Definition: Beim Paget-von-Schroetter-Syndrom handelt es sich um einen thrombotischen Verschluss der V. subclavia bzw. der V. axillaris. Die Armvenenthrombose macht 2% aller tiefen Venenthrombosen aus.

528 Schematische Darstellung der kostoklavikulären Enge

  Lokalisation: Die Vena axillaris recht vom kaudalen Rand des M. pectoralis major bis zur 1. Rippe und setzt sich anschließend in der V. subclavia fort. Nahe ihres Ursprungs nimmt sie die V. cephalica sowie weitere kleine Nebenäste auf. Die V. subclavia reicht bis zum Manubrium sterni, wo sie mit der Vena jugularis in die V. brachiocephalica übergeht. 

→ I: Die Prädilektionsstelle stellt der kostoklavikuläre Engpass dar.

→ II: Dieser wird oben durch die Klavikula, medial durch den M. subclavius, kaudal durch die 1. Rippe und dorsal durch den M. scalenus anterior begrenzt.

482 WIchtige Engstellen beim neurovaskulären Schulter Arm Syndrom

 

Pathogenese:

→ I: Im Bereich der kostoklavikulären Engstelle zwischen 1. Rippe, muskulären Strukturen und der Klavikula kann es im Rahmen einer Hyperabduktion des Armes zur Kompression der V. subclavia mit möglicher Intimaverletzung und konsekutiver Thrombosebildung kommen.

→ II: Angenommen wird, dass durch repetitive Kompression des Gefäßes die Venenwand geschädigt und infolgedessen das Syndrom ausgelöst wird.

→ III: Risikofaktoren: Sind hierbei insbesondere:

→ 1) Sportliche Aktivitäten und Kraftanstrengungen wie Handball, Basketball, Tennis, Kraftsport und Holzhacken (= „Thrombose par effort“). Sie wird durch eine einmalige, ungewöhnlich kräftige und reißende Bewegung oder Dauerarbeiten in ungewöhnlicher Körperhaltung hevorgerufen und betrifft überwiegend junge Männer (M : F = 3 : 1).

→ 2) Infolge beruflicher Betätigungen wie Über-Kopf-Arbeiten,

→ 3) Iatrogen durch Verletzungen bei Anlage eines Venenkatheters, Dialyseshunts oder eines Herzschrittmachers.

→ 4) Abflussbehinderung im Bereich der Axillar und des Mediastinums durch Tumorerkrankungen z.B. Lymphom, etc.

5) Folge eines Thoracic-outlet-Syndrom (Einstrombehinderung im Rahmen eines Throacic-inlet-Syndroms in bis zu 70% der Fälle), durch vermehrter Kallusbildung nach einer Klavikulafraktur, Exostose der 1. Rippe, angeborene Halsrippe oder auch ein länger liegender zentraler Venenkatheter.

 

  Klinik: Das Paget-von Schroetter-Syndrom kann akut oder subakut verlaufen und weist eine charakteristische Symptomtrias auf. 

→ I: Schweregefühl, Ermüdbarkeit und Schmerzen in der betroffenen Schulter, Arm und Hand.

→ II: Schwellung (z.B. Umfangzunahe der Schulter). 

→ III: Venöses Rete axillaris und Zyanose (livid-marmoriert), die unter Belastung auftritt bzw. zunimmt.

 

Klinisch-relevant: Gerade auch bei chronischen Krankheitsverläufen entwickelt sich eine Geflecht von subkutanen Kollateralvenen im Bereich der Schulter; es wird als venöses Rete axillaris bezeichnet.

 

Komplikation: Eine seltene jedoch vital-bedrohliche Komplikation ist die Ausbildung einer Lungenembolie (3% der Fälle).

 

Diagnose:

→ I: Anamnese/ klinische Untersuchung:

→ 1) Meist schleichender Beginn, Ausschluss von Risikofaktoren.

→ 2) Inspektorisch fällt die verstärkte Venenzeichung an der vorderen Thoraxwand auf.

→ 3) Kostoklavikulartest: Der Patient hält bei diesem Test den Kopf gerade und zieht die Schultern nach hinten unten. Der Test ist positiv, wenn sich ein Pulsverlust (A. radialis) manifestiert.

 4) Abduktionstest: Verlust des Radialis-Pulses bei 180° abduziertem und außenrotiertem Arm.

799 Schematische Darstellung des Kostoklavikular  und Hyperabduktionstests

II: Bildgebende Verfahren:

→ 1) Sonographie: (Duplexsonographie) Dient der Sicherung der Diagnosestellung. Charakteristisch ist die Nichtkomprimierbarkeit und der verminderte bzw. fehlende Blutfluss in der thrombosierten Vene (insbesondere während der Inspiration).

→ 2) Armphlebographie: Wird nur noch in seltenen Fällen angewandt. Fehlende Kontrastmittelanreicherung im Bereich der Thrombose, evtl. Nachweis von Kollateralkreisläufen.

→ 3) Röntgen: Des Thorax dient vor allem dem Ausschluss raumfordernder Prozesse. 

 

Differenzialdiagnose: Vom Paget-von-Schroetter-Syndrom müssen vor allem nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Tumoren des Mediastinums, der Axilla oder der Klavikulagrube.

→ II: Weitere Differenzialdiagnosen: Sind u.a.:

→ 1) Herzinsuffizienz,

→ 2) Polyglobulie, aber auch Anämie sowie

→ 3) Lymphatische Stauung.

 

Therapie:

→ I: Konservativ:

→ 1) Allgemeinmaßnahmen wie Hochlagerung und Wickeln des Arms, Vermeidung von Abduktionsbewegungen.

→ 2) Medikamentös: 5000-10000IE Heparin als Bolus, anschließend 20000-30000 IE/d über 5-7 Tage (PTT: 60-80s). Überlappend erfolgt eine Cumarintherapie mit Macumar für mindestens 3 Monate (bis 6 Monate).

800 Verhaltensempfehlungen bei der konservativen Therapie des Paget Schroetter Syndroms

3) Lysetherapie: Bei jungen Patienten mit frischer Thrombose (3-4 Tage) und massiver Schwellung des Arms ist eine Lysetherapie mit Streptokinase, Urokinase oder rt-PA indiziert. Kontraindikationen sind u.a. Zustand nach arteriellen Punktionen und intramuskulären Injektionen, bestehende gastrointestinale Ulzerationen, arterielle Hypertonie, Endokarditis, Pankreatitis, Sepsis, etc.

II: Operativ:

→ 1) Indikation: Kontraindikationen für eine Lysetherapie oder eine erfolglose Lysetherapie.

→ 2) Verfahren:

→ A) Thrombektomie: Entfernung des thrombotischen Materials mittels Fogarty-Katheter über die V. brachialis.

→ B) Operative Therapie der Kompressions-Ursache; Resektion der 1. Rippe, einer Halsrippe, muskuläre Durchtrennung.

C) Postoperativ: Sollte eine überlappende Antikoagulation mit Marcumar über mindestens 3 Monate erfolgen (Ziel-INR 2,5-3.5 bzw. Quick 20-30).

 

Prognose: Bei erfolgloser Therapie der Subclavia-/Axillaris-Thrombose besteht die Gefahr der Ausbildung eines postthrombotischen Syndroms.