→ Allgemein: Die mitochondriale Monoaminooxidase spielt insbesondere beim Abbau von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin eine wichtige Rolle. Die MAO-Inhibitoren gehören zu den klassischen Antidepressiva. Bei der Monoaminoxidase unterscheidet man 2 Isoenzyme:
→ I: MAO-A: (Kommt in noradrenergen und serotonergen Nervenendigungen vor) Hauptsubstrate sind Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin.
→ II: MAO-B: (Kommt in dopaminausschüttenden Nerven vor) Hauptsubstrate sind Phenyethylamin, Benzylamin, Tyramin, Dopamin.
→ Wirkmechanismus: Sie blockieren die oxidative Desaminierung (Abbau) von Noradrenalin, Serotonin und Dopamin durch Hemmung der Monoaminooxidase; sukzessiv erhöhen sie die zerebrale Monoamin-Konzentration (insbesondere Noradrenalin und Serotonin) im synaptischen Spalt und haben zusätzlich einen indirekten sympathomimetischen Effekt.
→ Pharmakokinetik:
→ I: Moclobemid wird nach oraler Applikation schnell resorbiert und erreicht nach 0,5-2 Stunden sein Konzentrationsmaximum; die Eliminations-HWZ beträgt 2 Stunden.
→ II: Generell werden MAO-Hemmer hepatisch rasch und umfangreich metabolisiert; nur ein kleiner Anteil wird unverändert über die Niere ausgeschieden.
→ Klassifikation: Man unterscheidet hierbei 2 Präparate:
→ I: Moclobemid: Reversibler und selektiver MAO-A-Inhibitor. Die Wirkung ist nach 12-24 Stunden abgeklungen. Aurorix wirkt stark antriebssteigernd und weist keinen anticholinergen und sedierenden Effekt auf. Aufgrund der besseren Verträglichkeit ist es dem Tranylcypromin immer vorzuziehen.
→ II: Tranylcypromin: Dies ist ein irreversibler, nicht-selektiver MAO-A/B-Inhibitor. Die Wirkung ist erst nach 7-10 Tagen abgeklungen durch Neusynthese der Monoaminooxidase. Aufgrund der umfangreichen Neben- und Wechselwirkungen hat Tranylcypromin wenige therapeutische Indikationen (z.B. therapieresistente Depression).
→ Wirkung: Die Monoaminooxidase-Inhibitoren wirken:
→ I: Sehr stark antriebssteigernd.
→ II: Antidepressiv und
→ III: Psychomotorisch erregend (insbesondere die antriebsteigernde und psychomotorisch erregende Effekte sind bei Tranylcypromin, ein Phenylethylamin Analoga, wesentlich stärker, da es ein Substrat des Noradrenalintransporters ist).
→ Indikation:
→ I: Gehemmte, antriebsarme, therapieresistente Depression.
→ II: Atypische Depression mit Hypersomnie, Gewichtszunahme und Angstsymptomen.
→ III: Angststörungen und soziale Phobien.
→ IV: Weitere psychische Störungen: Wie u.a.
→ 1) Zwangsstörungen,
→ 2) Posttraumatische Belastungsstörungen sowie
→ 3) Die Bulimie.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Tranylycypromin: Hier findet man häufig innere Unruhe, Tremor, Agitiertheit bis hin zu Verwirrtheitszuständen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, orthostatische Dysregulation gerade zu Therapiebeginn. Aufgrund der massiven Nebenwirkungen stellt die Substanz immer nur eine Reservermittel bei der Behandlung der schweren therapieresistenten Depression dar.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Bei gleichzeitigem Genuss tyraminhaltiger Nahrungsmittel wie Rotwein, reifer Käse, Salzheringe, Bitterschockolade können sich hypertensive Krisen und Tachykardien mit der Gefahr der Entwicklung von zerebralen Blutungen manifestieren; infolgedessen sollte eine tyraminarme Diät erfolgen. Ursache ist der fehlende Abbau des sympathomimetisch-wirkenden Tyramins durch die MAO in Darm und Leber.
→B) Es besteht unter MAO-Inhibitoren ein erhöhtes Suizid-Risiko zu Beginn der Therapie, da die antriebssteigernde - vor der stimmungsaufhellenden Wirkung einsetzt.
→ C) Eine kombinierte Therapie mit serotonergen Substanzen wie SSRI oder Clomipramin kann zur Ausbildung eines Serotonin-Syndroms führen.
→ II: Moclobemid: Weist geringere Nebenwirkungen auf. Man findet charakteristischerweise innere Unruhe und Übelkeit. Typische tyraminarme Diäten sind hierbei nicht indiziert. Jedoch auch bei Moclobemid besteht bei gleichzeitger Einnahme von proserotonergen Substanzen die Gefahr der Entwicklung eines serotonerges Syndrom.
→ III: Weitere Nebenwirkungen: Die sowohl bei Tranylcypromin als auch bei Moclobemid auftreten können sind v.a. Mundtrockenheit, Schlafstörungen, Reizbarkeit, psychomotorische Erregung, Schwindel, Übelkeit und allergische Hautreaktionen.
→ Klinik-relevant: Nach einer Therapie mit einem irreversiblen MAO-Hemmer und einer Umstellung auf eine proserotonerge Substanz (SSRI, Clomipramin) sollte immer ein therapiefreies Intervall von 2 Wochen (Wirkdauer von Tranylcypromin) eingehalten werden, um die Gefahr für die Entwicklung eines serotonergen Syndroms zu minimieren.
→ Kontraindikationen: Für die MAO-Hemmer sind insbesondere:
→ I: Suizidalität,
→ II: Ängstliche agitierte Depression,
→ III: Erhöhte Krampfbereitschaft,
→ IV: Leber- und Nierenschädigung.
→ V: Kontraindikationen ausschließlich für Tranylcypromin umfassen schwere Herz-Kreislauferkrankungen, Intoxikation mit zentral-dämpfenden Substanzen und die Alkoholintoxikation, Erkrankungen des Gehirns, Diabetes insipidus, gleichzeitige Einnahme von Sympathomimetika, Buspiron, Reserpin, etc.
→ VI: Die Kombination eines MAO-Hemmer mit SSRI, dem trizyklischen Antidepressivum, Clomipramin, aber auch mit einem SSNRI, wie Venlafaxin, ist wegen der Gefahr des serotonergen Syndroms kontraindiziert.
→ VII: Weitere Kontraindikationen: Sind u.a.:
→ 1) Verwirrtheitszustände und akutes Delir,
→ 2) Phäochromozytom, Karzinoid und Thyreotoxikose.
→ 3) Gefäßmissbildungen und erhöhtes Blutungsrisiko.
→ 4) Jugendliche unter dem 18. Lebensjahr.
→ Wechselwirkungen:
→ I: Bei gleichzeitiger Einnahme eines MAO-Inhibitors mit Opiaten, sedierenden Pharmaka oder aber auch Alkohol wird die Wirkung dieser deutlich gesteigert.
→ II: Es kommt zu Kumulation und konsekutiver Plasmaspiegel-Erhöhung von Moclobemid bei Kombination mit Cimetidin.