→ Allgemein: Bei Lithium (bzw. Lithiumsalze) handelt es sich um ein Alkalimetall, das als gut wirksames Phasenprophylaktium zu nachfolgenden psychischen Störungen eingesetzt wird.

→ I: Behandlung der akuten Manie (zumeist in Kombination mit einem Neuroleptikum),

II: Rezidivprophylaxe manischer Episoden im Rahmen bipolarer Störungen,

→ III: Rezidivprophylaxe depressiver Episoden bei rezidivierenden depressiven Störungen,

→ IV: Akuttherapie und Rezidivprophylaxe schizoaffektiver Störungen eingesetzt werden kann. Zudem dient es zur

V: Augmentation: (= Wirkungsverstärkung) Hierbei verstärkt Lithium die Wirkung der Antidepressiva und Neuroleptika.

→ VI: Zudem weist Lithium einen eigenständigen antisuizidalen Effekt auf.

233 Indikation für stabilisierende Pharmaka

Wirkungsmechanismus: Ist noch nicht genau geklärt. Lithium, ein sehr kleines Kation, dringt über Na+-Kanäle in die Zelle ein. Folge ist eine intrazelluläre Akkumulation des Lithiums mit Reduktion der intrazellulären Kaliumkonzentration. Zudem moduliert es die Plastizität der Neurone durch Hemmung der Phosphatidylinositol- und Glykogensynthase-Kinase-3-Signalwege, sowie der cAMP.

 

Pharmakokinetik:

→ I: Lithium wird nach oraler Zufuhr im Darm vollständig resorbiert und erlangt nach 1-3 Stunden die maximale Serumkonzentration.

→ II: Die HWZ beträgt 24-(30) Stunden, sodass die Steady-State Situation erst nach ca. 1 Woche erreicht wird.

→ III: Lithium wird weder an Plasmaproteine gebunden, noch metabolisiert, sondern der Großteil unverändert über die Niere ausgeschieden.

→ IV: Lithium ist plazenta- und muttermilchgängig.

696 Pharmakokinetische Daten des Lithiums

 

Dosierung/Plasmaspiegel:

→ I: Die durchschnittliche Tagesdosis von Lithium beträgt ca. 400-900mg/d.

→ II: Der empfohlene Plasmaspiegel des Lithiums sollte bei der:

→ 1) Rezidivprophylaxe zwischen 0,6-0,8 mmol/l liegen. Es erfolgt eine einschleichende Aufdosierung.

→ 2) Behandlung der akuten Manie 0,9-1,2 mmol/l betragen. Initial ist die Gabe einer mittleren Tagesdosis indiziert.

697 Indikationen der Lithiumtherapie

 

→ Darreichungsform: Lithium steht als schnell resorbierbare Tablette und in Retardform zur Verfügung. Gerade bei der Retardform werden Lithiumspitzen vermieden, sodass mögliche Nebenwirkungen gering gehalten werden.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Im Zuge der Abnahme der glomerulären Filtrationsrate im Alter sind bei älteren Patienten geringere Tagesdosen zum Erreichen des therapeutischen Serumspiegels notwendig.

→ B) Lithium besitzt nur eine geringe therapeutische Breite (0,6-0,8mmol/l), sodass regelmäßige Kontrollen des Serumspielgs obligat sind.

 

Nebenwirkungen: Sind insbesondere:

→ I: Neurotoxische Symptome mit Schwindel, feinschlägiger Tremor (evtl. Behandlung mit Propranolol) und Ataxie.

→ II: Müdigkeit und kognitive Leistungsstörungen.

→ III: Euthyreote Struma durch Hemmung der Jodaufnahme (Gabe von L-Thyroxin), Hypothyreose, aber auch Hyperparathyreoidismus.

→ IV: Herzrhythmusstörungen wie Arrhythmien und QT-Verlängerungen.

→ V: Polyurie, Polydypsie (pharmakogen-induzierter, nephrogener Diabetes insipdus durch Hemmung der ADH-Wirkung im Sammelrohr; dies ist dosisabhängig und lässt sich durch Kalium-sparende Diuretika verbessern), später Nierenfunktionsstörungen bis hin zum akuten Nierenversagen.

VI: Gastrointestinale Störungen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe.

→ VII: Gewichtszunahme.

 

Klinisch-relevant: Da Lithium wie Natrium ein einwertiges Kation ist, konkurriert es mit diesem um die tubuläre Rückresorption, sodass die Eliminationsrate direkt von der Na+-Konzentration abhängig ist. Jeder Natrium-Verlust (infolge von Durchfällen, Hyperhidrosis, Fieber, natriumarme Diät, Morbus Addisonführt zu einer gesteigerten renalen Rückresorption von Lithium mit der Gefahr der Lithiumintoxikation

698 Wichtige Interaktionen und unerwünschte Wirkungen des Lithiums

 698 Wichtige Interaktionen und unerwünschte Wirkungen des Lithiums

→ II: Wechselwirkungen:

→ 1) Thiaziddiuretika/Schleifendiuretika: Intoxikationsgefahr durch verminderte renale Lithiumausscheidung, da die Diuretika über die von ihnen verursachte Hyponatriämie zu einer erhöhten tubulären Lithium-Rückresorption führen.

2) NSAR: (z.B. Diclofenac/Ibuprofen) Auch hier besteht eine Serumspiegel-Anstieg durch verminderte renale Ausscheidung.

→ 3) Tetrazykline: Erhöht den Lithiumspiegel.

→ 4) ACE-Hemmer: Vermindern die Lithium-Ausscheidung.

→ 5) Kalziumantagonisten: Vom Verapamil-/Diltiazem-Typ steigern die neurotoxische Wirkung des Lithiums.

6) Carbamazepin: Auch dies steigert die Neurotoxizität des Lithiums mit der erhöhter Gefahr von Verwirrheitszuständen.

 

Klinisch-relevant: Die Kombination von Lithium mit einem SSRI, SNRI aber auch mit dem serotonerg-wirkenden, trizyklischen Antidepressivum, Clomipramin, kann ein serotonerges Syndrom hervorrufen.

 

Kontraindikationen:

→ I: Schwere Nierenerkrankungen wie Niereninsuffizienz (GF< 30ml/min), Glomerulonephritiden.

→ II: Schwere Herz-Kreislauferkrankungen z.B. Herzinsuffizienz, akuter Myokardinfarkt.

→ III: Akute Wasser- und Elektrolytstörungen, insbesondere die Hyponatriämie bei Morbus Addison oder anderer Genese.

→ IV: Langzeittherapie mit Saluretika (HCT) mit konsekutiver Verschiebung der Na+- und K+-Konzentration.

→ V: Neurologische Erkrankungen: Wie die Myasthenia gravis und Epilepsie.

→ VI: Schwangerschaft im 1. Trimenon (mögliche teratogene Wirkung) und Stillzeit.

 

Richtlinien der Lithium-Therapie: Lithium besitzt eine geringe therapeutische Breite (therapeutischer Lithium-Spiegel 06-1,2mmol/l), weswegen der Serumspiegel in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden muss (die Blutentnahme sollte 11-13 Stunden nach der letzten Lithiumeinnahme efolgen):

→ I: Vor Therapiebeginn:

→ 1) Hierbei ist eine ausführliche Aufklärung des Patienten über:

→ A) Der Lithiumwirkungseintritt in der Akuttherapie der Manie erfolgt mit einer Latenz von 5-7 Tagen, bei der Rezidivprophylaxe kann bis zu 6 Monaten dauern. In dieser Zeit dürfen wiederkehrende Symptome nicht als Wirkungslosigkeit des Medikaments angesehen werden.

→ B) Mögliche Nebenwirkungen von großer Bedeutung.

→ 2) Kontrolluntersuchungen:

→ A) Anamnese/klinische Untersuchung: Wie Erfassung von Kontraindikationen, Messung des Halsumfangs, des Körpergewichts sowie Kontrolle von Puls, RR und EKG.

→ B) Labor: Bestimmung der Kreatininclearance, des Urinstatus, der Schilddrüsenparameter (TSH, fT3/fT4) und Elektrolyte sowie die Durchführung eines Schwangerschaftstests, da Lithiumsalze teratogen wirken (unter Lithiumtherapie wurden kardiovaskuläre Missbildungen wie die Ebstein-Anomalie beschrieben.

II: Während der Therapie:

→ 1) Bei der stabilisierenden Therapie (= Rezidivprophylaxe) ist eine  einschleichende Dosierung indiziert.

→ 2) Bezüglich der Akuttherapie einer manischen Episode ist unter klinischer Kontrolle die sofortige Gabe einer mittleren Tagesdosis obligat.

→ 3) Bei der täglichen Lithium-Applikation wird eine 2-malige Gabe morgens und abends empfohlen.

→ 4) Mit einer HWZ von 24 Stunden wird eine Steady-State-Situation (= Fließgleichgewicht zwischen Resorption und Elimination) nach 5-6 Tagen erreicht und erst anschließend ist die adäquate Bestimmung des Lithium-Serumspiegels möglich.

272 Wichtige Aspekte bei der Therapie mit Lithium

Klinisch-relevant:

→ A) Die Blutabnahme sollte 11-13 Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen.

→ B) Kontrollen des Lithium-Spiegels:

→ 1) Im 1. Monat wöchentlich,

→ 2) Im 1. Halbjahr monatlich,

→ 3) Danach alle 3 Monate.

→ C) Der therapeutische Lithium-Spiegel für die Akuttherapie liegt zwischen 0,8-1,2mmol/l, in der Rezidivprophylaxe zwischen 0,6-0,8mmol/l.

 

5) Weitere Kontrollen: Unter der Lithium-Therapie sind jährliche Kontrollen des Kreatininclearance und EKGs (siehe oben). unerlässlich.

III: Beendigung der Therapie: Die medikamentöse Therapiedauer ist abhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung. Allen gemeinsam sollte Lithium jedoch über Monate ausschleichend abgesetzt werden, um das Rezidivrisiko zu minimieren.