→ Definition: Bei der exogen allergischen Alveolitis handelt es sich um eine granulomatöse Erkrankung der Lunge aufgrund von organisch inhalativen Stäuben (< 5µm). Charakteristischerweise kommt es durch Inhalation hoher Konzentrationen an ogranischen Antigenen einerseits auf dem Boden einer komplexen Typ-III-Immunreaktion zur Entwicklung von präzipitierenden IgG-Antikörpern, andererseits infolge der Typ IV-Immunreaktion zur Granulombildung. Klinisch zeigt sich initial immer eine reine Alveolitis, im weiteren Krankheitsverlauf bildet sich dann eine manifeste Lungenfibrose.

 

Epidemiologie:

→ I: Die exogen allergische Alveolitits ist eine (sehr) seltene interstitielle Lungenerkrankung und besitzt eine Prävalenz von 4/100000 Einwohnern in der Allgemeinbevölkerung.

→ II: Ein gehäuftes Auftreten manifestiert sich insbesondere bei Landwirten (85/100000 Einwohnern) und Vogelzüchtern (bis zu 150/100000) und in chemischen Berufen (Isozyanate Chemiearbeiterlunge).

III: Sie ist eine anerkannte Berufserkrankung.

 

Ätiologie: Die exogen allergische Alveolitis wird durch Inhaltation sehr kleiner organischer Staubpartikel (Durchmesser 1-3µm), die sich im Alveolarraum ablagern, ausgelöst: 

→ I: Tierproteine: Vogelkotprotein und Vogelserumprotein induzieren eine Vogelzüchterlunge bzw. Tierhändlerlunge. 

II: Mikroorganismen: Schimmelpilze, thermophile Bakterien, Aktinomyzeten und Amöbien führt zur Pilzzuchtlunge bzw. Farmerlunge oder Käsewäscherlunge.

→ III: Chemikalien: Wie Isocyanate.

1001 Berufsbedingte exogen allergische Alveolitis

 

Pathogenese:

→ I: Es handelt sich um eine allergische Reaktion vom Typ III (Immunkomplexreaktion = Arthur-Typ) mit Bildung von antigenspezifischen IgG-Immunkomplexen im Bereich der Alveolarschleimhaut.

→ II: Kommt es im weiteren Verlauf zu rezidivierenden Allergen-Expositionen, entwickelt sich eine chronisch-interstitielle Entzündung mit Aktivierung der neutrophilen Granulozyten und CD8-Suppressorzellen; in der Folge können sich Granulome ausbilden.

→ III: Im Zuge eines fehlerhaften Reparaturmechanismus entsteht eine Fibrose des Lungenparenchyms.

883 Schematische Darstellung der Pathogenese der exogen allergischen Alveolitis

 

Klinik: Das klinische Bild der exogen allergischen Alveolitis variiert sehr stark in Abhängigkeit von der Häufigkeit und der Intensität der Exposition sowie der individuellen Reaktionsweise. Charakteristisch jedoch ist die mehrstündige Latenz zwischen der Antigenexposition und dem Beschwerdebild. Es existieren 3 Verlaulfsformen: 

→ I: Akute Symptomatik: 3-8 Stunden nach massiver Allergenexposition bildet sich ein schweres Krankheitsgefühl mit Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, trockenem Husten, Dyspnoe und Thorax-Schmerzen aus. Die Symptome sind meist innerhalb von 24 - bis maximal 48 Stunden selbstlimitierend.

→ II: Subakute Form: (hierbei liegen repetitive inhalative Expositionen vor) Schleichender Beginn oft über einige Wochen mit Müdigkeit, Inappetenz, Husten und Dyspnoe, evtl. bis hin zur Zyanose. Die Rückbildung erfolgt über Tage bis Wochen und Monate nach Beendigung der Exposition.

→ III: Chronische Form: Bei langanhaltender Antigen-Exposition entwickeln sich klinische Symptome wie permanenter trockenem Husten, progrediente Dyspnoe, evtl. Zyanose und Polyglobulie sowie Gewichtsverlust (als pulmonale Kachexie). Gelegentlich manifestiert sich ein Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz.

 

Komplikation:

→ I: Ausbildung eines chronischen Stadiums mit respiratorische Insuffizienz und Lungenfibrose.

→ II: Pulmonale Hypertonie mit der Gefahr der Ausbildung eines Cor pulmonale

 

Diagnose:

→ I: Umfassende Eigenanamnese und Berufsanamnese. 

→ II: Klinische Untersuchung:

→ 1) Auskultation: Evtl.Tachypnoe, endexspiratorisches Knisterrasseln oder feinblasige RG´s in den unteren Lungenabschnitten.

2) Lungenfunktionstest: Nachweis einer restriktiven Lungenfunktionsstörung mit Abnahme der Vital- und Totalkapazität, Verminderung der Compliance und Ausbildung einer pulmonalen Diffusionsstörung (Behinderung des CO-Transfers). Die Blutgasanalyse kann initial in Ruhe normal sein; unter Belastung zeigt sich eine Hypoxämie (pO2 erniedrigt).

992 Normwerte der Blutgasanalyse

III: Labor: BSG-Erhöhung, Leukozytose und Nachweis spezifischer präzipitierender Antikörper vom IgG-Typ. Im chronischen Stadium dominiert eine CD8-Lmyphozytose. Ein wichtiger Aktivitätsparameter für den klinischen Krankheitsverlauf der Sarkoidose ist der von den aktivierten T-Lymphozyten abgeschilferte löslicher Interleukin-2-Rezeptor (= sIL-2R). Er hat hierbei insbesondere einen prognostischen Aussagewert, denn bei einem großen Anteil der Patienten ohne akutelle Therapieindikation, aber mit einem erhöhten sIL-2R-Serumspiegel manifestiert sich innerhalb der nächsten 6 Monate eine Therapieindikation.

→ IV: Inhalativer Provokationstest: Hierüber lässt sich das Krankheitsbild reproduzieren; dabei muss der Patient mindestens 7 Stunden lang überwacht werden:

1002 Arbeitsplatzbezogener inhalativer Provokationstest

V: Bildgebende Untersuchung:

→ 1) Röntgen-Thorax: Feinfleckige bis retikuläre Lungenverdichtung. Im chronischen Stadium sind Zeichen einer Fibrosierung wie verdickte bronchovaskuläre Bündel und das typische Honigwabenmuster (= Honeycombing) eruierbar.  

→ 2) HR-CT: Mittels hochauflösendem CT kann frühzeitig eine interstitielle Veränderung des Lungenparenchyms als sogenannte "ubiquitäre Milchglastrübung" dargestellt werden.

→ VI: Bronchoskopie + bronchoalveoläre Lavage: Die lymphozytäre Alveolitis ist durch einen verminderten CD4/CD8 Quotient < 1 ( = lymphztäre CD8-dominierte Alveolitis ; normal 2; T-Helferzellen/T-Suppressorzellen zugunsten der Suppressorzellen) charakterisiert. Bei der transbronchialen Biopsie sind die charakteristischen nicht-verkäsenden Granulome oder aber auch monozytäre Infiltrate und Riesenzellen nachweisbar.

 

Differenzialdiagnose

→ I: Akut: Bronchopulmonale Infekte, Asthma bronchiale, toxisches Lungenödem, Drescherfieber (= ODTS: Organic-dust-toxic Syndrom verursacht durch massive Inhalation von Getreidestäuben. Es besteht die gleiche Symptomatik, jedoch bilden sich keine Antikörper aus, noch kommt es zur irreversiblen Schädigung der Lunge). 

→ II: Chronisch: Lungenfibrose anderer Genese.

→ III: Weitere Differenzialdiagnosen: Sind u.a.:

→ 1) Tuberkulose und Infektionen mit weiteren (atypischen Mykobbakterien).

→ 2) Exogen-allergische Alveolitis, etc.

 

Therapie:

→ I: Mittel der Wahl ist die Expositionsprophylaxe durch Allergenkarenz.

→ II: Bei der akuter Form stehen die O2-Gabe sowie die Applikation Prednisolon 0,5mg-1,0mg/kgKG/d oral für 2 Wochen im Vordergrund. Nachfolgend erfolgt eine stufenweise Reduktion des Kortikosteroids über 4 Wochen.

→ III: Im chronischen Stadium ist die konsequente bzw. strikte Allergenkarenz obligat; Kortikoide verändern die Prognose hierbei nicht mehr.

 

Prognose: In der akuten Phase günstig, in der chronischen Phase ist sie abhängig von der Progredienz der Fibrose.