Definition:

→ I: Bei den Bisphosphonaten handelt es sich um Pyrophosphat-Analoga, bei denen der zentrale Sauerstoff durch ein Kohlenstoffatom ersetzt ist (statt P-O-P findet man P-C-P). Aufgrund ihrer Strukturverwandtschaft bilden die Bisphosphnate mit Ca2+ eine 3-dimensionale Struktur, die eine hohe Affinität zu der dihydroxyapatithaltigen Knochenmatrix aufweist.

→ II: Abhängig vom Vorhandensein bzw. Fehlen eines Stickstoffes unterscheidet man zwischen:

122 Einige Beispiele der Bisphosphonate

→ III: Sie gehören wie Calcitonin zu der Gruppe der Antiresorptiva durch Hemmung des Knochenabbaus (= direkte Blockade der Osteoklastenaktivität).

 

Wirkungsmechanismus:

→ I: Bisphosphonate lagern sich an die Knochenoberfläche im Bereich der osteoklastischen Resorptionslagunen an und werden bei der Phagozytose der Knochensubstanz durch die Osteoklasten mit aufgenommen.

→ II: In der Folge akkumulieren sie in den Zellen und hemmen diese in unterschiedlicher Form:

→ 1) N-freie Bisphosphonate: Sie werden in den Osteoklasten in zytotoxische ATP-Analoga umgewandelt und akkumukieren. Durch Hemmung der Protonenpumpe stören sie die Zellfunktion und führen zum Zelluntergang bzw Apoptose.

→ 2) N-haltige Bisphosphonate: Nach Aufnahme in die Osteoklasten hemmen sie die Farnesyldiphosphat-Sythetase und beeinträchtigen somit den Mevalonatstoffwechsel. Folge ist eine Verlust der Osteoklasten-Mobilität sowie der Fähigkeit sich an die Knochenmatrix anzulagern; konsekutiv wird die Zellapoptose eingeleitet.

087 Wirkungsmechanismus der Bisphosphonate

 

  Wirkung:

→ I: Hemmung der osteoklastischen Knochenresorption = antiresorptiv.

→ II: Gerade die N-haltigen Bisphosphonate sind in ihrer antiresorptiven Wirkung ein Vielfaches potenter und erhöhen zudem die Knochendichte, sodass das Risiko für z.B. osteoporotische Frakturen deutlich minimiert wird.

→ III: Analgetische Wirkung durch Hemmung der Osteoklasten-Aktivität.

 

Indikation:

→ I: (Postmenopausale) Osteoporose,

II: Morbus Paget,

→ III: Palliative Behandlung einer Tumorhyperkalzämie (= humorale Hyperkalzämie durch Malignome), der Osteolysen und der Knochenschmerzen infolge von Knochenmetastasen (= koanalgetischer Effekt).

→ IV: Osteoprotektive Behandlung im Rahmen einer Chemotherapie.

 

Dosierung:

→ I: Alendronat: Postmenopausale bzw. Glukokortikoid-induzierte Osteoporose 1x 70mg/Woche.

→ II: Ibandronat: Tumorbedingte Hyperkalzämie/Osteolysen sowie zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose 1x 150mg/Mon. bzw. 2mg intravenös alle 3 Monate.

→ III: RisedronatMorbus Paget 5mg/d bzw. 35mg/Wochen.

→ IV: Zoledronat: Tumorbedingte Hyperkalzämie und Osteoporose (1x5mg i.v./pro Jahr).

 

Pharmakokinetik: Nach oraler Aufnahme werden sie meist nur sehr schlecht resorbiert; die orale Bioverfügbarkeit liegt zwischen 0,3-6%. Der nicht-resorbierte Anteil wird unverändert über die Niere ausgeschieden. Durch die starke Bindung an das Hydroxyapatit des Knochens beträgt die HWZ hier Monate bis Jahre.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme verringert sich die Bioverfügbarkeit der Bisphosphonate infolge einer Komplexierung mit Kalzium.

→ B) Deshalb sollte die Einnahme morgens nüchtern 1-2 Stunden vor dem Frühstück erfolgen.

 

Nebenwirkungen:

→ I: Durch Komplexbildung mit Ca2+:

→ 1) Hypokalzämie und in der Folge Mineralisationsstörungen mit Ausbildung einer Osteomalazie.

→ 2) Bei rascher hochdosierter i.v.-Applikation besteht die Gefahr der Niereninsuffizienz bis hin zum Nierenversagen.

→ II: Selten bilden sich bei hochdosierter Langzeittherapie aseptische Osteonekrosen im Bereich des Ober- und/oder Unterkiefers aus.

→ III: Gastrointestinale NW: Infolge der zytotoxischen Wirkung der Bisphosphonate entwickeln sich bei Nichteinhalten der Einnahmevorschriften nicht selten lokale Schleimhautläsionen und ösophageale Ulzerationen (und Magenläsionen), gerade unter der Therapie mit Alendronat.

→ IV: Weitere Nebenwirkungen: Sind u.a. Obstipation, evtl. Diarrhoe sowie allergische Hautreaktionen.

 

Klinsch-relevant: Für die pharmakologische Therapie der Bisphosphonate exisiteren Einnahmevorschriften; hierzu zählen: 

→ A) Die Einnahme muss in aufrechter Haltung (bis 60min danach) mit ausreichend Flüssigkeit (200ml) erfolgen.

→ B) Die orale Substitution ist im Liegen kontraindiziert.

 

Wechselwirkungen:

→ I: Die gleichzeitige Einnahme mit Kalzium, Magnesium, Antazida oder Eisenpräparaten verschlechtert die Resorption.

II: Die Interaktion zwischen Etidonat und Antikoagulantien (z.B. Macumar) verursacht nicht selten Schwankungen der Blutgerinnung.

→ III: NSAR können die gastrointestinalen Beschwerden verstärken.

 

Kontraindikationen: Für den Einsatz von Bisphosphonaten sind insbesondere:

→ I: Schwangerschaft und Stillzeit,

→ II: Niereninsuffizienz,

→ III: Alendronat ist u.a. bei Ösophaguserkrankungen mit Entleerungsstörungen z.B. infolge von Strikturen oder einer Achalasie kontraindiziert.