→ Definition:
→ I: Bei den Bisphosphonaten handelt es sich um Pyrophosphat-Analoga, bei denen der zentrale Sauerstoff durch ein Kohlenstoffatom ersetzt ist (statt P-O-P findet man P-C-P). Aufgrund ihrer Strukturverwandtschaft bilden die Bisphosphnate mit Ca2+ eine 3-dimensionale Struktur, die eine hohe Affinität zu der dihydroxyapatithaltigen Knochenmatrix aufweist.
→ II: Abhängig vom Vorhandensein bzw. Fehlen eines Stickstoffes unterscheidet man zwischen:
→ III: Sie gehören wie Calcitonin zu der Gruppe der Antiresorptiva durch Hemmung des Knochenabbaus (= direkte Blockade der Osteoklastenaktivität).
→ Wirkungsmechanismus:
→ I: Bisphosphonate lagern sich an die Knochenoberfläche im Bereich der osteoklastischen Resorptionslagunen an und werden bei der Phagozytose der Knochensubstanz durch die Osteoklasten mit aufgenommen.
→ II: In der Folge akkumulieren sie in den Zellen und hemmen diese in unterschiedlicher Form:
→ 1) N-freie Bisphosphonate: Sie werden in den Osteoklasten in zytotoxische ATP-Analoga umgewandelt und akkumukieren. Durch Hemmung der Protonenpumpe stören sie die Zellfunktion und führen zum Zelluntergang bzw Apoptose.
→ 2) N-haltige Bisphosphonate: Nach Aufnahme in die Osteoklasten hemmen sie die Farnesyldiphosphat-Sythetase und beeinträchtigen somit den Mevalonatstoffwechsel. Folge ist eine Verlust der Osteoklasten-Mobilität sowie der Fähigkeit sich an die Knochenmatrix anzulagern; konsekutiv wird die Zellapoptose eingeleitet.
→ Wirkung:
→ I: Hemmung der osteoklastischen Knochenresorption = antiresorptiv.
→ II: Gerade die N-haltigen Bisphosphonate sind in ihrer antiresorptiven Wirkung ein Vielfaches potenter und erhöhen zudem die Knochendichte, sodass das Risiko für z.B. osteoporotische Frakturen deutlich minimiert wird.
→ III: Analgetische Wirkung durch Hemmung der Osteoklasten-Aktivität.
→ Indikation:
→ I: (Postmenopausale) Osteoporose,
→ II: Morbus Paget,
→ III: Palliative Behandlung einer Tumorhyperkalzämie (= humorale Hyperkalzämie durch Malignome), der Osteolysen und der Knochenschmerzen infolge von Knochenmetastasen (= koanalgetischer Effekt).
→ IV: Osteoprotektive Behandlung im Rahmen einer Chemotherapie.
→ Dosierung:
→ I: Alendronat: Postmenopausale bzw. Glukokortikoid-induzierte Osteoporose 1x 70mg/Woche.
→ II: Ibandronat: Tumorbedingte Hyperkalzämie/Osteolysen sowie zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose 1x 150mg/Mon. bzw. 2mg intravenös alle 3 Monate.
→ III: Risedronat: Morbus Paget 5mg/d bzw. 35mg/Wochen.
→ IV: Zoledronat: Tumorbedingte Hyperkalzämie und Osteoporose (1x5mg i.v./pro Jahr).
→ Pharmakokinetik: Nach oraler Aufnahme werden sie meist nur sehr schlecht resorbiert; die orale Bioverfügbarkeit liegt zwischen 0,3-6%. Der nicht-resorbierte Anteil wird unverändert über die Niere ausgeschieden. Durch die starke Bindung an das Hydroxyapatit des Knochens beträgt die HWZ hier Monate bis Jahre.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme verringert sich die Bioverfügbarkeit der Bisphosphonate infolge einer Komplexierung mit Kalzium.
→ B) Deshalb sollte die Einnahme morgens nüchtern 1-2 Stunden vor dem Frühstück erfolgen.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Durch Komplexbildung mit Ca2+:
→ 1) Hypokalzämie und in der Folge Mineralisationsstörungen mit Ausbildung einer Osteomalazie.
→ 2) Bei rascher hochdosierter i.v.-Applikation besteht die Gefahr der Niereninsuffizienz bis hin zum Nierenversagen.
→ II: Selten bilden sich bei hochdosierter Langzeittherapie aseptische Osteonekrosen im Bereich des Ober- und/oder Unterkiefers aus.
→ III: Gastrointestinale NW: Infolge der zytotoxischen Wirkung der Bisphosphonate entwickeln sich bei Nichteinhalten der Einnahmevorschriften nicht selten lokale Schleimhautläsionen und ösophageale Ulzerationen (und Magenläsionen), gerade unter der Therapie mit Alendronat.
→ IV: Weitere Nebenwirkungen: Sind u.a. Obstipation, evtl. Diarrhoe sowie allergische Hautreaktionen.
→ Klinsch-relevant: Für die pharmakologische Therapie der Bisphosphonate exisiteren Einnahmevorschriften; hierzu zählen:
→ A) Die Einnahme muss in aufrechter Haltung (bis 60min danach) mit ausreichend Flüssigkeit (200ml) erfolgen.
→ B) Die orale Substitution ist im Liegen kontraindiziert.
→ Wechselwirkungen:
→ I: Die gleichzeitige Einnahme mit Kalzium, Magnesium, Antazida oder Eisenpräparaten verschlechtert die Resorption.
→ II: Die Interaktion zwischen Etidonat und Antikoagulantien (z.B. Macumar) verursacht nicht selten Schwankungen der Blutgerinnung.
→ III: NSAR können die gastrointestinalen Beschwerden verstärken.
→ Kontraindikationen: Für den Einsatz von Bisphosphonaten sind insbesondere:
→ I: Schwangerschaft und Stillzeit,
→ II: Niereninsuffizienz,
→ III: Alendronat ist u.a. bei Ösophaguserkrankungen mit Entleerungsstörungen z.B. infolge von Strikturen oder einer Achalasie kontraindiziert.