Definition: 

→ I: Das Expositionsverfahren wird auch als Reizkonfrontations- bzw. Reizüberflutungsverfahren bezeichnet und stellt eine Technik der Verhaltensmodifikation dar. Der Patient wird angehalten solange in der angstauslösenden Situation zu verharren, bis die Angst nachlässt.

→ II: Ziel: Hierbei ist es, eine Löschung der Kopplung zwischen Angstreiz und Angstreaktion zu erreichen. Dabei wird das Vermeidungsverhalten umgangen.

 

→ Wirkhypothese: Man geht davon aus, dass es durch physiologisch bedingte Habituation (= Gewöhnung) an eine angstauslösende Situation/Objekt zur Erschöpfung des Angstpotenzials bei längerer Konfrontation kommt. 

 

Indikation:

→ I: Panikstörungen mit Agoraphobie.

II: Soziale Phobien, aber auch isolierte Phobien,

III: Zwangsstörungen sowie

IV: Posttraumatische Belastungsstörungen, aber auch beim

→ V: Selektiven Mutismus.

 

→ Therapeutisches Vorgehen: Das therapeutsche Vorgehen bei der Reizkonfrontation beinhaltet vor allem 2 wichtige Kompontenten:

→ I: Vorbereitung: Wichtige für eine adäquate psychotherapeutsche Behandlung ist die Erfassung bzw. Erarbeitung nachfolgender Faktoren:

→ 1) Exploration der Autobiographie, der Lerngeschichte sowie der Entwicklung des Störungsmodells.

→ 2) Festlegung der wichtigen Behandlungsstrategien. Hierbei muss vom Patienten die physische Gesundheit und die hohe Motivationsbereitschaft gewährleistet sein. Auch darf der Patient nicht unter der Einnahme von Beruhigungsmittel stehen.

→ II: Therapieablauf: In dieser Phase wird der Patient angehalten sich der angstauslösenden Situation so lange auszusetzten bis das aufkommende Angstgefühl abklingt. Die Konfrontation kann primär in sensu (in der Vorstellung), später dann auch in vivo (in der Realität) durchgeführt werden; Ablenkung, Vermeidung und Flucht bedürfen der Reaktionsverhinderung. Beim Patienten kommt es zum wellenförmigen Anstieg des Angsterlebens bis hin zum Klimax, anschließend nimmt dann aber die Angstsymptomatik aufgrund der sogenannten Habituation allmählich ab.

→ III: Therapiedauer: Zumeist sind 4-6 mehrstündige Sitzungen ausreichend und es kommt nach den ersten Übungen schon zur ausgeprägten Besserung der Symptomatik. Es werden jedoch in (größeren) regelmäßigen Abständen Auffrischungsübungen empfohlen.

 

Einteilung: Man unterscheidet hier verschiedene Ablaufsformen: 

I: Graduierte Exposition:  Initial wird gemeinsam eine Angsthierarchie erarbeitet und nachfolgend wird der Patient schrittweise der angstauslösenden Situation von wenig angstauslösend bis extreme Angst ausgesetzt. Meist beginnend in sensu (= Systematische Desensibilisierung: Findet Anwendung gerade bei der Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörungen) später in vivo (Habituationstraining: Abgestufte Reizkonfrontation in der Realität mit Hilfe einer Annäherungshierarchie).

II: Massierte Exposition: Bei dieser Form wird der Patient gleich mit der am stärksten angstauslösenden Situation konfrontiert bis sich die Angst reduziert. Es bedarf hierbei immer einer therapeutischen Unterstützung.

 

Klinisch-relevant: Diese massierte Exposition kann auf zweierlei Weise durchgeführt werden:

A) Implosion: Die Konfrontation erfolgt immer mit dem am stärksten Angst-auslösenden Stimulus in der Vorstellung, also in sensu, jedoch in voller Intensität und zum Teil unrealistisch übersteigert.

B) Flooding: Bei dieser Form findet eine Reizüberflutung statt. Der Patient wird in der Realität, also in vivo, mit der am meist Angst-auslösenden Situation ausgesetzt und in voller Intensität.

 

Wirksamkeit: Das Expositionsverfahren hat sich bei den Zwangs- und Angststörungen, soziale Phobien und posttraumatische Belastungsstörungen als gut wirksam erwiesen. Jedoch bereitet dieses Verfahren den meisten Patienten Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten, sodass die Vorbereitungen wie Beziehungsaufbau, Problem- und Verhaltensanalyse und die Diagnose im Sinne des 7-Phasen-Modells gründlich erfolgt sein müssen.

 

→ Komplikationen: Im Rahmen dieser psychotherapeutischen Behandlung können sich Begleitreaktionen wie körperlich vegetative Symptome, kathartische Reaktionen (= reinigende) und Entmutigung und Depressivität durch Versagensängste manifestieren.

 

Kontraindikationen: Es existieren Kontraindikationen für die Anwendung der Expositionstherapie; hierzu zählen u.a.:

→ I: Akute Psychosen, insbesondere die akute Schizophrenie sowie das psychotische Residualsyndrom.

→ II: Psychosomatische Erkrankungen und somatoforme Störungen.

→ III: Minderbegabung, geistige Behinderung und hirnorganische Störungen sowie die Demenz (z.B. Alzheimer-Krankheit, frontotemporale Demenz etc.)