→ Definition:
→ I: Bei den ADP-Rezeptor-Antagonisten handelt es sich neben den COX-Hemmern (z.B. Acetylsalicylsäure, etc.), Glykoprotein-IIb/IIIa Hemmern oder Prostaglandin E1 etc. um Hemmstoffe der Thrombozytenaggregation, die insbesondere zur Prophylaxe von arteriellen Thrombosen eingesetzt werden.
→ II: Hierzu zählen u.a. die Thienopyridine:
→ 1) Clopidogrel,
→ 2) Prasugrel und
→ 3) Ticlopidin (war der erste ADP-Rezeptor-Antagonist; spielt jedoch aufgrund des erhöhten Leukopenie-Risikos heute keine Bedeutung mehr) sowie
→ 4) Das ATP-Analogon Ticagrelor.
→ Klinisch-relevant: Die Thienopyridine liegen als Prodrug vor und werden durch Metabolisierung aktiviert (= wirksame Metaboliten sind die Thiolderivate).
→ Wirkungsmechanismus:
→ I: Wichtige Mediatoren der Thrombozyten sind das Thromboxan A2 (TXA2) sowie Adenosindiphosphat (ADP), die über ein positives Feedback die Thrombozytenaktivierung verstärken.
→ II: Thienopyridine: Die aktiven Thiolderivate hemmen die ADP-induzierte Thrombozytenaktivierung und konsekutive deren Aggregation durch kovalente Bindung an den ADP-Rezeptor Typ P2Y12 (= irreversibler Antagonismus).
→ III: Ticagrelor: Ist ein neuartiger reversibler (nicht kompetitiver) Antagonist am P2Y12-Rezeptor und stellt im Gegensatz zu den Thienopyridinen kein Prodrug dar, sodass der pharmakologische Effekt deutlich früher einsetzt.
→ IV: Allen ADP-Rezeptor-Antagonisten gemeinsam ist die Blockade der Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptoraktivierung und konsekutiv die Verhinderung der fibrinvermittelten Quervernetzung der Thrombozyten.
→ Pharmakokinetik:
→ I: Die Thienopyridine werden nach oraler Gabe gut resorbiert und weisen mit 98% eine hohe Plasmaeiweißbindung auf.
→ 1) Clopidogrel: Ist ein Prodrug, das über einen 2-schrittigen Metabolismus durch Oxidation und Hydrolyse (CYP2C19, CYP2B6 und CYP3A4) in seinen aktiven Metaboliten (= ein Thiolderivat) überführt wird. Die nun reaktionsfähige SH-Gruppe bindet irreversibel an den extrazellulären P2Y12-Rezeptor des Thrombozyten und blockiert folglich dessen Aktivierung durch ADP. Clopidogrel wird in der Leber metabolisiert und zu gleichen Anteilen über den Urin und Stuhl eliminiert. Die Wirkung hält 3-10 Tage.
→ Klinisch-relevant: Eine genetische Variation des CYP2C19-Allels mit reduzierter Funktion führt zu einer verminderten Plasmakonzentration der aktiven Form des Clopidogrels und ist damit weniger gut wirksam.
→ 2) Prasugrel: Wird zunächst im Darm und Blut rasch und vollständig durch unspezifische Esterasen zu einem Intermediärmetaboliten hydrolysiert und anschließend über die CYP3A4 und 2B6 in den aktiven Metaboliten überführt. Die maximale Plasmakonzentration des aktiven Metaboliten ist bereits nach 30min erreicht, die Wirkungsdauer beträgt 5-10 Tage.
→ II: Ticagrelor:
→ 1) Ist in Bezug auf die chemische Struktur mit dem Adenosin verwandt und stellt einen reversiblen nicht-kompetitiven P2Y12-Rezeptor-Inhibitor dar.
→ 2) Die orale Bioverfügbarkeit von Ticagrelor beträgt 35% und ist selbst pharmakologisch aktiv.
→ 3) Die Substanz wird überwiegend hepatisch mit einer Halbwertszeit von 8 Stunden.
→ Indikation:
→ I: Myokardinfarkt, ischämischer zerebraler Insult und periphere arterielle Verschlusskrankheit sind Indikationen für eine Applikation von ADP-Rezeptor-Antagonisten, wenn bei den Patienten eine ASS-Überempfindlichkeitsreaktion oder ASS-Resistenz bzw. weitere Kontraindikationen bestehen.
→ II: Bei der Behandlung des akuten Koronarsyndrom (mit instabiler Angina pectoris, Myokardinfarkt ohne ST-Elevation bis hin zum Myokardinfarkt mit ST-Elevation) hat sich eine Kombinationstherapie aus Clopidrogrel und ASS über einen Zeitraum von 2-3 Monaten etabliert. Hierbei beträgt die Clopidogrel-Dosis initial 300mg.
→ III: Bei der perkutanen Koronarangioplastie mit oder ohne Stentimplantation bedarf es einer Kombinationstherapie aus Clopidogrel (Initialdosis 300mg 4-6 Stunden vor Intervention) und ASS über einen Zeitraum von 9-12 Monaten; anschließend wird nur noch ASS appliziert.
→ Klinisch-relevant: Bei der Kombinationstherapie handelt es sich um eine duale Plättchenhemmung, die bei:
→ A) Unbeschichteten Stents über 4 Wochen und
→ B) Bei beschichteten Stents über 6-12 Monate durchgeführt wird.
→ Nebenwirkungen: Wichtige und zum Teil schwerwiegende Nebenwirkungen unter der ADP-Rezeptor-Antagonisten-Therapie sind insbesondere:
→ I: Blutungen: Besonders gefürchtet hierbei sind die intrakraniellen Blutungen, die unter Prasugrel deutlich häufiger auftritt als unter Clopidogrel.
→ II: Gastrointestinale Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö.
→ III: Weitere Nebenwirkung: Sind u.a.:
→ 1) Kopfschmerzen und Schwindel.
→ 2) Immunallergische Reaktionen, seltene, dann jedoch schwere Neutropenie (Ticlopidin > Clopidogrel > Prasugrel) thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Ticlopidin > Clopidogrel) und nicht zuletzt die Thrombozytopenie.
→ 3) Unter der Ticagrelor Behandlung kann es in 15% der Fälle zum Auftreten von Dyspnoe kommen.
→ Kontraindikationen: Wichtige Kontraindikationen für die Behandlung von ADP-Rezeptor-Antagonisten sind u.a.:
→ I: Gastrointestinale und v.a. intrakranielle Blutungen sowie hämorrhagische Diathesen.
→ II: Schwere Leberfunktionsstörungen,
→ III: Schwangerschaft und Stillzeit (unzureichende Datenlage).
→ Wechselwirkungen:
→ I: Die Kombination mit weiteren Antikoagulanzien (z.B. ASS, Heparin, Glykoprotein Ib/IIIA-Antagonisten) oder Fibrinolytika erhöhen das Blutungsrisiko deutlich.
→ II: Hemmstoffe der CYP2C19 vermindern die Wirkung von Clopidogrel.
→ III: Ticagrelor:
→ 1) Bei gleichzeitiger Anwendung von Ticagrelor und Simvastatin kann es zum Anstieg der Simvastatin-Konzentration kommen.
→ 2) Zudem ist Ticagrelor ist ein P-Glykoprotein-Inhibitor, sodass die Kontrolle P-Glykoprotein-abhängiger Pharmaka mit einer geringen therapeutischen Breite (z.B. Digoxin oder Cyclosporin) obligat ist.