Definition: Beim hypophysären Koma handelt es sich um einen akut-lebensbedrohlichen Ausfall der adrenokortikalen und thyreotropen Achse mit ausbleibender Sekretion von ACTH und TSH bzw. der NNR- und der Schilddrüsen-Hormone. Ein Ausfall des STH, der Gonadotropine und des Prolaktins stellt keine lebensbedrohliche Situation dar.

  Ätiologie:

→ I: Es handelt sich um ein sehr seltenes Krankheitsbild und wird gerade bei Patienten mit chronische Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz ausgelöst durch:

→ 1) Stresssituationen wie fieberhafte Infekte, Diarrhoe, Erbrechen, operative Eingriffe und Bestrahlung.

→ 2) Inadäquate hormonelle Substitutionsbehandlung.

→ 3) Weiter Ursachen: Sind Schock, Schädel-Hirn-Traumata, Sheehan-Syndrom, große Hypophysentumoren und Einblutungen.

 

Klinisch-relevant: Es entwickelt sich akut eine Unterversorgung des Organismus infolge eines NNR- und Schilddrüsenhormonausfalls.

 

Klinik:

→ I: Das klinische Bild ist geprägt durch Symptome, wie:

→ 1) Adynamie, blase Haut (infolge einer verminderten Produktion von Prooptiomelanocortin).

→ 2) Bewusstseinsstörungen, Somnolenz bis hin zum Koma.

→ 3) Kardiovaskuläre Symptome: Bradykardie, Hypotonie und Hypothermie.

→ 4) Hypoventilation (respiratorische Azidose), 

 5) Hyponatriämie,

→ 6) Weitere Symptome: Sind u.a. Blasse Haut (infolge einer verminderten Proopiomelanocortin-Produktion), spärliche bis fehlende Axillar- und Pubesbehaarung aufgrund eines sekundären Hypogonadismus.

→ II: Je nach Ausprägung kann die klinsche Symptomatik der Addison-Krise oder dem Myxödemkoma gleichen.

 

  Diagnose:

→ I: Labor:

→ 1) ACTH, Cortisol, sowie TSH, fT3 und fT4 sind deutlich erniedrigt oder z.T. nicht mehr nachweisbar. Des Weiteren ist die Kontrolle von FSH und LH obligat.

→ 2) Des Weiteren ist der Blutzucker sowie die Serumnatriumkonzentration vermindert und es manifestiert sich eine respiratorische Azidose (Hypoventilation).

→ 3) Renin ist deutlich erhöht.

II: CT/MRT: Kraniale Bildgebung zur Differenzialdiagnose.

 

Differenzialdiagnose: Vom hypophysären Koma müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden: 

→ I: Kardiogener oder hypovolämischer Schock,

→ II: Diabetes insipidus.

→ III: Coma diabeticum (wie hyperosmolares Koma und ketoazidotisches Koma).

→ IV: Hypothyreose,

 

Therapie:

→ I: Symptomatisch: Intensivmedizinische Überwachung der Vitalfunktionen mit Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution in Form von isotonen Kochsalz- und Glukose-Lösungen, evtl. Intubation.

→ II: Medikamentös:

→ 1) Sofortige Applikation von 100mg Hydrocortisol i.v. als Bolus, anschließend 100-200mg über 24 Stunden.

→ 2) Bei bestehender Hypothyreose Applikation von 500µg L-Thyroxin i.v. als Bolus, anschließend 100µg/d.

888 Wichtige Therapiestrategien beim hypophysären Koma

 

  Klinisch relevant:

→ A) Die Cortisol-Substitution muss immer vor der L-Thyroxin-Applikation erfolgen, da ansonsten die durch den Kortisolmangel hervorgerufene Symptomatik verstärkt wird.

→ B) Der durch die NNR-Insuffizienz verursachte Flüssigkeitsmangel kann bei bestehender sekundärer Hypothyreose infolge einer immensen Flüssigkeitssubstitution zu einer kardiogenen Dekompensation führen.

 

Prognose: Bei adäquater Therapie günstig.