: Die Symptome werden meist durch physischen oder psychischen Stress sowie durch Kälte ausgelöst.

 

Diagnose:

→ I: Anamnese: Familienanamnese mit plötzlichen Todesfällen.

→ II: Ruhe-EKG: Bestimmung des korrigierten QTc-Intervalls (QT-Intervall in ms/ die Wurzel aus RR-Abstandes = QTc). Von einem verlängertem Aktionspotenzial spricht man:

→ 1) Bei Männern: QTc-Intervall > 440ms.

→ 2) Bei Frauen: QTc-Intervall > 470ms.

Mögliche Entwicklung einer Torsades-de-Pointes-Tachykardie mit konsekutivem elektrokardiographischem Nachweis (EKG-Befund: Torsades-de-pointes Tachykardie).

796 Schwartz Score Diagnosekriterien für das erworbene Long QT Syndrom

 

Therapie:

→ I: Bei der angeborenen Form sollten Triggersituationen wie Kälte, Sport, aber auch auditive Stimuli wie Wecker etc. gemieden werden.

II: Medikamente, die zu einer Hypokaliämie bzw. einer Verlängerung der QT-Zeit führen, sind kontraindiziert.

→ III: Prophylaktische Implantation eines ICD, sowie die Gabe eines ß-Blockers.

IV: Bei der erworbenen Form ist ein sofortiges Absetzten des auslösenden Medikamentes obligat, besteht eine Hypokaliämie wird Kalium substituiert.