→ Definition: Dei der Addison-Krise handelt es sich um eine Folgezustand eines akuten Cortisolmangels (und Aldosteron-) und ist auf eine Schädigung der Nebennierenrinde zurückzuführen. Sie stellt eine akute lebensbedrohliche Notfallsituation dar.
→ Ätiologie:
→ I: Abruptes Absetzten einer jahrelangen Glucokortikoid-Therapie (häufigste Ursache).
→ II: Schwere, akute Belastungen (z.B. Infektionen, Traumat, Operationen etc.) bei latenter, nicht-bekannter NNR-Insuffizenz.
→ III: Unzureichende Erhöhung der Cortisondosis bei starken physischen Belastungen wie Infektionen, Traumata oder schweren Operationen.
→ IV: Watherhouse-Friedrichsen-Syndrom: Plötzlicher Funktionsausfall der NNR aufgrund einer Sepsis mit Meningokokken.
→ IV: NNR-Blutungen: Einnahme von Macumar.
→ Klinisch-relevant: Gerade unter stärksten Belastungen kann sich eine Dekompensation der NNR mit nachfolgender Ausbildung einer endokrinen Krise (Stadium III) bis hin zum endokrinen Koma (Stadium IV) entwickeln.
→ Klinik: (siehe auch NNR-Insuffizienz/Morubs Addison) Klinisch manifestiert sich die Addison Krise als extreme Ausprägung der NNR-Insuffizienz, mit:
→ I: Extremer Adynamie und Schwäche.
→ II: Pseudoperitonitis mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe.
→ III: Dehydratation mit Elektrolytentgleisung (mit Hyponatriämie, Hyperkaliämie, Erniedrigung von Chlorid und Bikarbonat, etc.), Exsikkose, extreme Hypotonie (RR z.T. nicht mehr messbar) bis hin zum Kreislaufschock.
→ IV: Oligurie mit Kreatininanstieg und Gefahr der Ausbildung eines (prärenalen) akuten Nierenversagens.
→ V: Anfängliche psychische Auffälligkeiten mit Antriebsarmut einerseits und Unruhe bzw. Reizbarkeit andererseits.
→ V: Im weiteren Verlauf entwickeln sich Delir-Zustände, Apathie, Somnolenz und Koma.
→ VI: Weitere Symptome sind Hyperpigmentierung der Haut und evtl. Schleimhäute (infolge der vermehrten Freisetzung von Alpha-MSH), Hypoglykämie mit der Gefahr von Krampfanfällen, metabolische Azidose und nicht zuletzt hohes Fieber.
→ Diagnose:
→ I: Labor:
→ 1) Infolge des Hypokortisolismus sind charakteristischerweise der morgendliche Serumkortisolspiegel erniedrigt und ACTH erhöht; ggf. ACTH-Stimulationstest.
→ 2) Elektrolyten: Des Weiteren zeigt sich eine Hyponatriämie bei Dehydratation, Hyperkaliämie (EKG-Befund: Hyperkaliämie), Hyperkalzämie, Erniedrigung von Chlorid und Bikarbonat sowie ein Hämatokrit-Anstieg.
→ 3) Nierenretensionswerte: Beim prärenalen Nierenversagen sind Kreatinin und Harnstoff im Serum erhöht, Kreatinin-Clearance erniedrigt.
→ 4) Weitere Laborauffälligkeiten sind eine Hypoglykämie, metabolische Azidose, Lymphozytose und evtl. Eosinophilie.
→ Differenzialdiagnose: Von der Addison-Krise müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Endokrine Differenzialdiagnosen:
→ 1) Hypothyreose,
→ 2) Hyperkalzämie bzw. hyperkalzämische Krise,
→ 3) Hypoglykämie,
→ 4) Coma diabeticum (hyperosmolares Koma/ ketoazidotisches Koma), aber auch jedes weitere Koma.
→ II: Weitere Erkrankungen:
→ 1) Lungenembolie,
→ 2) Sepsis,
→ 3) Myokardinfarkt,
→ 4) Laktatazidose.
→ Therapie: Die Behandlung sollte sofort ohne Zeitverzögerung bei Stellung der Verdachtsdiagnose erfolgen.
→ I: Allgemeinmaßnahmen:
→ 1) Intensivmedizinische Überwachung der Vitalparameter, sowie engmaschige Wasser- und Elektrolytkontrolle (Natrium, Kalium, Glukose).
→ 2) Thrombose- und Stressulkusprophylaxe,
→ 3) Behandlung der auslösenden Erkrankung (z.B. mittels Antibiotika)
→ 4) Frühzeitige Gabe von 4-6l einer 0,9%-iger Kochsalzlösung und 5%iger Glucose bis es zum Ausgleich der hypotonen Dehydratation (ZVD, Serumnatrium,Glucosewerte) kommt.
→ 5) Bei Schockzeichen Gabe von Katecholaminen und kolloidaler Volumenersatzlösung.
→ 6) Gezielte Elektrolytsubstitution zum Ausgleich des Säure-Base-Haushaltes.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Die Na+-Konzentration nicht > 10mmol/l pro Tag abheben, ansonsten besteht die Gefahr einer zentralen pontinen Myelinolyse.
→ B) Kaliumhaltige Infusionen, sowie Sedativa und Narkotika sind kontraindiziert.
→ II: Medikamentös:
→ 1) Initial Gabe von 100mg Hydrocortison als Bolus i.v. Danach 100-300 mg/24h in einer 5-% -iger Glucose-Lösung.
→ 2) Erhaltungsdosis: Nach der Krisenüberwindung wird Hydrocortison in einer Erhaltungsdosis von 15-30mg/d appliziert.
→ Prophylaxe: Der Addison-Krise
→ I: In Stresssituationen erfolgt eine Intensivierung der Cortisontherapie, bei schweren operativen Eingriffen und Infektionen muss die Cortisondosis auf das 2-5(-10)-fache erhöht werden.
→ II: Schulung der Betroffenen über die Erkrankung und mögliche Gefahren.
→ III: Tragen eines Notfallausweises.