Definition: Bei der Torsades de pointes Tachykardie handelt es sich um eine nicht lang anhaltende Sonderform der polymorphen ventrikulären Tachykardie mit hoher Frequenz (150-300/min), die eine abnorme Verlängerung des frequenzkorrigierten QT-Intervalls aufweist (> 480ms). Sie sistiert zumeist spontan, kann aber auch in ein Kammerflimmern übergehen.

854 Elektrokardiographische Konstellation bei der Torsades de Pointes Tachykardie

 

Ätiologie: Häufigst Ursachen für die Genese einer Torsades-de-pointes-Tachykardie sind:

→ I: Primär aufgrund eines angeborenen Long-QT-Syndrom.

→ II: Erworben infolge von strukturellen Herzerkrankungen wie z.B. KHK, Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz, etc.

→ III: Iatrogen medikamentös induzierte QT-Verlängerung durch:

1) Antiarrhythmika wie Chinidin (z.B. Chinidin-Synkope), Ajmalin, Flecainid, Sotalol, Amiodaron, etc.

2) Trizyklische Antidepressiva, SSRI, Neuroleptika wie Haloperidol, Quetiapin, Risperidon (atypische Neuroleptika), Lithium sowie weitere dopaminerg und serotonerg wirkende Substanzen (z.B. Domperidon, etc.).

→ 3) Antiinfektiva wie Makrolide, Gyrasehemmer, Virustatika, Antimykotika, etc.

IV: Überdosierung, Intoxikation oder Kombination zweier repolarisationsverlängernden Medikamente (z.B. Sotalol und Maprotilin) oder Hemmung des Metabolismus z.B. durch Grapefruit (CYP 3A4).

→ V: Ein weiterer Triggermechanismus ist die Hypokaliämie bzw. Hypomagnesiämie.

→ VI: Seltene Ursachen: Sind u.a. Hypothyreose, Anorexia nervosa oder ein zerebraler Insult.

 

EKG-Veränderungen:

→ I: Typische Spitzenumkehr mit meist kurz anhaltenden hochfrequenten ventrikulären Tachykardien. Die Größe des Hauptvektors nimmt periodisch ab und zu (spindelförmig) gleichzeitig wechselt die Hauptausrichtung um die Isoelektrische herum.

→ II: Sie beginnt zumeist mit einem Long-Short-Phänomen, nämlich auf ein langes RR-Intervall folgt ein Normal- oder Ersatzschlag, danach wird die Torsade-Tachykardie durch eine in die T- oder U-Welle einfallende ventrikuläre Extrasystole ausgelöst.

853 Schematische Darstellung des Long Short Phänomens

→ III: Im Ruhe-EKG ist eine QT-Verlängerung von > 450ms (in 75% der Fälle sogar > 500ms) eruierbar.

→ IV: Weitere Charakteristika: Sind insbesondere:

→ 1) Langsamer EKG-Grundrhythmus, evtl. Sinusbradykardie, AV-Block insbesondere III Grades (EKG-Befund: AV-Blockoder sogar Ersatzrhythmus.

→ 2) Ausgeprägte U-Welle bis hin zu TU-Alternans.

852 EKG Charakteristika der Torsades de pointes Tachykardie

 

→ Therapie: Behandlungsziel ist die Beseitigung der auslösenden Ursache.

→ I: Symptomatisch:

→ 1) Magnesiumsulfat 2g als Bolusinjektion, gegebenenfalls mehrfach wiederholen oder aber auch als Dauerinfusion.

→ 2) Kaliumspiegel anheben.

→ 3) Falls erforderlich auch Kardioversion.

→ II: Ein bradykarde Herzrhythmussituation sollte vermieden werden, gegebenenfalls muss eine Kammerstimulation mit einer Frequenz > 80/min erfolgen.

→ III: Die konventionelle Therapie mit einem Antiarrhythmikum der Klasse I kann den Patienten gefährden und ist kontraindiziert.