→ Definition: Beim Peutz-Jeghers-Syndrom handelt es sich um eine autosomal-dominant vererbte heterogene Erkrankung, die durch das gleichzeitige Auftreten von multiplen Polypen im Gastrointestinatraktes (häufig auch Dünndarm) und mukokutanten durch Melanin induzierte Pigmentierungen auf Lippen, bukkal und perianal gekennzeichnet ist.
→ Epidemiologie:
→ I: Das Peutz-Jeghers-Syndrom stellt eine sehr seltene genetisch determinierte Erkrankung dar.
→ II: Sie weist in Deutschland ein eine Inzidenz von 1/100000 auf.
→ Ätiopathogenese:
→ I: Ursache ist eine Mutation des Landscaper-Gens STK-11(/LKB1) auf Chromosom 19p13.3. Dieses Gen kodiert die Serin-Threonin-Kinase, die insbesondere an der Regulation von Prozessen wie:
→ 1) Zellteilung,
→ 2) Zelldifferenzierung und
→ 3) Signaltransduktion beteiligt ist.
→ II: Neuere Studien zeigen, dass sich bei 20-40% der Fälle keine (positive) Familienanamnese erheben lässt, sodass man von Neumutationen ausgehen kann.
→ Klinik: Die Symptomatik des Peutz-Jeghers-Syndrom manifestiert sich zumeist schon in der ersten bis zweiten Lebensdekade mit:
→ I: Charakteristisch sind periorale, bukkale und gelegentlich perianale Pigmentierungen, die nicht selten im Kleinkindesalter auftreten und den intestinalen Phänomenen vorausgehen (sie verblassen häufig Erwachsenenalter).
→ II: Polypen: (= Polyposis generalisata)
→ 1) Die intestinalen Polypen können im gesamten Gastrointestinaltrakt auftreten, sind aber vornehmlich im Dünndarm (abnehmende Häufigkeit von Jejunum > Ileum > zu Duodenum), aber auch im Kolon (bzw. Rektum), seltener im Magen nachweisbar.
→ 2) Kleinere Polypen sind breitbasig, größere gestielt.
→ 3) Insbesondere die gestielten Polypen neigen zur Torsion und Invagination mit Blut im Stuhl, oberen und unteren gastrointestinalen Blutungen und Eisenmangelanämie,.
→ III: Weitere Symptome: Sind u.a. Diarrhö, aber auch kolikartige abdominelle Schmerzen, Ileus-Symptomatik (durch Obstruktion und Invagination) bis hin zum akuten Abdomen.
→ IV: Manifestation von Keimleistentumoren, die hormonell aktiv sein können:
→ 1) Bei jungen Mädchen können sie zu einer Pubertas praecox,
→ 2) Bei Jungen Pseudopubertas praecox und Gynäkomastie führen.
→ Klinisch-relevant: Etwa 30% der Betroffenen werden im ersten Lebensjahrzehnt symptomatisch, 60% in der zweiten Lebensdekade. Die simultane kutane und gastrointestinale Manifestation ist keinesfalls oblgat.
→ Komplikation: Eine wichtige und schwerwiegende Komplikation beim dieser Erkrankung ist das erhöhte Karzinomrisiko insbesondere für:
→ I: Kolorektales Karzinom, Magen-, Gallenblasen- und Pankreaskarzinom, aber auch Tumoren im Bereich der Papilla Vateri (Papillentumoren), etc.
→ II: Extraintestinale Tumoren von Ovar, Zervix, Mamma und Hoden.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Mit Familienanamnese und Inspektion der Lippen und Wangenschleimhaut.
→ II: Endoskopische Untersuchungen mittels Ösophagogastroduodenoskopie, Koloskopie sowie Kapselendoskopie.
→ III: Histologie: Histologisch sind die harmatomatösen Peutz-Jeghers-Polypen durch eine ausgeprägte sich baumartig aufzweigende und fein verästelte Lamina muscularis mucosae gekennzeichnet und hierüber auch von weiteren polypösen Erkrankungen gut abgrenzbar.
→ Klinisch-relevant: Aufgrund des erhöhten Entartungsrisikos werden ab den 10. Lebensjahr endoskopische Kontrolluntersuchungen des oberen und
unteren Gastrointestinaltraktes mit konsekutiver Polypektomie in 2-jährigen Abständen empfohlen.
→ Differenzialdiagnose: Vom Peutz-Jeghers-Syndrom müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Akutes Abdomen anderer Genese (z.B. Divertikulitis, etc.).
→ II: Kolorektales Karzinom.
→ III: Polyposis anderer Genese wie z.B. die familiäre juvenile Polyposis, familiäre adenomatöse Polyposis, etc.
→ IV: Weitere Differenzialdiagnose: Sind u.a.:
→ 1) Gastrointestinale Blutungen (z.B. bei Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni) Invaginationen, Infarzierungen anderer Genese.
→ 2) Hyperpigmentierung der Mundschleimhaut bei z.B. Morbus Addison, Hämochromatose, medikamenteninduziert (z.B. Retrovir), etc.
→ V: Tuberöse Sklerose: Hierbei handelt es sich um eine genetische Erkrankung, charakterisiert durch Adenoma sebaceum, geistiger Retardierung und Epilepsie. Zudem neigen die Patienten zu Harmatomen in den verschiedenen Organen. Dazu zählen intestinale Polypen vom Peutz-Jeghers-Typ, die sich im Schulalter entwickeln. Später im Erwachsenenalter auftretene Polypen sind vom adenomatösen Typ.
→ Therapie: Eine kausale Therapie beim Peutz-Jeghers-Syndrom existiert bis heute nicht, vielmehr erfolgt sie symptomatisch.
→ I: Regelmäßige Untersuchungen mit Polypektomie blutungsgefährdender oder malignomverdächtiger Polypen.
→ II: Zudem regelmäßige gynäkologische Kontrollen.
→ III: Im Rahmen eines akuten Abdomens muss die Laparatomie mit möglicher Teilresektion von infarzierten Darmabschnitten ins Auge gefasst werden.