Definition: 

→ I: Beim zentralen Serotonin-Syndrom handelt es sich um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das als Neben- bzw. Wechselwirkung serotonerg wirkender Substanzen meist innerhalb von 24 Stunden ausgelöst werden kann.

→ II: Ein weitere Ursache ist die akzidentielle oder suizidale Genese (Suizidalität).

→ III: Zu den serotonerg wirkenden Pharmaka gehören u.a.:

→ 1) Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (= SSRI) wie Citalopram, Fluoxetin und Paroxetin.

→ 2) Trizyklische Antidepressiva wie Clomipramin,

→ 3) MAO-Hemmer;

4) Venlafaxin (= SSNRI),

→ 5) Migränemittel vom Tryptantyp wie z.B. Sumatriptan,

→ 6) Tryptophane, aber auch Johanniskraut, 

→ 7) Amphetamine, Kokain und LSD,  

→ 8) Opiate vom Piperidin-Typ wie Tramadol, Fentanyl und Methadon sowie 

→ 9) Lithium.

 

  Ätiologie: Ursache ist eine serotonerge Hyperaktivität aufgrund:

I: Einer kontraindizierten Kombinationstherapie mit SSRI + MAO-Hemmer.

II: Einer Überdosierung mit serotonerg wirkenden Medikamenten.

III: Patienten mit einem Poor-Metabolizer -Status.

IV: Die charakteristischen Symptome treten zumeist innerhalb der ersten 24 Stunden nach Applikation auf.

 

Klinik: Die charakteristische Symptomtrias des zentralen serotonergen Syndrom beinhaltet:

I: Fieber bis 40°C und Schüttelfrost.

→ II: Neuromuskuläre Symptome: Mit Parästhesien, Tremor, Rigor, generalisierter Hyperreflexie, Myoklonien und zerebralen Krampfanfälle, 

III: Psychischen Auffälligkeiten: Wie Desorientiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen sowie Aufmerksamkeits- und Bewusstseinsstörungen, evtl. aber auch Veränderungen des Affektes wie z.B. Agitiertheit, Erregungszustände, etc.

IV: Gastrointestinale Störungen: Mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe.

V: Flush-Symptomatik: Rötung von Gesicht, Hals und Thorax, innerer Unruhe, Missempfindungen der Haut, Schwitzen, arterielle Dysregulation (meist arterielle Hypertonie) und Tachykardie (aufgrund einer Vasodilatation).

578 Differenzialdiagnose anticholinerges Syndrom   serotonerges Syndrom

 

Komplikationen: Wichtige und zum Teil schwerwiegende Komplikationen des serotonergen Syndrom sind insbesondere

I: Epileptische Krampfanfälle,

II: Herzrhythmusstörungen,

→ III: Disseminierte intravasale Koagulopathie sowie

IV: Koma und Multiorganversagen.

 

→ Differenzialdiagnose: Wichtige vom serotonergen Syndrom abzugrenzende Differenzialdiagnosen sind u.a:

→ I: Malignes neuroleptisches Syndrom,

577 Differenzialdiagnose zwischen dem malignen neuroleptischen Syndrom und dem Serotonin Syndrom

 II: Anticholinerges Syndrom.

→ III: Maligne Hyperthermie: Verursacht durch eine autosomal-dominant vererbte Muskelsensitivität für einige Anästhetika.Tritt v.a. peri- oder postoperativ auf.

 IV: Akinetische Krise: Beim Morbus Parkinson durch abruptes akzidentielles Absetzten dopaminerger Substanzen.  

→ V: Infektionen des ZNS: (z.B. bakterielle Meningitis, Mollaret-Syndrom, tuberkulöse -Enzephalitis,) Charakteristische neurologische Symptome wie Meningismus. Zumeist ist die Lumbalpunktion auffällig.

 

Therapie:

→ I: Sofortiges Absetzten des auslösenden Medikamentes (hilft in 90% der Fälle).

→ II: Intensivmedizinische Überwachung der Vitalparameter (Puls, RR, Temperatur)

III: Evtl. Volumensubstitution, Kühlung und Sedierung (z.B. Lorazepam 4x1mg/d).

→ IV: Dantrolen: Wirkt direkt muskelrelaxierend und wird insbesondere bei starken Muskelkontraktionen mit konsekutiver Hyperthermie eingesetzt (Tagesdosierung beim Erwachenen 2,5mg/kgKG); so u.a. bei maligner Hyperthermie, Serotonin-Syndrom, malignem neuroleptischem Syndrom und nicht zuletzt bei der perniziösen Katatonie

→ V: Bei Persistenz der Symptomatik (sehr selten), Applikation von initial 4-8mg Cyproheptadin (Peritol: Es handelt sich um einen Serotonin-/Histamin-Antagonisten) per os bis max 0,5mg/kgKG in 24 Stunden.