→ Definition: Beim Ösophaguskarzinom handelt es sich um eine maligne epitheliale Neoplasie im Bereich der Speiseröhre. Histologisch unterscheidet man zwischen:
→ I: Plattenepithelkarzinom: Vom Plattenepithel des Ösophagus ausgehend und v.a. an den drei physiologischen Speiseröhrenengen lokalisiert.
→ II: Adenokarzinom: Das Adenokarzinom entsteht auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus (= Ersatz des Plattenepithel der distalen Speiseröhre durch Zylinderepithel aufgrund einer Refluxösophagitis).
→ III: Undifferenziertes Karzinom: Dieses findet man nur sehr selten.
→ Epidemiologie:
→ I: Die Inzidenz liegt bei 8/100000/Jahr, wobei Männer deutlich häufiger betroffen sind als Frauen (M : F = 5 :1). In den letzten Jahren hat sich insbesondere in den westlichen Ländern eine Zunahme des Adenokarzinoms herauskristallisiert.
→ II: In Endemiegebieten wie China oder Südafrika ist die Häufigkeit deutlich höher.
→ III: Der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 60-70. Lebensjahr.
→ Lokalisation:
→ I: Charakteristischerweise findet man das Ösophaguskarzinom im Bereich der physiologischen Ösophagusengen (1. Enge = Ösophaguseingang, engste Stelle auf Höhe von C7; zweite leichte Einengung im Bereich des Aortenbogens/linker Hauptbronchus auf Höhe von Th4 und 3. Enge = unterer Ösophagussphinkter an der Durchtrittsstelle durch das Diaphragma Th10).
→ II: Das Plattenepithelkarzinom macht 90% der Ösophaguskarzinome aus und ist in 15% im Bereich des zervikalen Ösophagus, in 50% im mittleren - und in 35% im distalen Ösophagus lokalisiert.
→ III: Das Adenokarzinom findet man in 95% im distalen Ösophagus und wird nach Siewert unterteilt in:
→ Klassifikation: Der Karzinome des gaströsophagealen Übergangs nach Siewert:
→ I: Typ 1:
→ 1) Distaler Ösophagus 1-5 cm oberhalb der Z-Linie (= Ora serrata: In diesem Bereich geht das Plattenepithel des Ösophagus in das Zylinderepithel der Kardia über).
→ 2) Das Adenokarzinom entsteht meist auf dem Boden einer intestinalen Metaplasie, im Sinne eines Barrett-Ösophagus. Eine Infiltration in den Mageneingang ist möglich.
→ 3) Der Lymphabfluss erfolgt über das Mediastinum.
→ 4) Sie werden wie die Ösophagustumoren behandelt.
→ II: Typ 2:
→ 1) Eigentliches Kardiakarzinom (1cm oberhalb bis 2 cm unterhalb der Z-Linie);
→ 2) Geht aus dem Kardiaepithel bzw. einer intestinalen Metaplasie hervor (Adenokarzinom).
→ 3) Der Lymphabfluss erfolgt über die parapankreatischen - bzw. Milz-LK und paraaortalen Lymphknoten.
→ 4) Es wird wie das Magenkarzinom therapiert.
→ III: Typ 3:
→ 1) Subkardiale Lokalisation mit einer Distanz von 2-5 cm unterhalb der Z-Linie.
→ 2) Der gastroösophageale Übergang wird von kaudal infiltriert.
→ 3) Der Lymphabfluss erfolgt über die parapankreatischen bzw. Milz-LK und paraaortalen Lymphknoten.
→ 4) Die Therapie entspricht der des Magenkarzinoms.
→ Pathogenese: Umweltfaktoren wie heiße Getränke, scharfe Nahrungsmittel, hochprozentiger Alkohol, Rauchen, Nitrosamine oder Aflatoxine, aber auch Nabenstrikturen durch Ösophagusverätzungen führen über eine atrophische Ösophagitis und Epitheldysplasie zu einem Carcinoma in situ.
→ Risikofaktoren: Für die Ausbildung eines Ösophaguskarzinoms:
→ I: Plattenepithelkarzinom: Zustand nach Bestrahlung (bei Mamma-CA) oder Laugen-Verätzungen, nicht behandelte Achalasie, Plummer-Vinson-Syndrom bei chronischer Eisenmangelanämie, Papillomaviren-Infektion (HPV 16), Skerodermie, Dermatomyositis, etc.
→ II: Adenokarzinom: Dieses entwickelt sich meist aus einem Barrett-Ösophagus (Zylinderepithelmetaplasie).
→ Klinik:
→ I: Das Leitsymptom des Ösophaguskarzinoms ist die Dysphagie, die jedoch häufig sehr spät und meist erst bei einer Lumeneinengung von > 60% auftritt.
→ II: Frühsymptome sind uncharakteristisch und beinhalten retrosternale Schmerzen, Aufstoßen; im weiteren Krankheitsverlauf kommt es zu Erbrechen, Hämatemesis, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie.
→ III: Heiserkeit weist auf eine tumorbedingte Recurrensparese hin.
→ IV: Infiltriert der Tumor in die Trachea kann sich eine ösophagobronchiale Fistel mit konsekutiver Gefahr der Pneumonie durch Aspiration manifestieren.
→ Klinisch-relevant: Bei Patienten > 45. Lebensjahr ist das Ösophaguskarzinom die häufigste Ursache einer Dysphagie. Insofern muss jede Dysphagie diagnostisch abgeklärt und eine maligne Neoplasie ausgeschlossen werden.
→ Metastasierung:
→ I: Infiltrativ: Durch den fehlenden, zervikalen Serosaüberzug kommt es zu einer frühzeitigen Infiltration in Nachbarstrukturen (= per continuitatem).
→ II: Lymphogen: Häufig erfolgt eine frühzeitige lymphogene Metastasierung in die zervikalen, paraösophagealen, mediastinalen, und die parapankreatischen Lymphknoten.
→ III: Hämatogen: Die hämatogene Streuung manifestiert sich erst sehr spät; über die V. azygos oder V. cava superior in die Lungen bzw. über das Pfortadersystem in die Leber und schließlich ins Skelett.
→ Klassifikation: Die Einteilung des Ösophaguskarzinoms erfolgt anhand der TNM-Klassifikation:
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Eurierung von Symptomen wie Gewichtverlust, Nachtschweiß, Dysphagie, evtl. Nachweis von tastbaren Halslymphknoten etc.
→ II: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Ösophagogastroskopie: Die Endoskopie mit Stufenbiopsie (mindestens 10 Biopsien) stellt zur Diagnosestellung das Mittel der 1. Wahl dar. Insbesondere ein submukös wachsendes Ösophaguskarzinom kann zur falsch negativen Befundung führen.
→ 2) Endosonographie: Dient der Beurteilung der intra- und extramuralen Ausbreitung bzw. der Beurteilung des paraösophagealen Lymphknotenbefalls.
→ 3) CT/MRT: Des Thorax und Oberbauchs zum Ausschluss von Fernmetastasen,
→ 4) Bronchoskopie: Bei Verdacht auf einen tracheobronchialen Befall;
→ 5) Knochenszintigraphie: Bei Verdacht auf Knochenmetastasen.
→ Differenzialdiagnose: Von dem Ösophaguskarzinom müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Weitere Tumorerkrankungen v.a. auch das Kardiakarzinom.
→ II: Das Symptom der Dysphagie manifestiert sich auch bei den Motilitätsstörungen des Ösophagus wie der Achalasie, dem diffusen Ösophagusspasmus, eosinophile Ösophagitis oder dem hyperkontraktilen Ösophagus.
→ III: Die Heiserkeit kann u.a. auch ein klinisches Symptom des thorakalen Aortenaneuryma sein, etc.
→ Therapie: Siehe operative Therapie des Ösophaguskarzinoms.