Definition:

→ I: Bei den Thiaziden handelt es sich um Low-ceiling-Diuretika in deren Gruppe u.a. das

1) Hydrochlorothiazid, aber auch die

→ 2) Thiazid-Analoga: Chlortalidon, Indapamid und Xipamid gehören.

→ II: Charakteristikum der Thiazide ist der Nachweis einer sauren Sulfonamid-Gruppe (= Sulfonamid-Derivate).

 

Wirkungsmechanismus:

→ I: Hauptwirkungsmechanismus der Thiazide ist die reversible Hemmung des Na+/Cl--Symporters im frühdistalen Tubulus mit konsekutiver Steigerung der Na+Cl--Ausscheidung. Im Vergleich zu den Schleifendiuretika ist die Diurese mit 10-15% der glomerulären Filtrationsrate nur mäßig. Bei eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 30ml/min) sinkt die Wirkung der Thiazide deutlich.

065 Wirkmechanismus der Thiazide

 

Klinisch-relevant: Xipamid nimmt eine Sonderstellung ein, da die Wirkung unabhängig von der Nierenfunktion ist und somit bei eingeschränkter GFR im Rahmen z.B. einer Niereninsuffizienz eingesetzt werden kann. Die Substanz hat somit keinen Einfluss auf die glomeruläre Filtrationsrate und die Nierendurchblutung.

 

II: Weitere Wirkungen: Der Thiazide sind insbesondere:

→ 1) Anstieg der renalen K+/H+-Ausscheidung infolge der gehemmten Na+-Resorption (Na+/K+-Symporter im distalen Tubulus). Eine Kombination mit einem kaliumsparenden Diuretikum (weitere kaliumsparende Diuretika sind die Aldosteron-Rezeptor-Antagonistenkann empfohlen werden.

→ 2) Hemmung der renalen Kalziumausscheidung. Ursache ist die Abnahme der Na+-Konzentration im frühdistalen Tubulus.

3) Blutdruck-senkende Wirkung: Wird zum einen durch die vermehrte Na+-Ausscheidung erreicht zum anderen weisen die Thiazide einen direkten dilatativen Effekt durch Relaxation der Widerstandsgefäße auf. Ursache ist die Öffnung der Ca2+-aktivierten Kv-Kanäle in der glatten Gefäßmuskulatur.

4) Anstieg der renalen HCO3--Ausscheidung durch Hemmung der Carboanhydrase insbesondere bei hoher Thiazid-Dosierung. 

 

→ Indikation: Wichtige Indikationen sind vor allem:

→ I: Arterielle Hypertonie (sie gehören zur den Antihypertensiva der 1. Wahl), 

→ II: Chronische Herzinsuffizienz, 

→ III: Kardial, renal und hepatisch induzierte Ödeme (häufig mit Schleifendiuretika kombiniert).

→ IV: Sekundärprophylaxe nach Ca2+-haltigen Harnsteinen durch Reduktion der Kalzium-Ausscheidung bei vermehrter Diurese.

→ V: Nephrogener Diabetes insipidus: Der Wirkungsmechanismus ist noch nicht genau bekannt; angenommen wird, dass durch Abnahme der glomerulären Filtrationsrate die Polyurie gedrosselt wird. 

Pharmakokinetik:

→ I: Nach oraler Applikation tritt die Wirkung der Thiazide nach ca. 2 Stunden ein und ist im Vergleich zu den Schleifendiuretika langsam und protrahiert.

→ II: Die Substanzen werden als Säuren im proximalen Tubulus sezerniert und liegen somit am Wirkort in deutlich höherer Konzentration als im Plasma vor.

→ III: Sowohl die Wirkdauer (bei Hydrochlorothiazid 12 Stunden, bei Chlortalidon bis zu 48-72 Stunden) als auch die renale Elimination der verschiedenen Thiaziddiuretika ist sehr unterschiedlich.

50 Pharmakokinetische Daten der Thiaziddiuretika

 

  Nebenwirkungen: Sie entsprechen im Wesentlichen denen der Schleifendiuretika und umfassen u.a.:

I: Kaliumverlust bis hin zu vital-bedrohlichen Hypokaliämien.

→ II: Kalziumretention bis hin zur Hyperkalzämie,

→ III: Hypomagnesiämie und Hypochlorämie.

→ IV: Stoffwechselstörungen mit

1) Hyperurikämie: Ursache ist eine vermehrte Volumenausscheidung mit konsekutiver Erhöhung der Harnsäurekonzentration. Zudem konkurrieren einige Diuretika um den tubulären Säuresekretionsmechanismus.

→ 2) Störungen des Lipdstoffwechsels mit Erhöhung von LDL und Triglyzeriden.

3) Verminderte Glukosetoleranz: (= Hyperglykämieneigung) Sie erfolgt durch die Öffnung der Ca2+-aktivierten Kv-Kanäle u.a. in den B-Zellen der Langerhans-Inseln. Folge ist die Hemmung der Insulinfreisetzung.

→ V: Weitere Nebenwirkung: Sind u.a. immunallergische Reaktionen, erektile Dysfunktion sowie Pankreatitiden und interstitielle Nephritiden (Tbl.: Diuretikaresistenz).

145 Benzothiadiazine und Analoga

 

Kontraindikationen: Sind vor allem:

→ I: Überempfindlichkeiten gegenüber Sulfonamiden.

→ II: Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie, Hyponatriämie, Hyperkalzämie, aber auch Hypovolämie.

III: Nierenfunktionsstörungen mit Oligo- und Anurie.

→ IV: Weitere Kontraindikationen: Sind schwere Leberfunktionsstörungen bis hin zum hepatische Koma, aber auch Schwangerschaft und Stillzeit. Eine relative Kontraindikation stellt die Gicht dar.

 

→ Klinisch-relevant: Tiaziddiuretika sind bei stark eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 30ml/min oder Serumkreatinin > 2,0mg/dl) kontraindiziert, da sie diuretisch unwirksam sind, die Nierendurchblutung reduzieren und nicht zuletzt die GFR weiter senken. 

 

Wechselwirkungen:

→ I: Thiazide potenzieren die Wirkung von Antihypertensiva wie Beta-BlockerACE-Hemmer, Nitrate und Vasodilatatoren etc.

II: Verstärkte Wirkung der Herzglykoside aufgrund des Kalium- und Magnesiumverlustes.

→ III: Thiazide vermindern die renale Eliminiation von Cyclophosphamid, Methotrexat sowie Lithium (mit Gefahr der Lithiumintoxikation).

→ IV: In Kombination mit oralen Antidiabetika und harnsäuresenkenden Pharmaka (z.B. Allopurinol, etc.) kommt es zur Wirkungsabschwächung dieser.

→ V: Die Wirkung oraler Antidiabetika und harnsäuresenkender Pharmaka wird deutlich abgeschwächt.

→ VI: Thiazide erhöhen in Kombination mit Glukokortikoiden und Laxanzien das Hypokaliämie-Risiko.

→ VII: In Kombination mit QT-verlängernden Antiarrhythmika, insbesondere Sotalol und Chinidin, erhöhen Thiazide durch den Kaliumverlust die Entwicklung der lebensbedrohlichen Torsades-de-pointes Tachykardien