Definition: Bei Reserpin handelt es sich um ein Alkaloid aus der südasiatischen Pflanze Rauwolfia serpentia. Es zählt neben den Alpha2-Rezeptor-Agonisten zu den Antisympathotonika und gilt als Reservemittel in der Behandlung der arteriellen Hypertonie.

 

Wirkungsmechanismus:

→ I: Reserpin ist eine sehr lipophile Substanz und weist aufgrund ihrer extrem hohen Affinität eine (selektive) irreversible Bindung an den VMAT-2 mit konsekutiver Blockade der Transportfunktion noradrenalinspeichernder Vesikel auf.

II: Folge ist die Hemmung der Wiederaufnahme (Speicherung) von Noradrenalin, Dopamin (und Serotonin) in die Granula sowie der vermehrte Abbau der Neurotransmitter durch die Monoaminooxidase und Catechol-O-Methyltransferase.

→ III: Zudem zeigt sich eine verminderte Neusynthese von Noradrenalin (da auch Dopamin fehlt).

107 Schematische Darstellung des WIrkungsmechanismus der Antisympathotonika

 

Wirkung: Die charakteristische Wirkung von Reserpin ist lang anhaltend und wird nur durch Neusynthese der Speichervesikel beendet.

→ I: Kardial:

1) Antisympathikotone Wirkung mit Abnahme des peripheren Widerstand und Herzzeitvolumens mit konsekutivem Blutdruckabfall.

→ 2) Bradykardie.

→ II: Durch Abnahme des Dopamins antipsychotische -, aber auch parkinsonoide Wirkung.

→ III: GIT: Aufgrund des erhöhten Vagtonus wird die gastrointestinalen Motilität gesteigert. Es zeigen sich klinische Symptome wie Diarrhö und vermehrter HCl-Produktion.

→ IV: Müdigkeit und Sedation, etc.

 

Indikation: Reserpin gilt als Reservetherapeutikum in der Behandlung der arteriellen Hypertonie in Kombination mit weiteren Antihypertensiva (z.B. Beta-Blockern, Calciumantagonisten, ACE-Hemmern), hat jedoch aufgrund der unerwünschten Wirkungen an therapeutischer Bedeutung deutlich verloren.

 

Pharmakokinetik:

→ I: Nach oraler Applikation wird Reserpin gut resorbiert (Bioverfügbarkeit 50%) und hat nach einer verzögerten Wirkungslatenz eine lange Wirkungsdauer (Halbwertszeit 5-50 Stunden), sodass die Gefahr der Kumulation besteht.

→ II: Freies ungebundenes Reserpin wird schnell eliminiert.

→ III: Reserpin kann gut die Blut-Hirn-Schranke überwinden.

 

Nebenwirkungen: Es wird bei den unerwünschten Wirkungen der Reserpin-Therapie 2 Typen unterschieden:

→ I: Kardial:

→ 1) Mit Bradykardie, orthostatische Dysregulation (orthostatische Hypotonie) und Flush.

→ 2) Insbesondere bei hoher Dosierung und parenteraler Applikation kann es initial zu einer Erhöhung des Sympathikotonus mit Blutdruckanstieg kommen.

→ II: Zentral:

→ 1) Massive Sedation und Entwicklung einer Depression mit deutlich erhöhter Suizid-Gefahr.

→ 2) Gastrointestinale Störungen mit Diarrhö, aber auch erhöhtem Risiko für die Entstehung eines Ulcus ventriculi bzw. Ulcus duodeni.

→ 3) Gynäkomastie und Spontanlaktation durch vermehrte Prolaktinausschüttung.

106 Nebenwirkungen bei der Therapie mit Reserpin

 

Kontraindikation: Wichtige Kontraindikationen für die Applikation von Reserpin sind insbesondere:

I: Depression auch in der Eigenanamnese,

→ II: Kombination mit MAO-Hemmern.

→ III: Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni.

→ IV: Neurologisch: Vor allem die neurologische Erkrankungen: 

→ 1) Morbus Parkinson und

→ 2) Die Epilepsie.

 

Interaktionen:

→ I: Eine Kombination mit Digitalis ruft eine deutliche Bradykardie hervor.

→ II: Bei gleichzeitiger Anwendung von Alkohol, Hypnotika, Psychopharmaka kommt es zu Verstärkung der zentral dämpfenden Reserpin-Wirkung.

→ III: Reserpin verstärkt massiv die kardiodepressiven Effekt des Antiarrhythmikums der Klasse I, Chinidin.