Definition: Beim Kardiakarzinom handelt es sich um ein Adenokarzinom im Bereich des gastroösophagealen Übergangs (Schleimhautgrenze zwischen Plattenepithel und Zylinderepithel), d.h. 5cm oral und aboral der anatomischen Kardia des Magens.

 

Epidemiologie:

→ I: Ca. 50% der Ösophaguskarzinome stellen Adenokarzinome des gastroösophagealen Übergangs dar, die von der Magenschleimhaut ausgehen und sekundär auf die distale Ösophagusschleimhaut übergreift.

→ II: Die Inzidenz des Adenokarzinoms hat im Vergleich zum distalen Magenkarzinom (rückläufig) deutlich zugenommen.

→ III: Der Manifestationsgipfel liegt jenseits des 50. Lebensjahres, wobei Männer deutlich häufiger als Frauen betroffen sind.

 

Ätiologie: Der genaue Pathomechanismus ist bis heute noch nicht geklärt (angenommen wird die Dysplasie-Karzinom-Sequenz), jedoch manifestiert sich eine erhöhte Entstehungswahrscheinlichkeit bei:

→ I: Refluxösophagitis mit möglicher Entwicklung eines Barrett-Syndroms.

→ II: Hiatushernie (z.B. axiale -, paraösophageale Hernie).

→ III: Achalasie.

→ IV: Zustand nach Billroth I/II-Operation und nicht zuletzt

→ V: Nikotin- und Alkoholabusus.

 

Klinisch-relevant: Charakteristikum ist, dass beim Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs keine Assoziation zu einer Helicobacter-pylori-Infektion besteht.

830 Klassifikation der AEG nach Siewert

 

  Klassifikation: Das Kardiakarzinom nimmt eine Stellung zwischen dem distalen Ösophaguskarzinom und Magenkarzinom ein und wird nach Siewert unter topographisch-anatomischen Gesichtspunkten (Anatomie des Magens) klassifiziert in:

432 Klassifikation des Adenokarzinoms des gastrooesophagealen Übergangs nach Siewert

 

Klinisch-relevant:

→ A) Pathohistologisch weist das Karzinom je nach Stadium unterschiedlich ausdifferenzierte Becherzellen auf, die immer eine Schleimsekretion aufweisen.

→ B) Metastasierung: Das Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs metastasiert insbesondere ins Retroperitoneum und entlang der kleinen Kurvatur (entlang der A. gastrica sinistra) zum Truncus coeliacus.

 

Klinik:

→ I: Der Tumor bleibt lange Zeit unentdeckt bis es aufgrund der Stenosierung zur Dysphagie kommt. Initial behindern nur feste Speisen das Schlucken, später dann aber auch flüssige Nahrungsmittel.

→ II: Ein besonderes Charakteristikum beim AEG sind Schmerzen beim Schlucken (= Odynophagie) auf Höhe des Tumors, die nach dorsal in die Brustwirbelsäule und/oder entlang des Rippenbogens ausstrahlen können.

→ III: Weitere Symptome: Sind u.a.

→ 1) Gewichtsverlust und

→ 2) Eine Anämie, die sich aufgrund von okkulten – oder aktiven gastrointestinalen Blutungen entwickelt.

 

Diagnose:

→ I: Anamnese: Umfangreiche Eigenanamnese mit Abklärung der Vorerkrankungen wie gastroösophageale Refluxkrankheit, Achalasie, aber auch des Konsums von Alkohol und Nikotin.

II: Labor: Bestimmung der Tumormarker, insbesondere von CEA und CA-19-9. Des Weiteren Kontrolle des Hb-, der Leber- und Nierenwerte, etc.

→ III: Bildgebende Verfahren:

→ 1) Mittel der Wahl ist die Ösophagoskopie mit Biopsie und Histologie.

→ 2) Sonographie/CT-Abdomen: Zur Beurteilung der Infiltration (Staging) in Nachbarstrukturen wie Diaphragma, aber auch Leber, etc.

→ 3) Endosonographie: Zur Beurteilung der Infiltrationsausdehnung und -tiefe, sowie des regionalen LK-Befalls.

4) Evtl. Ösophaguspassage mit Nachweis von Schleimhautdestruktionen, Füllungsdefekten, Wandstarre etc.

 

Differenzialdiagnose: Insbesondere müssen Erkrankungen, die mit einer Dysphagie einhergehen, abgegrenzt werden:

→ I: Refluxösophagitis, diffuser Ösophagusspamus sowie die eosinophile Ösophagitis

→ II: Achalasie,

→ III: Zenker Divertikel,

→ IV: Neurologische Erkrankungen wie die MS oder Myasthenia gravis,

→ V: Ösophaguskarzinom und

→ VI: Extraluminale Prozesse: Sie üben Druck von außen aus bzw infiltrieren. Beispiele sind insbesondere:

→ 1) Mediastinaltumoren,

→ 2) Die paraösophageale -/axiale Hiatushernie.

→ 3) Ein Aortenaneurysma oder

→ 4) Ein stark vergrößerter linker Vorhof etc.

 

Therapie: Sie richtet sich insbesondere nach dem Karzinomtyp nach Siewert und nach dem Staging.

I: Operative Therapie: Sie ist bei jedem operablen Tumor indiziert und richtet sich insbesondere nach dem Tumortyp:

→ 1) AEG-Typ I: Es erfolgt eine transthorakale/abdominothorakale En-boc Ösophagektomie mit anschließender Magenschlauchbildung und intrathorakalen Anastomose.

→ 2) AEG-Typ II: Hierbei ist eine je nach Ausdehnung transhiatal erweiterte Gastrektomie (Gastrektomie sowie die Resektion des distalen Ösophagus) mit anschließender Magenersatzbildung (Jejunum) indiziert.

→ 3) AEG-Typ III: Auch hier erfolgt eine transhiatal erweiterte Gastrektomie.

 430 Schematische Darstellung der Reektionsinien beim Kardia Ca

 

→ II: Interventionelle Therapie: Es handelt sich zumeist um eine Palliativtherapie, die insbesondere bei Inoperabilität angewandt wird. Hierzu zählen u.a. folgende Verfahren:

→ 1) Intraluminale Lasertherapie nach Applikation einer photosensibilisierenden Substanz (z.B. Aminolävulinsäure) und

→ 2) Endoskopische Mucosaresektion.

 

Prognose:

→ I: Aufgrund der zumeist sehr späten Diagnosestellung ist die Prognose schlecht und die 5-Jahresüberlebenschance liegt nur bei < 20% der Fälle.

→ II: Die Operationsletalität liegt bei ungefähr bei 5%.