→ Definition: Bei der chronischen Gastritis handelt es sich um eine chronische Entzündung der Schleimhaut des Magens (Lamina propria) mit lympho-plasmazytärer Infiltration. Bei zusätzlicher granulozytärer Infiltration spricht man von einer aktiven chronischen Gastritis.
→ Epidemiologie: Das Auftreten der chronischen Gastritis nimmt mit dem Alter zu, sodass > 50% der über 65-Jährigen diese aufweisen.
→ Klassifikation: Bei der chronischen Gastritis unterscheidet man 3 primäre Subtypen:
→ I: A-Gastritis: (= Autoimmungastritis)
→ 1) Findet man in 5% der Fälle; betrifft vermehrt Frauen und Nordeuropäer (ist HLA B8 und DR3 assoziiert).
→ 2) Die Ätiologie ist nicht genau bekannt, häufig manifestiert sich eine Helicobacter-pylori-Infektion.
→ 3) Es bilden sich charakteristischerweise Autoantikörper gegen:
→ A) die kanalikulären Parietalzellen (= Belegzellen),
→ B) Die H/K-ATPase (90%) und
→ C) Den Intrinsic-factor (in 70% mit Ausbildung einer perniziösen Anämie).
→ 4) Die Autoimmungastritis ist im Bereich der Kardia und des Korpus lokalisiert und führt zu einem Schwund der Parietalzellen (= Belegzellen) mit Ausbildung einer Achlorhydrie (Anazidität).
→ Klinisch-relevant:
→ A) Durch die A-Gastritis wird der Regelkreislauf zwischen Korpus und Antrum unterbrochen und es entwickelt sich eine reaktive Hypergastrinämie (vermehrte Gastrinbildung im Antrum) mit Hyperplasie der enterochomaffinen Zellen und der Gefahr der Ausbildung eines Karzinoids.
→ B) Die Autoimmungastritis ist oftmals mit:
→ 1) Diabetes mellitus,
→ 2) Hashimoto-Thyreoiditis,
→ 3) Morbus Addison assoziiert.
→ II: B-Gastritis: (= Bakterielle Gastritis)
→ 1) Bei dieser Form handelt es sich um eine Antrumgastritis, ausgelöst durch eine Infektion der Magenschleimhaut mit dem H.P. Bakterium.
→ 2) Die Prävalenz der Helicobacter-Infektion nimmt mit dem Alter zu und entspricht ungefähr dem Lebensalter.
→ 3) Der Infektionsweg ist oral-oral oder fäkal-oral.
→ 4) Die B-Gastritis manifestiert sich als eine aszendierende Gastritis mit Verschiebung der Antrum-Korpus-Grenze nach kranial, wodurch es zu einem Schwund der Parietalzellen mit konsekutiver Hypochlorhydrie kommt.
→ 5) Sie geht fast immer in einen Ulcus duodeni und in 70% in einen Ulcus ventriculi über.
→ III: C-Gastritis: (= Chemische Gastritis)
→ 1) Hierbei handelt es sich um eine chemisch-toxisch ausgelöste Antrumgastritis.
→ 2) Häufigste Ursachen sind der Gallenreflux, gerade beim operierten Magen nach Billroth, aber auch durch NSAR oder Alkohol.
→ 3) Histologisches Charakteristikum ist das Fehlen von zellulären Infiltrationen; vielmehr manifestiert sich ein Ödem bzw. eine Fibrose der Lamina propria.
→ IV: Sonderformen: Der chronischen Gastritis sind unter anderem die Crohn-Gastritis. Sie bezeichnet die Manifestation eines Morbus Crohn im Magen. Histologische Charakteristika sind v.a. eine Granulzyteninfiltration sowie Epitheloidzellgranulome. Seltenere granulomatöse Gastritiden werden durch die Sarkoidose oder TBC verursacht.
→ Klinik: Die chronische Gastritis verläuft zumeist asymptomatisch. Nur jeder 2. zeigt Beschwerden wie postprandiales Völlegefühl, Aufstoßen, Sodbrennen, evtl. selten Ulkus-ähnliche Schmerzen auf.
→ Komplikationen:
→ I: A-Gastritis: Komplikationen der Gastritisform sind insbesondere die atrophische Gastritis sowie der Vitamin B12-Mangel mit seinen möglichen Folgen (Risiken):
→ 1) Perniziösen Anämie und
→ 2) Funikulären Myelose: Hierbei handelt es sich um einen, durch Vitamin-B12 Mangel, hervorgerufenen Schwund der Markscheiden im Bereich der Hinterstränge (Ataxie mit Gangunsicherheit) und der Pyramindenbahnen (Pyramidenbahnzeichen und Paresen). Weitere Symptome sind evtl. Areflexie, Zeichen einer Neuropathie mit Parästhesien.
→ 3) Magenkarzinom.
→ II: B-Gastritis:
→ 1) In 25% kommt es zur Bildung von Autoantikörpern gegen kanalikuläre Parietalzellen und H/K-ATPasen.
→ 2) In 5% Übergang in eine A-Gastritis.
→ 3) Ausbildung eines Ulcus duodeni (5%) oder eines Ulcus ventriculi (1%),
→ 4) Entwicklung eines gastralen B-Zell-Lymphoms (= MALT-Lymphom).
→ 5) Ausbildung eines Magenkarzinoms.
→ 6) Evtl. Entwicklung einer idiopathischen thrombozytopenischen Purpura.
→ III: C-Gastritis: Hier sind die häufigsten Komplikationen:
→ 1) Ulzerationen und
→ 2) Blutungen.
→ Diagnose: Die Diagnose der chronischen Gastritis wird ausschließlich endoskopisch histologisch gestellt; hierzu gehört auch die HP-Diagnostik.
→ I: Gastroskopie: mit Biopsie aus Korpus und Antrum und Histologie:
→ 1) Makroskopisch: Charakteristisch sind Erythem, Hämorrhagie und flache bis polypoide Erosionen.
→ 2) Mikroskopisch: Histologisch zeichnet sich die chronische Gastritis durch Infiltration der Lamina propria mit Lymphozyten und Plasmazellen aus.
→ II: HP-Diagnostik: Diese sollte 2 Wochen nach Beendigung einer PPI-Therapie bzw. 4 Wochen nach HP-Eradikation erfolgen.
→ III: HUT: (HP-Ureaseaktivitätstest) Die gram-negativen HP-Bakterien weisen eine hohe Ureaseaktivität auf. Hierbei werden die Gewebeproben in ein Trägermedium gelegt, welches bei positivem Testergebnis farblich (rosa) umschlägt, ausgelöst durch eine pH-Verschiebung. Falsch-negative Ergebnisse entstehen bei Vorbehandlung mit PPI oder H2-Blockern.
→ IV: 13C-Atemtest: Nach oraler Gabe von 13C-Harnstoff, kommt es zu einem vermehrten Ausatmen von 13CO2, verursacht durch die Spaltung von 13C-Harnstoff durch die HP-eigene Urease.
→ V: HP-Antigen-Nachweis im Stuhl.
→ VI: Labor: Evtl. Nachweis einer mikrozytären Anämie bei chronischen Blutungen, bzw. einer makrozytären, hyperchromen Anämie bei Vit.-B12-Mangel.
→ VII: Bei der A-Gastritis erfolgt nicht selten der Nachweis von Autoantikörpern (IgA, IgG) gegen kanalikuläre Parietalzellen und H/K-ATPase im Serum.
→ Klassifikation: (= Sidney-Klassifikation) Sie richtet sich nach dem endoskopisch-histologischen Befund:
→ I: Ätiologie: Autoimmun-Gastritis, bakterielle Gastritis, Gastritis aufgrund von Noxen.
→ II: Tropographie: Korpus, Antrum, Pangastritis.
→ III: Morphologie: Sie beinhaltet 5 Charakteristika:
→ 1) Chronische Gastritis: Der Schweregrad der chronischen Gastritis wird durch das Ausmaß der lymphoplasmazytäre Infiltration der Lamina propria der Magenschleimhaut (3 unterschiedliche Schweregrade) bestimmt;
→ 2) Aktivität: Die Aktivitätseinschätzung richtet sich nach der Granulozytendichte:
→ A) Geringgradige Aktivität: Es zeigen sich intraepitheliale und interstitielle Granulozyteninfiltrationen.
→ B) Hochgradige Aktivität: Dichtes Granulozyteninfiltrat mit Ausbildung von intrafoveolären Mikroabszessen.
→ 3) Die Atrophie der Drüsen wird über den Verlust an Haupt- und Belegzellen bestimmt.
→ 4) Intestinale Metaplasie: Hierbei wird das einschichtige Oberflächenepithel des Magens durch Bürstensaumenterozyten, Paneth-Zellen und Becherzellen des Darms ersetzt.
→ Therapie:
→ I: A-Gastritis:
→ 1) Bei Nachweis einer HP-Besiedlung kann die klassische Eradikation zu einer Ausheilung führen.
→ 2) Bei Vitamin-B12 Mangel parenterale Substitution von 500-1000µg/Monat.
→ 3) Jährliche gastroskopische Kontrollen aufgrund eines erhöhten Karzinomrisikos.
→ II: B-Gastritis: Mittel der Wahl ist die HP-Eradikation mit Hilfe eine Tripel-Therapie bestehend aus:
→ 1) Einem Protonenpumpenhemmer und
→ 2) 2 Antibiotika über 7 Tage.
→ 3) Die Eradikationsrate liegt bei > 90%. Hier werden 2 Eradikationsverfahren unterschieden:
→ A) Französische Triple-Therapie: Die französische Triple-Therapie ist das Mittel der 1. Wahl. Es handelt sich um eine Kombinationstherapie bestehend aus einem Protonenpumpeninhibitor z.B. Omeprazol 20mg/d oder Pantoprazol 40mg/d (2 x 1 Standarddosis/d), Clarithromycin (2 x 500 mg/d) und Amoxicillin (2 x 1000mg/d).
→ B) Italienische Triple-Therapie: Sie umfasst einen Protonenpumpeninhibitor (2x Standarddosis/d) sowie Clarithromycin (2 x 250mg/d) und Metronidazol mit 2 x 400 mg/d.
→ III: C-Gastritis: Es ist eine absolute Alkoholabstinenz sowie das sofortige Absetzten der NSAR indiziert. Ist dies nicht möglich sollten zusätzich die Gabe eines PPI erfolgen. Bei symptomatischem Gallereflux wird ein Prokinetikum oder Colestyramin verabreicht.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Gegen Metronidazol besteht in 30-50% der Fälle eine Resistenz; aus diesem Grund ist diese Therapie nur Mittel der zweiten Wahl.
→ B) Absolute Indikation: Ulcuskrankheit, MALT-Lymphom des Magens.
→ C) Relative Indikation: HP-Gastritis, lymphozytäre Gastritis, Morbus Menetrier,
→ D) Kontrolle: 6-8 Wochen nach einer Eradikationstherapie sollte eine gastroskopisch Untersuchung mit HP-Diagnostik erfolgen. Ist die Eradikation nicht gelungen ist eine Zweitlinientherapie mit einem anderen Antibiotikum wie z.B. Levofoxacin (statt Clarithromycin) indiziert.