Definition: 

 I: Gekennzeichnet ist die dependente/asthenische Persönlichkeitsstörung durch ein Gefühl massiver Schwäche und Hilflosigkeit, sowie das Überlassen von Eigenverantwortlichkeit in wichtigen Lebensbereichen an andere.

→ II: Sie gehört  nach DSM-IV nben  der anankastischen - und der ängstlich-vermeidenden PS zum Cluster C, die sich durch ängstliche und furchtsame Verhaltensweisen geprägt sind.

 

Epidemiologie: Die Prävalenz liegt in der Normalbevölkerung bei bis zu 4,6%. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

 

Ätiologie:

→ I: Psychodynamische Sicht: Bei jeglichen Entwicklungsstörungen oder relevanten Konflikten in der oralen Phase bilden sich fordernde oder abhängige Persönlichkeitsstrukturen aus.

II: Lerntheoretische Sicht: 

→ 1) Überführsorgliches (= Überprotektion), verwöhnendes Verhalten, aber auch Vernachlässigung der Eltern, kann bei zurüchhaltenden Kindern das Erlernen von Autonomie  und selbstständiger Handlungsfähigkeit verhindern.

→ 2) Auch die gelernte Hilflosigkeit nach Seligman stellt ein Erklärungsaspekt für die Entwickung einer asthenischen PS dar.

 

Klinik:

→ I: Können keine alltäglichen Entscheidungen in Bezug auf Lebensgestaltung, finanzielle und persönliche Angelegenheiten eigenständig treffen.

II: Weisen ein unterwürfiges, klammerndes und selbstaufopferndes Verhalten auf.

III: Ausgeprägte Ängste vor dem Verlassenwerden und Alleinsein, sodass eigene Wünsche und Bedürfnisse zurückgestellt werden.

IV: Überlassen wichtiger Lebensentscheidungen an andere, fehlende Selbstständigkeit.

→ V: Weitere Symptome: Sind depressive Grundstimmung, vielfältige Klagsamkeit, vegetative Labilität, chronische Müdigkeit, Schlafstörungen und nicht zuletzt weitere somatoforme Störungen. 

 

→ Klinisch-relevant: Nach plötzlichem Verlassenwerden durch Todesfall oder Trennung der Bezugsperson, besteht bei den Betreffenden ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Depression bzw. Suizidalität.

 

Komorbiditäten:

 I:  Angststörungen (z.B. Agoraphobie, soziale Phobie etc.)

 II: Depressive Störungen,

 III: Suchterkrankungen,

 IV: Andere Persönlichkeitsstörungen wie die selbstunsichere -  oder die schizotype PS.

 

Diagnose: Es müssen mindestens 4, der nachfolgenden Diagnosekriterien zutreffen:

I: Unfähigkeit, wichtige Entscheidungen für das eigene Leben zu treffen.

II: Unterordnung eigener Bedürfnisse und Wünsche unter die anderer, von denen man abhängig ist.

III: Unfähigkeit der Äußerung angemessener Ansprüche gegenüber den Personen, von denen man abhängig ist.

IV: Selbstwahrnehmung besteht aus Schwäche, Hilflosigkeit und Inkompetenz.

V: Häufige Ängste vor dem Verlassenwerden und Alleinsein.

VI: Gefühl der inneren Zerstörtheit bei Beendigung einer engen Beziehung.

VII: Bei Missgeschick neigen die Personen dazu, die Verantwortung anderen zuzuschreiben.

639 DIagnosekriterien der abhängigen Persönlichkeitsstörung nach ICD 10

Differenzialdiagnose: Hiervon müssen weitere psychische Störungen abgegrenzt werden. Hierzu gehören:

→ I: Persönlichkeitsstörungen:  Vor allem die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (bei der ängstlich-vermeidenden PS fürchten die Patienten Abwertung und Ablehnung in den verschiedenen sozialen Beziehungen, sodass sie soziale Situationen und zwischenmenschliche Beziehungen vermeiden, während der asthenische Typus Angst vor dem Alleinsein hat und enge Beziehungen sucht) und die emotional-instabile PS abgegrenzt werden.

→ II: Prodromalsstadium einer Schizophrenie,

→ III: Affektive Störung, insbsondere die Depression.

→ IV: Chronischer Medikamenten- und Drogenmissbrauch.

→ V: Somatoforme Störungen (hierbei stehen die körperlichen Symptome im Vordergrund).

→ VI: Remissionsphase nach schweren organischen Erkrankungen.

 

Therapie: Im Zentrum der Behandlung steht die:

→ I: Psychotherapie: Der Patient überträgt frühzeitig Abhängigkeitswünsche auf die Therapie bzw. den Therapeuten; dies äußert sich gerade auch in der ausgeprägten Bereitschaft zur Kooperation in Bezug auf Behandlungsablauf, -strategien etc.

→ 1) Psychoeduktion zur Erarbeitung der Einsicht dependenter Verhaltensweisen.

 2) Verbesserung der eigenen Wahrnehmung,

 3) Aufbau sozialer Kompetenz,

 4) Identifikation und Modifikation verzerrter Kognitionen („Ich komme im Leben nur zurecht, wenn ich von anderen unterstützt werde").

→ 5) Weitere Therapiekonzepte: Sind u.a. Selbstsicherheitstraining, Psychodrama und Rollenspiele.

 6) Bei konfliktreichen Partnerschaften kann die Einbeziehung des Partners notwendig werden.  

→ II: Medikamentöse Therapie: Bei depressiven Episoden oder ausgeprägter Ängstlichkeit ist ein Antidepressivum vom SSRI-Typ indiziert.