Definition: Verapamil und Diltiazem, bedeutsame Ca2+-Antagonisten, sind kationische-amphiphile Substanzen, deren positiv-geladener Stickstoff für die Bindung an das Kanalprotein verantwortlich ist.

 

Wirkungsmechanismus:

→ I: Phenylakylamine:

1) Verapamil sowie das aktivere Gallopamin (= Methoxy-Verapamil) binden insbesondere an den offenen Kalziumkanal und führen konsekutiv zu deren Blockade. Somit unterstützen die Phenylakylamine den Übergang in den inaktiven Zustand und verzögern die Reaktivierung.

→ 2) Die hieraus resultierende Folge ist eine verlängerte Refraktärzeit des Ca2+-Kanals, sodass das Ausmaß des Kalzium-Einstroms über den L-Kalzium-Kanal mit zunehmender Stimulationsfrequenz ansteigt.

→ II: Benzothiazepine: Diltiazem weist sehr ähnliche Wirkungseigenschaften wie die Phenylakylamine auf.

86 Schematische Darstellung des kardialen L Typ Calciumkanals

 

→ Wirkung:

→ I: Beide Pharmaka hemmen die Herzmuskulatur und reduzieren konsekutiv die Herzfrequenz, AV-Überleitung sowie die Kontraktionskraft. Folglich wirken sowohl die Phenylakylamine als auch die Benzothiazepine negativ inotrop, negativ chronotrop und negativ dromotrop.

→ II: Im Bereich der Gefäße haben sie ebenfalls einen muskelrelaxierenden Effekt und weisen zudem noch einen antiarrhythmischen Effekt auf (durch Hemmung des Ca2+-Einstroms in Sinus- und AV-Knoten).

 

Klinisch-relevant:

→ A) Verapamil: Der Wirkungsschwerpunkt von Verapamil liegt an Arbeitsmyokard, Erregungsbildung- (= Sinusknoten) und Erregungsleitungssystem (= AV-Überleitung).

→ B) Diltiazem: Wirkt in geringerem Maße an glatter Gefäßmuskulatur, Arbeitsmyokard, Erregunsbildungs- und Erregungsleitungssystem.

78 Wirkungseigenschaften der verschiedenen Kalziumantagonisten

 

Indikation: Wichtige Einsatzgebiete für die beiden Substanzgruppen sind insbesondere:

→ I: Als Antiarrhythmikum bei supraventrikulären Rhythmusstörungen aufgrund der negativ-chronotropen und negativ-dromotropen Wirkung (v.a. vom Verapamil-Typ).

→ II: KHK und stabile Angina pectoris (Senkung des myokardialen O2-Verbrauchs aufgrund des negativ-inotropen und negativ-chronotropen Effektes).

→ III: Arterielle Hypertonie (insbesondere vom Nifedipin-Typ).

→ IV: HOCM: (= hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie) Charakteristikum ist eine funktionelle muskuläre Stenose im Bereich des Ausflusstraktes. Positiv inotrope Substanzen (z.B. Herzglykoside) verstärken die funktionelle Stenose und den Füllungsdruck, reduzierende Substanzen (z.B. Nitrate) führen über einer Minderung der Preload zu Dekompensation; beiden Pharmaka sind insofern kontraindiziert. Vielmehr sind Ca2+-Antagonisten vom Verapamil-Typ und Beta-Blocker aufgrund ihrer negativ-inotropen Wirkung mit konsekutiver Ökonomisierung der Herzarbeit indiziert.

87 Wichtige Calciumantagonisten und ihre Dosierungen

 

Pharmakokinetik:

→ I: Verapamil:

→ 1) Nach oraler Applikation wird Verapamil gut resorbiert (> 90%), weist jedoch aufgrund des ausgeprägten First-pass-Effektes eine geringe Bioverfügbarkeit von 10-20% auf.

→ 2) Die Halbwertszeit beträgt 3-7 Stunden.

→ 3) Die Elimination von Verapamil und des aktiven Metaboliten erfolgt sowohl renal als auch biliär.

→ II: Diltiazem:

→ 1) Auch Diltiazem weist eine mit 90% eine gute Resorption auf; die Bioverfügbarkeit liegt zwischen 40-60%.

→ 2) Es wird überwiegend bilär eliminiert (cave bei Leberinsuffizienz).

→ 3) Diltiazem wird zwischen Nifedipin und Verapamil angeordnet. Es weist eine geringere Vasodilatation als Nifedipin und eine geringere Kardiodepression als Verapamil auf.

77 Pharmakokinetik der Phenylakylamine bzw. Benzothiazepine

 

Nebenwirkungen: Sind u.a.

→ I: Infolge der Blutdrucksenkung Kopfschmerzen, Schwindel, Flush, Wärmegefühl, orthostatische Dysregulation und periphere Ödeme wie z.B. die Unterschenkelödeme.

II: Kardial:

→ 1) Bradykardie, AV-Blockierung bis hin zur Asystolie.

→ 2) Verschlechterung einer bestehenden Herzinsuffizienz aufgrund des negativ-inotropen Effektes.

→ III: Des Weiteren Übelkeit, Erbrechen und Obstipation.

 

Kontraindikationen: Wichtige Kontraindikationen für die kationisch-amphiphilen Ca2+-Antagonisten sind insbesondere:

→ I: Herzrhythmusstörungen: Wie u.a.

→ 1) Sick-Sinus-Syndrom,

→ 2) AV-Block II und III Grades,

→ 3) Vorhofflatter/Vorhofflimmern mit Präexzitationssyndrom.

→ II: Akuter Myokardinfarkt mit Komplikationen (Bradykardie, arterielle Hypotonie, etc).

→ III: Kombination mit Beta-Rezeptor-Antagonisten, da sie die negative Wirkung am Herzen verstärken.

→ IV: Weitere Kontraindikationen: Sind u.a. die dekompensierte Herzinsuffizienz, das Schocksyndrom und schwerwiegende Lebererkrankungen aufgrund der Gefahr der Akkumulation.

 

Wechselwirkungen:

→ I: Durch Kombination mit weiteren Antiarrhythmika (z.B. Natriumkanalblockern, Beta-Blockern, Sotalol, Amiodaron etc.) kommt es zur Verstärkung von Bradykardie, AV-Blockierung und Kardiodepression.

→ II: Eine gleichzeitige Therapie mit anderen Antihypertensiva führt zur additiven Blutdrucksenkung.

→ III: Durch Inhibition der CYP 3A4 kommt es zum Anstieg des Plasmasiegels von Carbamazepin, Digitalis, Theophyllin etc.

→ IV: Die Neurotoxizität des Lithiums wird bei gleichzeitiger Applikation deutlich erhöht.