Definition:

→ I: Portosystemische Shunts sind neben dem interventionellen TIPSS-Verfahren operative Gefäßanastomosen zwischen V. portae und der V. cava inferior und dienen der Druckentlastung einer portalen Hypertension (und ihrer Komplikationen).

→ II: Die Indikation der portosystemischen Shunt-Opertion ist aufgrund der Komplikationen (z.B. hepatische Enzephalopathieund der zumeist schlechten Prognose der Grunderkrankung streng zu stellen.

 

Indikation:

→ I: Im Notfall bei anhaltender nicht-beherrschbarer ösophagealen Varizenblutungen,

→ II: Zur Vermeidung von Rezidivblutungen.

→ III: Milzvenenthrombose

 

→ Klinisch-relevant:

 A) Die portocavalen Shunt-Operationen stellen bei portaler Hypertension infolge einer Leberzirrhose eine Palliativtherapie dar, da sie kein Einfluss auf die Grunderkrankung haben. Ist eine Lebertransplantation geplant, sollte das Verfahren aufgrund von Verwachsungen vermieden werden.

→ B) Je lebernäher der Shunt positioniert wird, umso besser ist die Dekompression der portalen Hypertension, aber umso geringer ist auch die Leberdurchblutung.

 

Operationszeitpunkt:

→ I: Notoperation: Hierbei erfolgt die OP während einer akut, nicht-beherrschbaren Varizenblutung zur sofortigen und definitiven Blutstillung; zumeist wird ein portokavaler End-zu-Seit-Shunt gelegt Ein alternatives Verfahren ist der mesenterikokavaler Interpositionsshunt). Kontraindikationen sind u.a.: Coma hepaticum, schwere Herzinsuffizienz etc.

II: Frühelektiv-Operation: Innerhalb von 24-48 Stunden nach Blutungsstillstand, um ein Frührezidiv zu vermeiden.

→ III: Elektiv-Operation: Sie erfolgt im blutungsfreien Intervall ca. 2-3 Wochen nach der der letzten Blutung. Kontraindikation stellt die schwere Leberinsuffizienz dar.

 

Klassifikation: Die portosystemischen Shunt-Operationen werden je nach Funktion bezüglich des portalen Blutflusses unterteilt in:

→ A) Totaler Shunt,

B) Partieller Shunt und

→ C) Selektiver Shunt.

 

I: Totaler/Kompletter Shunt: (= nicht-selektiv) Charakteristikum ist, dass das gesamte Blut der Pfortader in die Vena cava inferior umgeleitet wird; es handelt sich somit um eine vollständige Umgehung der Leber. Hierzu gehören:

→ 1) Portocavaler End-zu-Seit-Shunt: Bei dieser Operation wird nach Absetzen der Pfortader an der Bifurkation eine End-zu-Seit Anastomose zwischen V. portae und V. cava inferior geschaffen. Folge ist eine sofortige Druckentlastung der gestauten Ösophagusvarizen. Die Operation ist rasch durchführbar, bewirkt eine dauerhafte Drucksenkung und ist inbesondere in der Notfallsituation (= Notshunt) indiziert.

→ 2) Portokavaler Seit-zu-Seit-Shunt: Stellt eine Modifikation dar und wird eher selten insbesondere beim Budd-Chiari-Syndrom und Aszites angewandt. Vorteile sind:

→ A) Gute Drucksenkung und

→ B) Das niedrige Thrombosierungsrisiko mit 5%.

Nachteile sind u.a.:

→ A) Häufige Aszites-Bildung und

→ B) Die Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie.

3) Proximaler splenorenaler Shunt: (nach Linton) Hierbei handelt es um ein obsoltes Verfahren bei dem nach Splenektomie die V. mesenterica superior mit der linken Nierenvene anastomisiert wird. Häufige Indikationen waren u.a.:

→ A) Biläre Zirrhose,

→ B) Prähepatischer Block oder

→ C) Hypersplenismus.

 

Klinisch-relevant: Der Aszites stellt eine Kontraindikation für dieses operativen Verfahren dar.

489 Totaler bzw. kompletter portosystemischer Shunt

 

II: Selektiver inkompletter Shunt: Dieses Verfahren ist durch die selektive Reduktion des Blutflusses zu den Varizen unter Erhaltung des portalen Flusses gekennzeichnet.

1) Distaler splenorenaler Shunt: (nach Warren) Prototyp der selektiven Shunts ist der distale splenorenale Shunt, der unter Erhaltung der Leberdurchblutung die Ösophagusvarizen entlastet. Es erfolgt eine Ligatur der V. coronaria ventriculi und V. gastrica sinistra. Anschließend wird die V. lienalis vor Einmündung in die V. portae durchtrennt und schließlich mit der V. renalis sinistra End-zu-Seit anastomisiert. Folge ist die Druckentlastung von Milz, Magen und Ösophagus. Eine klassische Indikation stellt die Leberzirrhose dar und verhindert die Rezidivblutung. Vorteile des Verfahren sind:

→ A) Geringes Enzephalopathie-Risiko,

→ B) Geringe Veränderung der Leberdurchblutung.

Nachteile sind u.a.:

A) Geringe portale Drucksenkung,

→ B) Erhöhtes Thrombosierungsrisiko.

→ 2) Cavomesenterialer Shunt: Es stellt eine operatives Verfahren dar, bei der die V. cava inferior oberhalb der Bifurkation durchtrennt und anschließend mit der V. mesenterica superior anastomisiert wird. Es ist vor allem bei Kindern (vor dem 10.Lj.), bei denen das Gefäßlumen noch zu schmal ist, indiziert.

→ 3) Portocavaler End-zu-Seit-Shunt: Mit Arterialisation des Pfortaderstumpfes (nach Matzander). Bei dieser portocavalen Anastomose wird mit Hilfe eines Gefäßtransplantates (z.B. V. saphena magna) zwischen Arteria iliaca und V. portae eine verbesserte Leberdurchblutung erreicht. Es wird aufgrund des deutlich erhöhten Thromboserisikos, der nicht-druckadaptierten Arterilisation der Leber nur selten angewandt.

490 Selektiver bzw. inkompletter portosystemischer Shunt

 

→ III: Partieller Shunt: (= Mesentericocavaler-Shunt = H-Shunt nach Drapanas) Hierbei erfolgt die Implantation einer Interponats (z.B. Kunststoffprothese (12-18mm) zwischen V.mesenterica superior und V. cava inferior. Vorteile sind insbesondere:

→ 1) Ausgeprägte Reduktion des Pfortaderdrucks und

→ 2) Das geringe Thrombosierungsrisiko des Shunts. Nachteil der Anlage ist das deutlich erhöhte Enzephalopathierisiko aufgrund des Umgehungskreislaufs.

491 Patieller Shunt

 

  Nachsorge: 

→ I: Postoperative Komplikationen: Hauptgefahren bestehen fast ausschließlich im Bereich der Anastomose und umfassen:

→ 1) Knickbildung,

→ 2) Zug und Torsion und nicht zuletzt

→ 3) Kollaps bei niedrigem Flow. Nach portosystemischer Shunt-Anlage ist die Nachsorge bzw.

→ II: Kontrolluntersuchungen wegen der Gefahr der hepatische Enzephalopathie bzw. Thombosierung des Shunts von großer Bedeutung. Weitere Nachsorge-Parameter umfassen die:

1) Therapie neu auftretender Infektionen,

→ 2) Alkoholabstinenz,

→ 3) Eiweißarme Diät und

→ 4) Das Vermeiden einer zu hohen Diuretikatherapie-Dosierungen.

492 Unterschiede zwischen portokavalem und splenorenalem Shunt

 

  Prognose:

→ I: Die Operationsletalität portocavaler Shunts korreliert direkt mit dem Child-Stadium und liegt im:

→ 1) Child A Stadium bei ca. 5%,

→ 2) Child B Stadium bei 12% und

→ 3) Child C Stadium schon bei 40%.

→ II: Die 5-Jahresüberlebenschance beträgt insgesamt 50%.

 

Klinisch-relevant: Sperroperationen:

→ I: Definition: Bei den Sperroperationen handelt es sich ein operatives Verfahren, bei dem eine Unterbrechung des Blutflusses vom (gestauten) Pfortadersystem zu den Ösophagus- bzw. Magenvarizen erfolgt. Es stellt ein rein palliatives Verfahren dar und hat keinen Einfluss auf die portale Hypertension.

II: Indikation:

→ 1) Komplette Thrombosierung des Pfortadersystems und/oder eine Shunt-Operation nicht möglich ist.

→ 2) Endoskopisch nicht beherrschbare Varizenblutungen.

→ III: Operative Techniken: Hierzu zählen:

1) Hassab-Paquet-OP: Hierzu gehört die Devaskularisation des oberen Magendrittels und 6-8cm des distalen Ösophagus, die Ligatur der paraösophagealen Venen sowie der Venae gastricae breves mit oder ohne Splenektomie.

→ 2) Sugiura-Futagawa-OP: Es handelt sich um eine 2-Höhlen Operation mit Devaskularisation und Transsektion des Ösophagus, Splenektomie und Pyloroplastik.