Definition: 

→ I: Bei der Chagas-Krankheit handelt es sich um eine durch das Trypanosoma cruzi ausgelöste Infektionskrankheit (= Trypanosomiasis), die im chronischen Krankheitsstadium zu einer entzündlichen dilatativen Kardiomyopathie bzw. Vergrößerung innerer Organe führen kann.

→ II: Erreger: Ist das Trypanosoma cruzi; die Übertragung erfolgt durch den Kot der Raubwanze. Den Erreger findet man gerade in Zentral- und Südamerika.

 

 Übertragung: Die Übertragung erfolgt:

 I: Über den Kot der nachtaktiven Raubwanze (z.B: Stichstellen, Kratzwunden),

 II: Kann jedoch auch über Bluttransfusionen oder

→ III: Kongenital erfolgen.

 

  Pathogenese: In den Raubwanzen durchlaufen die Trypanosoma cruzi verschiedene Entwicklungsstadien, wobei die infektiöse Form über den Kot ausgeschieden wird. Nach Kontakt mit dem Kot gelangt der Parasit über kleinste Hautläsionen in den menschlichen Organismus, über die Blutbahn weiter zum Herzen, retikuloendothelialen System sowie zur Neuroglia. Hier geht er in seine amastigote (intrazelluläre und somit ohne Geißel) Form über.

 

Inkubationszeit: Die Inkubation dauert im Durchschnitt 1-4 Wochen.

 

Klinik: Bei der Chagas-Krankheit wird zwischen einem akuten - und einem chronischen Stadium differenziert. 

→ I: Ein Teil der Infizierten bleibt asymptomatisch.

II: Akutes Stadium:

→ 1) Im Bereich der Eintrittspforte kommt es zur Ausbildung eines schmerzlosen Ulkus bzw. auch nur einer Schwellung (Ödembildung) und wird als Chagom bezeichnet; Ist es periorbital lokalisiert (als einseitiges Lidödem) spricht man von einem Romana-Zeichen. 

2) Durch die hämato- und lymphogene Streuung (= Parasitämie) treten für einige Wochen Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, generalisierte Lymphadenopathie, Leber- und Milzvergrößerung, aber auch urtikariaartige Hautveränderungen auf.

3) Begleitet wird diese Phasen von Bauchschmerzen, Übelkeit, Diarrhoe, Dyspnoe und Ödeme und neurologischen Symptomen wie Schlafstörungen insbesondere die Schlaflosigkeit, aber auch Krämpfen (insbesondere bei Kleinkindern). Bei schweren Krankheitsverläufen kann sich eine letal verlaufende Meningoenzephalitis (sowie Enzephalitis) manifestieren.

→ 4) Das akute Stadium geht in eine Latenzphase über, in der keine Krankheitszeichen vorliegen. Nur über positive serologische Tests ist die Infektion nachweisbar.

II: Chronisches Stadium: Tritt mit einer Latenz von Jahren bis Jahrzehnten auf; ist jedoch nicht obligat. Klinische Symptome sind unter anderem:

1) Kardial: Entwicklung einer Myokarditis, die in eine dilatative Kardiomyopathie mit apikalem Aneurysma mündet; des Weiteren manifestieren sich Herzrhythmusstörungen und der plötzliche Herztod. Klinische Beschwerden sind u.a. zunehmende Dyspnoe (Linksherzinsuffizienz) sowie Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz mit Aszites, Ödemen und/oder Thromboembolien. Des Weiteren können Schwindel, Palpitation und Synkopen bestehen.

2) Gastrointestinal: Typisch sind Ösophagus- und Kolondilatation mit Lähmung des Magen-Darm-Traktes, Gewichtsverlust, Dysphagie und Obstipation. 

→ 3) Pulmonal: Lungenmanifestationen der chronischen Chagas-Krankheit sind Megatrachea, Megabronchien und Bronchiektasen.

4) Weitere klinische Symptome sind u.a. Hepatosplenomegalie, eine Anämie sowie neurologische Symptome, die das autonome, zentrale und periphere Nervensystem betreffen können (z.B. sensorischen Ausfällen, Paresen, Läsionen des Kleinhirns, etc.).

 

→ Klinisch-relevant: Die Megabildung des Gastrointestinaltraktes sowie die Entwicklung der dilatativen Kardiomyopathie beruht auf einer Destruktion des Nervenplexus in der Darmwand bzw. des kardialen Reizleitungssystems.

 

Diagnose:

→ I: Anamnese, gerade die Reiseanamnese, evtl. Erfragen des Herkunftslandes.

II: Klinik: Typische Symptomtrias mit dilatativer Kardiomyopathie, Megaösophagus und Megacolon.

III: Labor:

→ 1) Das Blutbild zeigt im akuten Stadium der Chagas Krankheit eine leichte Anämie, Granulzytopenie oder Lymphozytose; zudem sind häufig aktivierte mononukleäre Zellen eruierbar

→ 2) Mikroskopischer Erregernachweis der Trypanosoma im Blutausstrich, dicker Tropfen oder Blutkultur (nur im akuten Stadium; nicht im chronischen).

→ 3) Xenodiagnose: Hierbei werden infektionsfrei gezüchtete Raubwanzen dem Patienten zum Blutsaugen aufgesetzt; 4 Wochen später wird der Wanzenkot auf Trypanosoma untersucht.

4) AK-Nachweis oder PCR.

 

→ Differenzialdiagnose: Von der Chagas-Krankheit müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Dysphagie bei Motilitätsstörungen wie der Achalasie, dem diffusen Ösophagusspasmus und hyperkontraktilen Ösophagus, aber auch bei Neoplasien wie das Ösophagus- oder Kardiakarzinom.

→ II: Kardialen Erkrankungen: Wie Myokarditis anderer Genese, dilatative Kardiomyopathie anderer Genese, etc.

→ III: Meningoenzephalitis anderer Genese, etc.

 

Therapie:

→ I: Akutes Stadium: Gabe von Benznidazol (5mg/kgKG/d über 60 Tage) oder Nifurtimox. Die tägliche Dosierung von Nifurtimox beträgt beim Erwachsenen 8-10mg/kgKG über ein Zeitintervall von 60-90 Tagen. Beide Substanzen sind kardiotoxisch, sodass eine stationäre Betreuung obligat ist.

II: Chronisches Stadium: Symptomatische Behandlung der dilatativen Kardiomyopathie mit z.B. Antiarrhythmika wie Amiodaron bei AV-Leitungsstörungen, Schrittmacherimplantation (evtl. ICD) oder chirurgischen Interventionen (u.a. die Herztransplantation).

 

 Prognose: Wird die Chagas-Krankheit nicht therapiert führt sie in bis zu 10% der Fälle zum Tod. Besonders betroffen sind Kleinkinder, alte und immunsupprimierte Menschen.