Definition: Beim hereditären Polyposis-Syndrom unterscheidet man zwischen einer:

 I: Polyposis intestinalis: Vorkommen von multiplen Polypen im gesamten Darmtrakt.

II: Polyposis coli: Isoliertes Auftreten von multiplen Polypen im Kolon.

  Klassifikation: Zu dem hereditären Polyposis-Syndrom gehört:

I: Familiäre adenomatöse Polyposis: Die Prävalenz der familiären Polyposis liegt bei 1/10000 Einwohnern und wird autosomal-dominant mit einer Mutation des APC (adenomatösen-polyposis-coli) Tumorsuppressor-Gens auf Chromosom 5q21 vererbt. In 25% handelt es sich um eine Neumutation. 

→ 1) Klinik: Multiple auftretende kolorektale Adenome > 100, treten meist nach dem 15. Lebensjahr auf. Macht 1% der kolorektalen Karzinome aus. Extrakolisch sind z.T. Adenome des Dünndarms sowie Drüsenkörperzysten des Magens nachweisbar.

→ 2) Komplikationen: Bei der FAP handelt es sich um eine obligate Präkanzerose. 80-100% der > 40jährigen weisen ein kolorektales Karzinom auf.

 

Klinisch-relevant: Variationen der familiären adenomatösen Polyposis sind insbesondere:

A) Gardner-Syndrom: FAP+ Fibrome, Lipome, Osteome und Epidermoidzysten.

B) Turcot-Syndrom: FAP+ Glioblastome und/oder Medulloblastom.

C) Attenuierte FAP: Seltene Form des FAP mit < 100 Adenomen und meist nach dem 50. Lebensjahr auftretenden, kolorektalen Karzinomen. 

D) Cronkhite-Canada-Syndrom: Hierbei handelt es sich um eine generalisierte Polyposis des GIT (das KRK-Risiko ist nicht erhöht). Des Weiteren findet man eine bräunliche Hautpigmentierung, eine  Alopezie und Nagelveränderungen. 

 

II: Hamartomatöse Polyposis: Sehr selten. Die Betroffenen weisen ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines kolorektalen Karzinoms auf. Hierzu gehören: 

1) Peutz-Jehgers-Syndrom: Ist gekennzeichnet durch multiple, hamartomatöse Polypen, meist im Dünndarmbereich, seltener im Magen oder Dickdarm. Tritt meist um das 35. Lebensjahr. auf und wird in 50% autosomal-dominant vererbt; ansonsten handelt es sich um Neumutationen.

→ A) Klinik: Die klinische Symptomatik ist geprägt durch hamartomatöse Polypen gerade im Dünndarmbereich, Pigmentflecken (perioral, an den Lippen und der Wangenschleimhaut).

→ B) Komplikationen: Gehäuftes Auftreten von Stieldrehungen bzw. Invaginationen der Polypen mit hämorrhagischer Infarzierung und Sub-/Ileus-Bildung. Des Weiteren besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Neoplasien wie das Pankreas-Ca (100-fach), Gallenblasen- und Gallengangs-Ca., aber auch für Mamma- und Ovarial-Ca. (10% der betroffenen Frauen).

2) Familiäre-juvenile-Polyposis: In 1/3 der Fälle zeigt sich eine familiäre Häufung. Typisch klinische Symptome sind Blutungen, Obstruktionen und Invaginationen. Auch hierbei besteht eine erhöhte Gefahr für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms.

3) Cowden-Syndrom: Hierbei handelt es sich um eine hamartomatöse, intestinale Polypose, gerade im Bereich des Kolons. 

999 Cowden Syndrom   Multiples Hamartom Syndrom

 

 Klinisch-relevant:

→ A) Bei Nachweis eines Adenoms sollte immer eine Koloskopie des gesamten Dickdarms erfolgen.

B) Bei Nachweis eines Rektumpolyps sollte ein endorektaler Ultraschall erfolgen. 

C) Bei FAP erfolgt immer ein Hydro-MRT bzw. eine Videokapsel-Endoskopie.

 

Therapie:

→ I: Siehe kolokrektales Adenom.

II: FAP:

→ 1) Humangenetische Beratung des Patienten und der Familienangehörigen

2) Es sollte immer eine prophylaktische Proktokolektomie (= Sphinkter-erhaltende ileoanale Pouch-Operation) nach der Pubertät und vor dem 20. Lebensjahr durchgeführt werden.

 

Vorsorge-Untersuchungen:

→ I: FAP: Diese sollte bei den Patienten ab dem 10. Lebensjahr stattfinden.

II: Hamartomatöse Polyposis: Ab dem 12. Lebensjahr.