→ Definition: Bei Reserpin handelt es sich um ein Alkaloid aus der südasiatischen Pflanze Rauwolfia serpentia. Es zählt neben den Alpha2-Rezeptor-Agonisten zu den Antisympathotonika und gilt als Reservemittel in der Behandlung der arteriellen Hypertonie.
→ Wirkungsmechanismus:
→ I: Reserpin ist eine sehr lipophile Substanz und weist aufgrund ihrer extrem hohen Affinität eine (selektive) irreversible Bindung an den VMAT-2 mit konsekutiver Blockade der Transportfunktion noradrenalinspeichernder Vesikel auf.
→ II: Folge ist die Hemmung der Wiederaufnahme (Speicherung) von Noradrenalin, Dopamin (und Serotonin) in die Granula sowie der vermehrte Abbau der Neurotransmitter durch die Monoaminooxidase und Catechol-O-Methyltransferase.
→ III: Zudem zeigt sich eine verminderte Neusynthese von Noradrenalin (da auch Dopamin fehlt).
→ Wirkung: Die charakteristische Wirkung von Reserpin ist lang anhaltend und wird nur durch Neusynthese der Speichervesikel beendet.
→ I: Kardial:
→ 1) Antisympathikotone Wirkung mit Abnahme des peripheren Widerstand und Herzzeitvolumens mit konsekutivem Blutdruckabfall.
→ 2) Bradykardie.
→ II: Durch Abnahme des Dopamins antipsychotische -, aber auch parkinsonoide Wirkung.
→ III: GIT: Aufgrund des erhöhten Vagtonus wird die gastrointestinalen Motilität gesteigert. Es zeigen sich klinische Symptome wie Diarrhö und vermehrter HCl-Produktion.
→ IV: Müdigkeit und Sedation, etc.
→ Indikation: Reserpin gilt als Reservetherapeutikum in der Behandlung der arteriellen Hypertonie in Kombination mit weiteren Antihypertensiva (z.B. Beta-Blockern, Calciumantagonisten, ACE-Hemmern), hat jedoch aufgrund der unerwünschten Wirkungen an therapeutischer Bedeutung deutlich verloren.
→ Pharmakokinetik:
→ I: Nach oraler Applikation wird Reserpin gut resorbiert (Bioverfügbarkeit 50%) und hat nach einer verzögerten Wirkungslatenz eine lange Wirkungsdauer (Halbwertszeit 5-50 Stunden), sodass die Gefahr der Kumulation besteht.
→ II: Freies ungebundenes Reserpin wird schnell eliminiert.
→ III: Reserpin kann gut die Blut-Hirn-Schranke überwinden.
→ Nebenwirkungen: Es wird bei den unerwünschten Wirkungen der Reserpin-Therapie 2 Typen unterschieden:
→ I: Kardial:
→ 1) Mit Bradykardie, orthostatische Dysregulation (orthostatische Hypotonie) und Flush.
→ 2) Insbesondere bei hoher Dosierung und parenteraler Applikation kann es initial zu einer Erhöhung des Sympathikotonus mit Blutdruckanstieg kommen.
→ II: Zentral:
→ 1) Massive Sedation und Entwicklung einer Depression mit deutlich erhöhter Suizid-Gefahr.
→ 2) Gastrointestinale Störungen mit Diarrhö, aber auch erhöhtem Risiko für die Entstehung eines Ulcus ventriculi bzw. Ulcus duodeni.
→ 3) Gynäkomastie und Spontanlaktation durch vermehrte Prolaktinausschüttung.
→ Kontraindikation: Wichtige Kontraindikationen für die Applikation von Reserpin sind insbesondere:
→ I: Depression auch in der Eigenanamnese,
→ II: Kombination mit MAO-Hemmern.
→ III: Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni.
→ IV: Neurologisch: Vor allem die neurologische Erkrankungen:
→ 1) Morbus Parkinson und
→ 2) Die Epilepsie.
→ Interaktionen:
→ I: Eine Kombination mit Digitalis ruft eine deutliche Bradykardie hervor.
→ II: Bei gleichzeitiger Anwendung von Alkohol, Hypnotika, Psychopharmaka kommt es zu Verstärkung der zentral dämpfenden Reserpin-Wirkung.
→ III: Reserpin verstärkt massiv die kardiodepressiven Effekt des Antiarrhythmikums der Klasse I, Chinidin.