Definition: Bei den Urikostatika (= Xanthinoxidase-Hemmstoffe) handelt es sich pharmakologische Substanzen, die die Bildung von Harnsäure aus Xanthin hemmen. Hauptvertreter der Urikostatika sind insbesondere:

→ I: Allopurinol: Stellt ein Isomer (= Strukturanaloga) des Hypoxanthins und hemmt kompetitiv die Xanthinoxidase und damit die Bildung von Xanthin und Harnsäure. Darüber hinaus hemmt Allopurinol die De-Novo-Synthese der Purinbase aus PRPP (= 5-Phosphoribosyl-1-Pyrophosphat).

→ II: Febuxostat: Ist ein weiterer (neuer) Xanthinoxidasehemmer, bei dem es sich nicht um ein Purinderivat handelt. Febuxostat hemmt die Xanthinoxidase selektiv und führt hierüber zu einem vermehrten Anfall von Hypoxanthin und Xanthin, die wasserlöslicher sind und im Vergleich zur Harnsäure deutlich besser renal eliminiert werden können.

 

Wirkungsmechanismus:

→ I: Allopurinol:

→ 1) Allopurinol ist eine kompetitiver Antagonist der Xanthinoxidase (und konsekutiv die Harnsäuresynthese).

2) Für die Hauptwirkung ist der aktive Metabolit Oxipurinol verantwortlich (nicht kompetitiv v.a. in hoher Dosierung).

→ 3) Allopurinol bzw. sein aktiver Metabolit blockiert nicht nur den Reaktionsschritt Hypoxanthin zu Xanthin, sondern auch die Folgereaktion, da die Xanthinoxidase beide Reaktionen katalysiert.

113 Wirkungsmechanismus des Allopurinols

→ 4) Weitere hemmende Wirkungen des Allopurinols sind die Hemmung der Ribosyltransferasen sowie der vermehrte Verbrauch von Phosphoribosyl-1- Pyrophosphat durch Bildung bzw. Bindung zu einem falschen Nukleotid.

→ II: Febuxostat: Ist kein Substrat (= Purinderivat), hemmt als kompetitiver Antagonist auch die Xanthinoxidase und bewirkt die Senkung des Serum-Harnsäurespiegels.

 

→ Wirkung: Die Behandlung mit den Urikostatika führt durch Senkung des Serumharnsäurespiegels zu:

I: Auflösung bzw. Reduktion der Tophi und

→ II: Präventiv vor einer Gichtarthritis sowie Uratsteinen in den ableitenden Harnwegen.

115 Wirkung des Allopurinols

 

→ Indikationen: Die Urikostatika sind (neben den Urikosurika) wichtige Medikamente in der Behandlung der Hyperurikämie. Unter adäquater Therapie sollte sich der Harnsäurespiegel nach 1-3 Wochen normalisieren: 

→ I: Allopurinol ist das Mittel der ersten Wahl in der Behandlung der Hyperurikämie jeglicher Genese.

→ II: Prophylaxe einer Hyperurikämie bei Tumoren- bzw. Zytostatikatherapie, die z.T mit einem massiven Zellverfall einhergehen.

→ III: Weitere Indikationen: Sind insbesondere:

→ 1) Gichtnephropathie und

→ 2) Uratsteine.

→ IV: Bei Unverträglichkeit oder unzureichender Wirkung kann alternativ Febuxostat appliziert werden (Abb.: Therapie der Gicht).

 

→ Klinisch-relevant: Die Hemmung der Xanthinoxidase durch Urikostatika verhindert den Abbau einiger Zytostatika wie z.B. 6-Mercaptopurin, Azathioprin, etc.; dies führt zu einer Kumulation und verstärkten Wirkung der Substanzen mit der Gefahr der Entwicklung einer Knochenmarksapalsie. Deshalb sollten Urikostatika und Zytostatika nicht kombiniert werden bzw. bei Kombination einer Dosisreduktion des Zystostatikums um 75% erfolgen.

135 Wichtige Anwendungshinweise der Urikostatika

 

Pharmakokinetik: Allopurinol und Febuxostat werden nach orale Applikation gut resorbiert und weisen mit 70-90% eine gute Bioverfügbarkeit auf.

I: Allopurinol:

→ 1) Wird zu 10-30% unverändert über die Nieren ausgeschieden. Der Großteil jedoch wird präsystemisch in Dünndarm und Leber in seinen aktiven Metaboliten Oxipurinol oxidiert und anschließend renal eliminiert. Um einer Intoxikation vorzubeugen, ist bei Nierenfunktionsstörung die Dosisanpassung obligat.

→ 2) Obwohl die Halbwertszeit von Allopurinol nur 1-2 Stunden beträgt, muss das Pharmakon nur einmal am Tag substituiert werden, da der aktive Metabolit mit 18-30 Stunden eine deutlich längere HWZ aufweist.

→ II: Febuxostat: Es besitzt eine Halbwertszeit von 5-8 Stunden, wird über die UDP-Glucuronyltransferase und das Cytochrom-P-450-System (CYP 1A2, CYP 2C6 und CYP 2C7) metabolisiert und anschließend hepatisch sowie renal eliminiert.

114 Pharmakokinetik der Urikostatika

 

Nebenwirkungen: Wichtige und z.T. schwerwiegende Nebenwirkung unter der Therapie der Urikostatika sind insbesondere:

→ I: Hypersensitivitätsreaktionen mit allergischem Fieber, Pruritus und Dermatitis, die vor allem zu Therapiebeginn, bei Allopurinol aber auch noch Monate bis Jahre danach auftreten können.

→ II: Gastrointestinal: GIT-Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö.

III: Selten manifestiert sich eine generalisierte allergische Vakulitis.

→ IV: Vor allem bei Allopurinol kann es in Einzelfällen zum Auftreten des Steven-Johnson-Syndroms oder einer toxisch epidermalen Nekrolyse kommen.

 

Klinisch-relevant: Zu Beginn einer Allopurinol-Behandlung kann es zum akuten Gichtanfall kommen. Ursache hierfür ist die Mobilisation von Harnsäure aus den Geweben sowie die Hemmung der Sekretion. So ist insbesondere zu Beginn einer Behandlung mit Allopurinol auf eine ausreichende Diurese zu achten oder prophylaktisch Cholchicin zu verabreichen.

 

Kontraindikationen: Da sowohl Allopurinol als auch Febuxostat gut verträglich und untoxische Medikamente sind, existieren auch keine absoluten Kontraindikationen, sondern nur relative wie:

→ I: Strenge Indikationsstellung bei Niereninsuffizienz mit Dosisreduktion.

→ II: Schwangerschaft und Stillzeit (teratogene sowie embryotoxische Wirkungen sind bei beiden Substanzen nicht bekannt).

 

Wechselwirkungen:

→ I: Allopurinol verzögert (hemmt) die Metabolisierung bzw. Inaktivierung der Purinderivate Azathioprin und Mercaptopurin. Bei gleichzeitiger Gabe muss die Dosis der beiden Zytostatika um 50-75% reduziert werden.

→ II: Die Wirkung von Phenprocoumon (z.B. Macumar) oder Salizylaten wird durch Allopurinol verstärkt.

→ III: Probenecid, Benzpromaron sowie die Thiaziddiuretika reduzieren die Allopurinolwirkung.

→ IV: Auch wird der Theophyllin-Effekt durch die Hemmung der Xanthinoxidase verstärkt.

→ V: Eine additive Knochenmarkstoxizität sowie vermehrte Blutbildveränderungen zeigt sich bei Kombination mit Zytostatika.