→ Anatomie:
→ I: Das Ellenbogengelenk wird durch die Oberarmrolle (Capitulum und Trochlea humeri), sowie durch das Olekranon und das Radiusköpfchen gebildet.
→ II: Der Kapselbandapparat besteht aus Kollateralbändern und dem Ligamentum anulare radii.
→ III: Muskulär wird das Ellenbogengelenk ventral durch den M. brachialis und biceps und dorsal durch den M. triceps brachii stabilisiert.
→ IV: Bewegungen:
→ 1) Der humeroulnare Anteil des Ellenbogengelenks ist primär für die Beuge- und Streckbewegungen verantwortlich;
→ 2) Der humeroradiale und radioulnare Anteil für die Rotationsbewegungen.
→ Humeroulnare Luxation: Hierbei handelt es sich um eine Luxation zwischen der Trochlea brachii und dem Olekranon. Sie ist mit 20% die zweit-häufigste Luxation (nach der Schulterluxation).
→ I: Ätiologie: Durch Gewalteinwirkung oder Sturz auf den ausgestreckten Arm meist im Zusammenhang mit einer Supination. Aufgrund der immensen Gewalteinwirkung ist die Luxation in 30-50% der Fälle mit einer weiteren Fraktur kombiniert.
→ II: Einteilung:
→ 1) Diese Klassifikation erfolgt bezüglich der Luxationsrichtung der Ulna gegenüber dem distalen Humerus.
→ 2) Eine weitere Klassifikation erfolgt nach O´Driscoll anhand der Instabilität des Gelenkes und wird in 3 Stadien unterteilt:
→ III: Klinik:
→ 1) Durch starke Schwellung und Hämatombildung zeigt sich zumeist Deformität des Gelenks,
→ 2) Federnde Fixation,
→ 3) Bewegunseinschränkung bzw. -blockade im Gelenk.
→ 4) Zusätzliche Weichteilschädigung mit möglicher Durchblutungs-, Sensibilitäts- und/oder motorischer Störung.
→ IV: Komplikationen:
→ 1) Terrible triade of the elbow: Hierbei handelt es sich um eine Ellenbogengelenkluxation kombiniert mit einer Läsion des Radiusköpfchen, des Processus coronoideus und des ulnaren Kapsel-Band-Apparates
→ 2) Weitere Begleitverletzungen: Bei der humeroulnaren Luxation kann es zu weiteren Verletzungen kommen, wie:
→ A) Ruptur des humeroulnaren oder humeroradialen Kollateralbandes,
→ B) Fraktur des Proc. coronoideus, des Olekranons oder des Caput radii.
→ C) Epikondyläre Abrissfrakturen, insbesondere ulnar, aber auch radial.
→ D) Überdehnung oder Verletzung des N. ulnaris, radialis und medianus, aber auch der A. brachialis.
→ V: Diagnose: Vor der ausführlichen Diagnostik sollte eine sofortige Reposition der Luxation erfolgen. Im Mittelpunkt der Diagnose stehen:
→ 1) Klinische Prüfung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität sowie der Stellung und Beweglichkeit.
→ 2) Röntgen des Ellenbogens in 2 Ebenen. Bei Unklarheit evtl. noch eine 45° Schrägaufnahme.
→ 3) Gegebenenfalls CT oder MRT, insbesondere bei unklarem knöchernem Befund sowie bei Weichteilverletzungen.
→ VI: Therapie:
→ 1) Konservativ: Rasche Reposition unter Analgesie durch Zug auf den Unterarm bei Fixation des Oberarms (Ellenbogengelenk in 90° angewinkelt). Im Anschluss erfolgt eine Ruhigstellung mittels Oberarmgips für 1-2 Wochen.
→ 2) Operativ: Indikationen für eine Operation sind:
→ A) Abrissfraktur des Epicondylus humeri ulnaris mit Dislokation von > als 3 mm,
→ B) Instabilität,
→ C) Hohe Reluxationsgefahr,
→ D) Große, abgesprengte Knochenknorpelfragmente,
→ E) Gefäß- und Nervenverletzungen,
→ F) Eine geschlossene Reposition nicht möglich ist,
→ G) Kompartmentsyndrom.
→ 3) Verfahren:
→ A) Bei Abrissfrakturen Spickung oder Verschraubung
→ B) Bei Kapselriss Kapsel-Band-Naht, Kapselraffung,
→ C) Bei schweren Weichteilverletzungen Fixateur externe.
→ 4) Postoperativ: Ruhigstellung für ca 3 Wochen mittels Oberarmgips
→ VII: Komplikationen:
→ 1) Nervenläsionen,
→ 2) Bei Luxationsfrakturen persistierende Bewegungseinschränkung,
→ 3) Periartikuläre Verknöcherung.
→ Subluxation des Radiusköpfchen: Wird auch als Chassaignac-Lähmung, Pronatio dolorosa oder pulled-elbow bezeichnet.
→ I: Allgemein: Die isolierte Radiusluxations ist sehr selten und tritt meist nur in Kombination mit einer Monteggia-Fraktur des Ulnaschaftes auf, sodass hier mehr auf die Subluxation des Radiusköpfchen eingegangen wird.
→ II: Ätiologie: Findet man gerade bei Kindern, zwischen dem 2.-6. Lebensjahr. Sie entsteht durch plötzlichen Zug auf den im Ellenbogengelenk gestreckten und pronierten Arm. Das Caput radii luxiert nach anterior und klemmt das Ligamentum anulare radii im Capitulum humeri ein.
→ III: Klinik:
→ 1) Der betroffene Arm hängt gelähmt, in Pronationsstellung herab.
→ 2) Schwellung, evtl. lokale Fehlstellung und Druckschmerzhaftigkeit
→ 3) Es besteht eine Beugehemmung im Ellenbogengelenk.
→ IV: Diagnose:
→ 1) Die Diagnose des isolierten Chassaignac ohne Begleitfrakturen wird klinisch gestellt.
→ 2) Röntgen in 2 Ebenen, um eine Begleitfraktur auszuschließen.
→ V: Therapie: Die Reposition wird ausschließlich konservativ durchgeführt. Unter Zug erfolgt eine passive Supination und Beugung im Unterarm, bei Fixation des Oberarms. Der Betroffene ist anschließend beschwerdefrei; eine Ruhigstellung ist nicht indiziert.