Definition: Bei der spontan bakteriellen Peritonitis (= primäre Peritonitis) handelt es sich um eine Entzündung der Peritonealhöhle ohne Nachweis einer andersweitigen Ursache wie Infektion (Divertikulitis, Cholezystitis), Peritonealmetastasen oder TBC, etc. Bei der Bakteraszites wiederum handelt es sich um eine Infektion des Aszites (freie Flüssigkeit in der Bauchhöhle) bei Patienten mit Leberzirrhose infolge einer hämatogenen Streuung enterischer Keime bzw. deren Translokation aus dem Darm.

1162 Differenzialdaignose der spontan bakteriellen Peritonitis durch Parazentese

 

Pathogenese:

→ I: Durch eine Bakteriämie bei Patienten mit Leberzirrhose und Aszites, bei portaler Hypertensionkönnen sich Bakterien infolge einer Funktionsstörungen der Phagozyten, fehlender Antikörper und des warmen Milieus rasch vermehren.

→ II: Ein hohes Risiko für die Entwicklung einer SBP haben Patienten:

1) Mit einem geringen Eiweißgehalt im Aszites < 1,5g/dl,

→ 2) Bilirubinerhöhung > 3,2mg/dl,

→ 3) Thrombozytopenie < 98000/mm3 und/oder

→ 4) Patienten mit einer dekompensierten Leberzirrhose.

→ III: Auslösende Faktoren: Sind z.B. gastrointestinale Blutungen oder eine therapeutische Intervention wie z.B. die Parazentese des Aszites.

 

Epidemiologie:

→ I: 15% der Patienten mit portalem Aszites weisen eine SBP auf.

→ II: Zumeist Monoinfektion, häufigster Keim ist das gram-negative Stäbchen E. Coli mit 50%; daneben gram-positive Kokken (30%) und Klebsiellen (10%).

 

Klinik: Das klinische Bild der spontan bakteriellen Peritonitis ist zumeist uncharakteristisch.

→ I: In der Regel zeigt sich ein oligo- bis asymptomatischer Krankheitsverlauf.

II: Verschlechterung des Allgemeinzustandes,

→ III: Abdominalschmerzen, Erbrechen, Fieber (aber auch afibril),

→ IV: Verschlechterung der Leberfunktion mit Zunahme des Aszites und evtl. Entwicklung/Verschlechterung einer hepatische Enzephalopathie und mögliche Ausbildung eines akuten Nierenversagens.

 

Diagnose:

→ I: Labor:

→ 1) Blut: CRP, BSG erhöht, Leukozytose, Hypalbuminämie, Hyponatriämie, Bestimmung der Aminotransferasen GOT/GPT, der Cholinesterase, Faktorer V und VII, des Bilirubins, des Ammoniaks etc.

2) Aszitespunktat: Untersuchung auf Leukozyten und Differenzierung:

→ A) Im Aszites besteht ein neidriger pH-Wert (< 7,35).

→ B) Eine Leukozytenzahl von > 500/µl bzw. eine Anzahl von neutrophilen polymorph-kernigen Granulozyten von > 250/µl ist immer Ausdruck einer spontan bakteriellen Peritonitis. 

C) Bakterien-Nachweis: Durch Anlegen von aeroben und anaeroben Blutkulturen. In 30-50% sind die Erreger nicht nachweisbar, jedoch ist eine Leukozytose im Aszites immer eine Antibiotika-Indikation.

III: Röntgen Abdomen: Zum Ausschluss einer sekundären Peritonitis durch Perforation.

 

Therapie: Die Primärprophylaxe ist Patienten mit Zirrhose und gastrointestinalen Blutungen bei kurzzeitigen Krankenhausaufenhalten eine Antibiotikaprophylaxe (z.B. Norfoxazin, Trimethoprim-Suflamethoxazol) zu applizieren.

→ I: Aszites möglichst vollständig abpunktieren; Ersatz der abpunktieren Flüssigkeit mittels einer Albumin-Infusion (6-8g Albumin/l Aszites).

→ II: Antibiotikatherpie: (intravenös)

→ 1) Cephalosporine der 3 Generation wie Cefotaxim (Dosis 2g/12h) oder alternativ

→ 2) Amoxocillin + Clavulansäure (Dosis 1,2g/8h) oder

→ 3) Fluorchinolone (Gyrasehemmer: Ciprofoxacin = 2 Generation; Levofloxacin = 3 Generation). 

1163 Therapie und Prophylaxe der spontan bakteriellen Peritonitis

→ III: Weitere Maßnahmen:

→ 1) Natriumrestriktion,

→ 2) Plasmaexpansion durch die Gabe einer Albuminlösung verringert die Entwicklung eines akuten Nierenversagens.

→ 3) Diuretikagabe Spironolacton evtl. zusätzlich Furosemid.

→ 4) Die Prophylaxe der hepatischen Enzephalopathie erfolgt mittels eiweißarmer Kost, Gabe von Rifampicin/ Neomycin und Lactulose zur Reduktion ammoniakbildender Darmbakterien.

→ 5) Therapiekontrolle: Nach 48 Stunden ist eine Überprüfung des Therapieerfolges mittels Parazenthese indiziert. Hierbei sollte eine Reduktion der Granulozytenzahl > 25% nachweisbar sein, da ansonsten auf eine andere Antibiotikabehandlung umgestellt werden muss.

 

Prognose: Die spontan bakterielle Peritonitis ist eine schwere Komplikation der Leberzirrhose. Mehr als 50% enden letal und in ca. 80% bildet sich ein Rezidiv aus, sodass eine Rezidivprophylaxe mit Ciprofloxacin 250mg/d nicht selten indiziert ist.

 

→ Prophylaxe: Eine Primärprophylaxe mit Antibiotika (Gyrasehemmer z.B. Chinolone oder Fluorchinolone, etc.) ist bei Patienten mit Aszites und nachfolgenden Kriterien indiziert; hierzu zählen insbesondere:

→ I: Aszites mit einem Gesamteiweißgehalt < 1,5g/dl.

→ II: Child-Pugh-Score > 9,

→ III: Niereninsuffizienz (Kreatinin > 1,2mg/dl, Harnstoff > 20mg/dl oder Natrium < 130mq/l sowie

→ IV: Gastrointestinale Blutungen bei Leberzirrhose.