→ Definition: Der QRS-Komplex entspricht der intraventrikulären Erregungsausbreitung, nämlich über die Tawara-Schenkel, die Faszikeln auf das Purkinje-Fasersystem und die quergestreifte Herzmuskelfasern. Eine intraventrikuläre Erregungsleitungsstörung durch Verzögerung oder Unterbrechung der Reizleitung innerhalb des spezifischen Systems (s.o.) wird als Schenkelblock (in einem Tawara-Schenkel) bezeichnet. Im Oberflächen-EKG ist diese Verzögerung durch einer Verbreiterung (> 110msec.) und Deformität des QRS-Komplexes (Norm: 0,06-0,10 sec.) objektivierbar.
→ Ätiologie: Ursachen für die Entwicklung bzw. das Bestehen einer Verzögerung oder vollständige Unterbrechung der Erregungsleitung (= Schenkelblock) sind u.a.:
→ I: Akuter Myokardinfarkt, herzchirurgische Eingriffe, aber auch KHK.
→ II: Entzündungen wie Myokarditis oder Perikarditis.
→ III: Druckbelastungen unterschiedlicher Genese, hypertensive Herzerkrankungen, Herzfibrose, Lungenembolie, Aorten- (Aortenklappeninsuffizienz/-stenose) sowie Mitralklappenvitien (Mitralklappenstenose/-insuffizienz).
→ IV: Degenerative Prozesse des Reizleitungssystems (1% der Fälle mit 50 Jahren und 17% der Fälle im Alter von 80 Jahren).
→ V: Weitere Ursachen: Kardiomyopathien (z.B. dilatative Kardiomyopathie, arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, restriktive Kardiomyopathie, etc.), Elektrolytentgleisungen, allgemein Intoxikationen, insbesondere auch Medikamentenintoxikation, etc.
→ Klassifikation:
→ I: Wird ein Ventrikel aufgrund der Leistungsstörung transmyokardial von der Gegenseite erregt, liegt die Verbreiterung des QRS-Komplexes > 0,12 sec. (= 120msec.); man spricht in diesem Zusammenhang von einem kompletten Schenkelblock.
→ II: Wird bei geringer Erregungsleitungsstörung die Gegenseite nur teilweise transmyokardial erregt, beträgt die QRS-Komplex-Breite 0,10-0,11 sec. (= 100 bis 110msec.) und man spricht von einem inkompletten Links- bzw. Rechtsschenkelblock. Da sich der linke Tawara-Schenkel wiederum in einen anterioren - und posterioren Faszikel aufteilt stellen die Ventrikel ein trifaszikuläres Erregungsleitungssystem dar und wird somit nochmals subklassifiziert in:
→ 1) Linksanteriorer Hemiblock: Mit Leitungsstörungen im anterioren Faszikel.
→ 2) Linksposteriorer Hemiblock: Mit Erregungsleitungsstörungen im posterioren Faszikel.
→ 3) Bifaszikulärer Block: Eine Kombination aus Rechtsschenkeblock mit einem der beiden linksanterioren bzw. linksposterioren Hemiblöcke oder der komplette Linksschenkelblock.
→ 4) Trifaszikulärer Block: Bifaszikulärer Block mit zusätzlicher Störung in der 3. Leitungsbahn.
→ III: Des Weiteren lässt sich der Schenkelblock nach dem zeitlichen Verlauf nochmals unterteilen:
→ 1) Reversible Leitungsstörung: (vorübergehend) Es handelt sich um Leistungsstörungen z.B. nach Lungenembolie, Myokarditis oder Lyme-Borreliose.
→ 2) Irreversible Leitungsstörung: (permanent) Ist ist in der Regel Folge eines Myokardinfarktes oder im Rahmen von langjähriger arterieller Hypertonie, Kardiomyopathie, Aortenvitien (z.B. Aortenklappenstenose/-insuffizienz), entzündlichen oder toxischen Herzerkrankungen, etc.
→ 3) Bei den frequenzabhängigen Leistungsstörungen im Bereich der Tawara-Schenkel unterscheidet man nochmals zwischen:
→ Klinisch-relevant: Ist die Leitung des linken Tawara-Schenkels vollständig unterbrochen spricht man von einem kompletten Linksschenkelblock; hierbei existieren jedoch 2 Möglichkeiten:
→ A) Die Blockierung erfolgt im proximalen gemeinsamen Schenkelstamm oder
→ B) Weiter peripher (distal) durch gleichzeitige Blockade beider Faszikel (bifaszikulärer Schenkelblock; es resultiert hierbei auch ein kompletter Linksschenkelblock). Jedoch zeigt sich eine prognostische Unterscheidung; so ist der bifaszikuläre Linksschenkelblock prognostisch ungünstiger als der proximale komplette Linksschenkelblock.
→ EKG-Veränderungen: Der Schenkelblock ist im Oberflächen-EKG durch nachfolgende Kriterien gekennzeichnet:
→ I: Verbreiterung des QRS-Komplexes > 0,12 sec. (in der Regel zwischen > 0,14-0,16sec.). Ein unvollständiger Schenkelblock unterscheidet sich vom kompletten Schenkelblock durch seine QRS-Dauer von 0,10-0,11sec.
→ II: Der QRS-Komplex ist charakteristischerweise schenkelblockartig deformiert, sogenannte M-förmige Deformierung z.B. rSR´ bei Rechtsschenkelbock, rS bei LSB.
→ III: Insbesondere der komplette Schenkelblock lässt sich vor allem in den Brustwandableitungen V1 und V6 darstellbar.
→ III: Verzögerung des oberen Umschlagspunktes (OUP: Stellt den Punkt im QRS-Komplex dar, von dem an eine endgültige Negativitätsbewegung ausgeht).
→ 1) Bei Rechtsschenkelblock > 0,030sec. und
→ 2) Bei Linksschenkelblock > 0,050sec.
→ IV: Diskordanz zwischen ST-Strecke und T-Welle, da sekundär auch die Erregungsrückbildung pathologisch verläuft.