Definition: Die Natriumkanal-Blocker stellen eine heterogene Gruppe von Substanzen dar, deren Hauptvertreter u.a. Ajmalin, Chinidin, Flecainid, Lidokain, Prajmalin und Propafenon sind. Sie hemmen den schnellen Natriumeinstrom (durch direkte Blockade der spanungsabhängigen Na+-Kanäle) der Phase I des Aktionspotenzials im Arbeitsmyokard.

 

Klassifikation:

→ I: Nach dem Bindungsverhalten werden die Antiarrhythmika der Klasse I unterteilt in:

→ 1) Fast-Drugs: Sie lösen sich schnell wieder vom Na+-Kanal. Hierzu gehören Lidocain und Tocainid.

→ 2) Slow-Drugs: Sie lösen sich deutlich verzögert vom Na+-Kanal (alle anderen Antiarrhythmika).

II: Eine weitere Klassifikation der Antiarrhythmika der Gruppe I erfolgt nach Vaughan-Williams:

56 Klassifikation der Antiarrhythmika nach Vaughan Williams

1) Klasse Ia: Leitsubstanz ist das Alkaloid, Chinidin, das aus der Rinde des mittelamerikanischen Chinabaums gewonnen wird:

→ A) Hierzu gehören Chinidin und Ajmalin:

→ B) Vorhofwirkung +++;

→ C) Keine Wirkung auf den AV-Knoten;

→ D) Wirkung auf akzessorische Bahnen ++;

→ E) Ventrikelwirkung +++.

→ 2) Klasse Ib: 

→ A) Hauptvertreter sind Lidocain und Phenytoin.

→ B) Keine Wirkung auf das Atrium,

→ C) Keine Wirkung den AV-Knoten und auf die akzessorische Leistungsbahnen,

→ D) Ventrikelwirkung +++.

→ 3) Klasse Ic: 

→ A) Hierzu zählen Proprafenon und Flecainid.

→ B)  Vorhofwirkung ++.

→ C) Keine Wirkung auf den AV-Knoten.

→ D) Wirkung auf akzessorische Leitungsbahnen +++.

→ E) Ventrikelwirkung +++.

 

Wirkung: Die Blockade der Na+-Kanäle ruft folgende 4 Wirkungen hervor:

→ I: Verminderung der Leitungsgeschwindigkeit (Abb.: Wirkung der Antiarrhythmika auf das Aktionspotenzial des Herzens).

→ II: Verlängerung der Refraktärzeit.

→ III: Reduktion der Impulsbildung sowie die

→ IV: Reduktion der Autonomie der Schrittmacherzellen.

 

Klinisch-relevant: Folge sind EKG-Veränderungen:

A) Verlängerung der QRS-Dauer.

→ B) Verlängerung der PQ-Zeit.

 

V: Die Wirkung dieser heterogenen Gruppe ist potenzial- und frequenzabhängig.

→ 1) Potenzialabhängigkeit: Mit Abnahme (= Negativität) des Membranpotenzials reduziert sich gleichzeitig die Wirkung der Klasse-I-Antiarrhythmika. Diesbezüglich ist die Substanzwirkung bei Hypokaliämie abgeschwächt, während sie bei Hyperkaliämie verstärkt ist.

→ 2) Frequenzabhängigkeit: Je höher die Impulsfrequenz in den Herzmuskelzellen, umso effektiver die Na+-Blockade. So werden besonders früh einfallende Extrasystolen gut unterdrückt.

070 Wirkung der Antiarrhythmika auf das Aktionspotenzial

 

Indikation:

→ I: Vorhofflimmern: Zur medikamentösen Kardioversion werden insbesondere Propafenon und Flecainid eingesetzt.

→ II: AV-Reentrytachykardie: Hervorgerufen durch Präexzitationssyndrome infolge akzessorischer Leitungsbahnen wie beim WPW-Syndrom. Hierbei haben sich gerade Ajmalin und Prajmalin etabliert.

→ III: Ventrikuläre Tachykardien: Bei der Behandlung sind Lidocain und Ajmalin Mittel der 1. Wahl.

 

Nebenwirkungen:

→ I: Proarrhythmogene Wirkung: Studien belegen, dass Klasse-I-Antiarrhythmika bei Patienten nach Myokardinfakt aufgrund von ventrikulären Tachykardien, Kammerflimmern oder eines arrhythmiebedingten Herzstillstandes eine erhöhte Mortalität aufweisen.

→ II: Insbesondere Chinidin fördert durch Verlängerung des QT-Intervallls und der Aktionspotenzialdauer die Entwicklung einer Torsade-de-pointes-Tachykardie (EKG-Befund: Torsades-de-Pointes-Tachykardie).

→ III: Deutlicher RR-Abfall durch die negativ-inotrope Wirkung.

→ IV: Gastrointestinale Störungen: Dysphagie, Übelkeit, Erbrechen, evtl. Obstipation oder Diarrhoe.

→ V: Neurologische Störungen: Kopfschmerzen, Sehstörungen, Nystagmus, Tinnitus, Schwindel, aber auch delirante Zustände und Krämpfe.

 

Kontraindikationen: Die Klasse-I Antiarrhythmika sind insbesondere:

→ I: Nach Myokardinfakt,

→ II: Bei Herzinsuffizienz,

→ III: AV-Block II/III. Grades (EKG-Befund: AV-Block), aber auch

→ IV: Arterieller Hypotonie sowie

→ V: Atrialen und ventrikulären Erregungsleitungsstörungen kontraindiziert.

57 Metabolisierung der Naatriumkanal Blocker über das Cytochrom P450 System

 

  Wechselwirkungen:

→ I: Die Natriumkanal-Blocker werden vor allem über die Leber, insbesondere über das Cytochrom 450-System CYP 1A2, CYP 2D6 und CYP 3A4 metabolisiert.

→ II: Induktoren bzw. Hemmstoffe dieser CYP-Hämoproteine können den Plasmaspiegel und somit die Wirkung deutlich beeinflussen.

→ III: Klasse-I-Antiarrhythmika verstärken die kardiodepressive Wirkung von ß-Rezeptorbockern und Ca2+-Kanalblockern.