→ Definition:
→ I: Bei der Substanzgruppe der Muskarinrezeptor-Antagonisten (= Anticholinergika) handelt es sich um Atropin-Derivate, die entweder einen tertiären -, oder quartären Stickstoff besitzen und einen kompetitiven Antagonismus mit Acetylcholin am Muskarinrezeptor aufweisen.
→ II: Die beiden wichtigsten Vertreter der Anticholinergika mit quartärem Stichstoff für die Pulmologie sind das:
→ 1) Ipratropiumbromid (kurz wirksam) und
→ 2) Tiotropriumbromid (lang wirksam).
→ III: Sie werden vor allem in der Behandlung der (chronisch) obstruktiven Ventilationsstörungen eingesetzt.
→ Wirkungsmechanismus:
→ I: Die Anticholinergika wirken durch Blockade der Muskarinrezeptoren am postganglionären Neuron des Parasympathikus, insbesondere der M3-Rezeptor-vermittelten Bronchokonstriktion (über die M3-Rezeptoren vermittelt der Parasympathikus die Bronchokonstriktion); dabei hat Tiotropiumbromid eine 10-fach höhere Affinität zum Rezeptor als Ipramtropiumbromid (Ipratropiumbromid ist nicht subtypselektiv und bindet an alle Muskarinrezeptoren M1-M5).
→ II: Folge ist eine Bronchodilatation durch Relaxation der glatten Muskelzellen.
→ III: Der Wirkungseintritt erfolgt nach wenigen Minuten, ist jedoch im Vergleich zu den Beta2-Sympathomimetika verspätet.
→ Indikation:
→ I: COPD: Die Muskarinrezeptor-Antagonisten gehören zur Basistherapie der COPD.
→ II: Asthma-bronchiale: Als Basistherapeutikum des Asthma bronchiale weniger effektiv; sind jedoch in der Kombinationstherapie mit ß2-Sympathomimetika beim schweren Asthmaanfall indiziert. Gerade Patienten mit psychogen induzierter Asthma-Exazerbation sprechen gut auf diese Präparate an.
→ III: Ipratropiumbromid: Behandlung bradykarder Herzrhythmusstörungen und vagal-bedingter Bradykardien (Dosierung: Initial 5-15mg/d per os, Erhaltungsdosis 2-3x10-15mg/d). Aufgrund ihrer quartären Struktur vermögen sie nicht die Blut-Hirn-Schranke zu durchdringen und können somit insbesondere bei älteren Patienten, die unter Atropin mit Verwirrtheitszuständen reagieren, angewandt werden.
→ Pharmakokinetik: Da die Muskarinrezeptor-Antagonisten aufgrund ihrer quatären Amoniumverbindung oraler Applikation nur sehr schlecht resorbiert werden, stehen sie nur zur inhalativen Anwendung zur Verfügung und weisen somit eine lokale Wirkung auf.
→ I: Ipratropium ist nicht subtypselektiv und bindet somit an alle Muskarinrezeptoren M1-M5 gleichermaßen; jedoch antagonisiert es in der Lunge bei inhalativer Applikation bevorzugt an den M3-Rezeptor.
→ II: Aclidinium, Tiotropium und Umeclidinium haben zwar eine ähnliche Affinität zu allen Muskarin-Rezeptoren (M1-M5), jedoch dissoziieren sie deutlich langsamer vom M3-Rezeptor als von den anderen (insbesondere M2-Rezeptor, der für kardiale unerwünschte Wirkungen verantworlich ist). Sie werden als sogenannte "kinetisch-selektive M3-Rezeptoren" bezeichnet, da sie nur sehr langsam vom M3-Rezeptor dissoziieren (zusätzlich längere Wirkdauer insbesondere bei Tiotropium und Umeclidinium).
→ III: Glycopyrronium wirkt durch eine höhere Affinität am M3-Rezeptor im Vergleich zum M2-Rezeptor.
→ Klinisch-relevant:
→ A) In Kombination mit den ß2-Sympathomimetika wirken die beiden Präparate additiv (Wirkungsverstärkung).
→ B) Tiotropriumbromid ist deutlich länger wirksam und muss deshalb nur 1x pro Tag appliziert werden.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Sind infolge der inhalativen Applikation eher selten.
→ II: Zu den unerwünschten Wirkungen zählen:
→ 1) Mundtrockenheit,
→ 2) Obstipation,
→ 3) Miktionsstörungen bis hin zum Harnverhalten,
→ 4) Sinustachykardie,
→ 5) Akkomodationsstörungen.
→ Kontraindikationen: Wichtige Kontraindikationen für den Einsatz von Anticholinergika sind vor allem:
→ I: Engwinkelglaukom,
→ II: Prostataadenom,
→ III: Stenosen im Gastrointestinaltrakt und
→ IV: Die Tachyarrhythmien.