→ Definition: Bei der Calciphylaxie handelt es sich um ein sehr seltenes, bei fast ausschließlich niereninsuffizienten/dialysepflichtigen Patienten beobachtetes Krankheitsbild, hervorgerufen durch eine Mediaverkalkung der kleineren und mittleren arteriellen Gefäße der Haut. Es kommt ischämiebedingt zu schmerzhaften Ulzerationen der Haut.
→ Vorkommen:
→ I: Gerade bei Dialysepatienten mit einer Dialysedauer von > 1 Jahr (z.B. terminale Niereninsuffizienz).
→ II: Nach Nierentransplantation,
→ III: Aber auch beim fortgeschrittenen Hyperparathyreoidismus.
→ Ätiologie: Ungleichgewicht zwischen Verkalkungsinhibitoren insbesondere das Matrix-Gla-Protein und Fetuin A sowie Verkalkungspromotoren (wie z.B. Osteopontin). Wichtige Risikofaktoren hierbei sind u.a.:
→ I: Gleichzeitige Einnahme von Vitamin-D und kalizumhaltigen Phosphatbindern.
→ II: Vit K-Antagonisten (Macumar).
→ III: Weibliches Geschlecht und Adipositas.
→ IV: Hohe alkalische Phosphatase und niedriges Serumalbumin.
→ V: Diabetes mellitus, etc.
→ Pathogenese: Die Pathogenese der Calciphylaxie ist bis heute nicht genau geklärt, jedoch manifestieren sich charakteristische ischämische Nekrosen aufgrund einer akuten Infarzierung in der Dermis und dem subkutanen Fettgewebe; sie tritt insbesondere bei Störungen des Mineral- und Knochenstoffwechsels im Rahmen einer Niereninsuffizienz auf. Wichtige pathogenetische Auslöser hierbei sind der Hyperparathyreoidismus, eine hochdosierte Vitamin-D-Therapie, Hyperphosphatämie, sehr selten Protein-C- und Protein-S-Mangel, Antiphospholipid-Syndrom, etc. Ein weiterer elementarer Aspekt ist, dass sich bei niereninsuffizienten Patienten eine verminderte Produktion des 1,25-Hydroxy-Calciferol (= Calxitriol) zeigt, welches physiologischerweise das Parathormon über eine negative Rückkopplung hemmt; Die verminderte Calcitriolkonzentration führt wiederum zu einer vermehrten Sekretion von Parathormon und Freisetzung von Kalzium.
→ Klinik:
→ I: Meist beginnend mit einer schmerzhaften Livedo reticularis.
→ II: Im weiteren Krankheitsverlauf manifestieren sich indurierte Plaques, die wiederum exulzerieren und eine schlechte Heilungstendenz mit Nekrosebildung und Superinfektion aufweisen.
→ III: Die Ulzerationen verlaufen progredient und gehen oftmals in nicht-beherrschbare septische Krankheitsbilder über.
→ IV: Lokalisation: Meist beginnend an den Beinen und der Hüfte, Mit weiterer Krankheitsprogression aber auch im Bereich des Abdomens und der Akren nachweisbar.
→ Diagnose: Die Diagnose der Calciphylaxie ist schwierig zu eruieren und wird primär klinisch in Verbindung mit den Risikofaktoren gestellt. Histologisch zeigt sich eine Media-Kalzifikation mit Gefäßverschlüssen in der Dermis, subkutanen Fettgewebe und selten im Muskelgewebe. Zudem ist eine extravaskuläre Kalzifikation möglich.
→ Differenzialdiagnose: Von der Calciphylaxie müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Pannikulitiden,
→ II: Primär vaskulitische Erkrankungen wie die nekrotisierende Vaskulitis.
→ III: Ulzerationen im Rahmen einer arteriellen Verschlusskrankheit oder einer chronisch venösen Insuffizienz.
→ IV: Macumar-Nekrose.
→ V: Weitere Differenzialdiagnosen: Sind insbesondere:
→ 1) Pyoderma gangraenosum.
→ 2) Postraumatische Veränderungen und Verbrennungen.
→ 3) Septische Embolien, etc.
→ Therapie: Eine standardisierte Therapie für die Calciphylaxie existiert bis heute nicht. Maßnahmen umfassen insbesondere das konsequente Wundmanagement mit Debridement; auch die Vermeidung von lokalen Traumata wie z.B. Injektionen stehen im Vordergrund. Weitere wichtige therapeutische Interventionen sind u.a.:
→ I: Senkung der Calcium-Phosphat-Produkte durch Absetzen calciumhaltiger Medikamente und Vitamin D.
→ II: Absetzten von Vitamin-K-Antagonisten wie Macumar und Umsetzten z.B. auf Heparin.
→ III: Therapie des sekundären und tertiären Hyperparathyreoidismus bei iPTH-Werten > 300ng/ml durch Parathyreoidektomie.
→ IV: Antibiose-Therapie und Versorgung der Ulzerationen und Entzündungszeichen.
→ Prognose: Häufig letal endend (80%) aufgrund einer Superinfektion der Hautläsionen und Entwicklung einer Sepsis.