→ Definition:
→ I: Die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung ist durch das persistierende Verhalten, bestehend aus:
→ 1) Dauerhafter Anspannung und Besorgnis,
→ 2) Hemmung in sozialen Situationen,
→ 3) Minderwertigkeitsgefühle,
→ 4) Angst vor negativer Beurteilung und Kritik und
→ 5) Schüchternheit gekennzeichnet.
→ II: Sie gehört nach DSM-IV neben der dependenten -, anankasischen - und der passiv-aggressiven PS zum Cluster C, die durch ausgeprägte ängstliche und furchtsame Verhaltensweisen charakterisiert sind.
→ Epidemiologie:
→ I: Die Prävalenz liegt in der Allgemeinbevölkerung bei 1%, jedoch weist jeder 10. psychiatrische Patient eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung auf.
→ II: Frauen sind etwas häufiger als Männer betroffen.
→ III: Die Erkrankung beginnt mit innerer Unsicherheit, meist schon in der Kindheit und nimmt in der weiteren Enwicklungsgeschichte deutlich zu.
→ Ätiologie:
→ I: Biologische Faktoren: Bei der ängstlich-vermeidenden PS findet man eine genetisch-bedingte, erhöhte Ängstlichkeit.
→ II: Psychodynamische Faktoren: Störung vor allem in der Entwicklung der Autonomie. Es besteht zumeist eine ausgeprägte Mutterbindung mit konsekutiver Überprotektion, bei fehlendem oder zu schwachem Vater.
→ III: Lerntheoretische Faktoren:
→ 1) Fehlende positive Erfahrungen bei der Bewältigung von schwierigen sozialen Situationen.
→ 2) Angst und Überforderung führt zum sozialen Rückzug und Vermeidungsverhalten.
→ Klinik:
→ I: Anhaltendes Gefühl von Anspannung, Unsicherheit und Besorgnis.
→ II: Überempfindlichkeit gegenüber negativer Bewertung und Kritik.
→ III: Die Betroffenen empfinden sich als minderwertig, unattraktiv, wenig klug und wirken im Kontakt mit anderen oft still und schüchtern.
→ IV: Vermeiden von engeren zwischenmenschlichen Beziehungen, beruflichen Herausforderungen und risikoreichen Aktivitäten, aus Angst vor Misserfolg.
→ V: Gesteigerte Empfindlichkeit, Kränkbarkeit und Verletzlichkeit.
→ VI: Häufig mit einem intensiven Gefühl der Dysphorie verbunden.
→ VII: Weitere Symptome:
→ 1) Verminderte psychophysiologische Leistungs- und Belastungsfähigkeit.
→ 2) Vermehrte Neigung zu Versagens- und Erschöpfungszuständen.
→ Komorbiditäten: Hierbei besteht ein erhöhtes Risiko für:
→ I: Angststörungen insbesondere die soziale Phobie.
→ II: Zwangsstörungen,
→ III: Depressive Episoden und
→ IV: Somatoforme Störungen, etc.
→ Diagnose: Es müssen mindestens 4, der nachfolgenden Diagnosekriterien zutreffen:
→ I: Persistierendes Gefühl der Anspannung, Besorgnis.
→ II: Ständiges Gefühl der Minderwertigkeit, sozialer Unbeholfenheit und Unattraktivität.
→ III: Überempfindlichkeit bezüglich negativer Bewertung und Kritik.
→ IV: Persönlicher Kontakt nur, wenn man sich sicher ist, gemocht zu werden.
→ V: Vermeiden von beruflichen und privaten Herausforderungen aufgrund der Angst vor Misserfolg.
→ Differenzialdiagnose: Hiervon abzugrenzen sind insbesondere:
→ I: Soziale Phobie, Panikstörungen und Agoraphobie.
→ II: Persönlichkeitsstörungen vom dependenten, schizoiden oder paranoiden Typ.
→ III: Depression und evtl.
→ IV: Dysthymia und nicht zuletzt die
→ V: Neurasthenie.
→ Therapie:
→ I: Kognitive Verhaltenstherapie: Stellt das Mittel der Wahl dar und beinhaltet u.a. folgende Behandlungskonzepte:
→ 1) Training sozialer Kompetenz,
→ 2) Strategien zum Lösen von Problemen,
→ 3) Kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler Selbsteinschätzung.
→ 4) Strategien zur Angstbewältigung u.a. durch Rollenspiele, Selbstinstruktionstraining und Entspannungsübungen.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Patienten mit einer ängstlich-vermeidenden PS neigen dazu, aus Angst vor Kritik und Zurückweisung die Behandlung vorzeitig abzubrechen.
→ B) Eine Gruppentherapie (In-vivo Exposition) zur Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbverantwortung ist häufig indiziert, jedoch sollten Einzeltherapien zur Vorbereitung vorgeschaltet sein.
→ II: Medikamentöse Therapie: Bei schweren Verlaufsformen der ängstlich-vermeidenden PS kann zu einer Psychotherapie eine stützende medikamentöse Behandlung erfolgen. Hierfür eignen sich vor allem Antidepressiva aus der Gruppe der SSRI oder SSNRI, wie
→ 1) Paroxetin 20-40mg/d oder
→ 2) Venlafaxin 75-150mg/d.
→ 3) Evtl. aber auch Moclobemid.